Modulbauten als Flüchtlingsunterkunft in Winnenden
Stapelbares Holztragwerk mit Dachterrassen
Für die kurzfristige Unterbringung von etwa 200 syrischen Kriegsflüchtlingen suchte die Stadt Winnenden nach einer schnell realisierbaren baulichen Lösung. Am Rande einer Wohnsiedlung im Stadtteil Schelmenholz wurde deshalb Ende 2016 eine Unterkunft aus 38 Modulen in Holzständerbauweise fertiggestellt. Jeweils vier bis acht Module (Wohnboxen) bilden insgesamt sechs Häuser, entworfen hat sie der Stuttgarter Architekt und Ingenieur Werner Sobek.
Gallerie
Jedes Modul wiegt rund 380 kg/m² und wurde schlüsselfertig geliefert. Die mit Holzfaserplatten gedämmten Module erfüllen die Vorgaben der EnEV, ihre Nachrüstung zu Plusenergiehäusern mit Photovoltaik auf dem Dach ist möglich. Zum Einsatz kommen zwei verschiedene Typen: Einer davon umfasst 45 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für ein Schlafzimmer, Küche, Bad und Wohnraum, der größere mit 60 Quadratmetern BGF verfügt über einen weiteren Schlafraum. Ausgelegt ist der erste Typ für zwei, und der zweite für vier Personen; eine doppelt so hohe Belegung, wie im Falle der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft, wird als vorübergehend denkbar bezeichnet.
Von der in vier Monaten errichteten Wohnsiedlung auf leicht ansteigendem Gelände ergibt sich Ausblick auf die benachbarten Weinberge. Weil die kürzeren Module im Obergeschoss zum Einsatz kommen, entstehen zusätzlich Dachterrassen. Durch diese Staffelung fügt sich das Ensemble gut in die umliegende Wohnbebauung der 1960er-Jahre. Die Fassaden sind mit einer horizontal verlaufenden, hochdruckimprägnierten Lärchenschalung bekleidet und werden von variabel einsetzbaren Fenstern und Fenstertüren unterbrochen. Nach der Nutzung durch Geflüchtete, deren Unterbringung für nicht mehr als drei Jahre geplant ist, sollen Sozialwohnungen daraus werden. Dafür sind im Inneren einige Umbauten erforderlich – den künftigen Bewohnern soll anschließend doppelt so viel Platz zur Verfügung stehen.
Die Modulbauten sind so ausgelegt, dass sie später einmal
vollständig und sortenrein in ihre Einzelteile zerlegt und recycelt
werden können. Ihre Demontage ist einfach, der Umbau
dementsprechend auch. Für einen geringen Installationsaufwand sorgt
ein spezielles Verbindungselement, in dem alle Leitungen für
Frisch- und Abwasser, Strom, Heizung und Medien in Boden und Dach
gebündelt sind. Die Wohnboxen wurden werkseitig vorgefertigt und
vorinstalliert, sämtliche technische Funktionen vorab
getestet.
Konstruktion/Flachdach
Die Grundstruktur der Boxen ist ein Holztragwerk in Ständerbauweise. Das Gewicht des speziell entwickelten Rahmensystems ist minimiert und ermöglichte die präzise Vorfertigung. Der Dachaufbau beginnt mit einer Holzbekleidung als innerem Raumabschluss, es folgen die Dampfbremse und eine Holzplatte, die am Träger befestigt ist. Die Zwischenräume der Träger sind mit einer Holzfaserdämmung gefüllt. Dann kommt die Holzschalung und darauf die Dachabdichtung aus PVC-P mit Trägereinlage aus Synthesefaser. Diese Abdichtungsbahn ist durchwurzelungsfest und kann auch nachträgliche mit Photovoltaikanlagen bestückt werden. us
Bautafel
Projektbeteiligte: Werner Sobek, Stuttgart (Entwurf); AH Aktivhaus, Stuttgart (Modulplanung und -lieferung: Modelle der Serie 700, Objekt- und Freiflächenplanung, Bauüberwachung); WSGreenTechnologies, Stuttgart (TGA-Planung, Bauphysik, EnEV); Hasslacher, Sachsenburg (Konstruktionsvollholz); Steico, Feldkirchen (Dach- und Wanddämmung); Bauder, Stuttgart (Dachabdichtungsbahn)
Bauherr: Kreisbaugesellschaft, Waiblingen
Fertigstellung: 2016
Standort: Friedrich-Jakob-Heim-Straße, 71346 Winnenden
Bildnachweis: Zooey Braun, Stuttgart
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