Ehemaliges Fabrikgebäude „Haus Anton“ in Eindhoven
Dachgarten als Gemeinschaftsraum mit Intensivbegrünung und Terrassen
Über viele Jahre als „Eindhovens verbotene Stadt“ bezeichnet, erstreckt sich das Viertel Strijp S mit seinen riesigen, ehemaligen Industrieanlagen im Nordwesten der niederländischen Großstadt. Ab 1927 wurden hier Radiogeräte und Fernseher für den Elektronikhersteller Philips montiert. 2004 wurde die Produktion eingestellt, das Industrieareal verkauft und lange Zeit hinter Zaun- und Toranlagen dem Verfall ausgesetzt. Nach dem Abriss mehrerer Bauten begann 2011 die Revitalisierung der verbliebenen drei weißen Fabrikhäuser samt eines imposanten, 50 Meter hohen Backsteinlagers. Eines der Gebäude beheimatet nun Kreativunternehmer, die beiden anderen identischen Bauwerke – nach den Philips-Brüdern Anton und Gerard benannt – jeweils rund 130 Loftwohnungen mit Größen zwischen 50 und 80 Quadratmetern.
Gallerie
Während „Haus Gerard“ nach seiner Umstrukturierung durch Coenen Sattele Architekten ähnlich wie ein Hotel mit langen Fluren und identischen Grundrissen konzipiert ist, wählten die Planer von Diederendirrix aus Eindhoven bei „Haus Anton“ einen anderen Ansatz: Insgesamt fünf ovale Löcher durchstoßen senkrecht das Gebäudevolumen und nehmen die Treppenhäuser auf. Nur eines davon erschließt sämtliche Etagen, die übrigen vier verbinden nur bestimmte Etappen der sieben Geschosse. Im Zusammenspiel mit den geschossweise versetzten Fluren erhielt das Haus auf diese Weise ein differenziertes Wegesystem mit lichtdurchfluteten Treppenanlagen.
Die Wohneinheiten ließen sich innerhalb des bestehenden, massiven Stahlbetonrasters der Tragwerkskonstruktion weitgehend frei gestalten. Auch die innere Organisation der unterschiedlich großen Lofts blieb offen – die Bewohner konnten die modularen Sanitärwürfel mit einer Kantenlänge von zwei Metern innerhalb der vier Meter hohen Räume nach individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen positionieren. So spiegelt die Gestaltung der Lofts die Vielfalt ihrer Nutzer. Um die industrielle Geschichte des Hauses auch in seiner Materialität und Atmosphäre zu wahren, setzten die Architekten neue Wand- und Bodenflächen bewusst in Kontrast zu alten Betonteilen. Unter anderem beließen sie die unbehandelten Betondecken und unverkleideten Installationsleitungen als Zeugnisse der Vergangenheit.
Flachdach
Mit Sommerküche, Speisekammer, Toiletten und WiFi ausgestattet,
stellt der Dachgarten des Hauses einen wertvollen Gemeinschaftsraum
dar. Die aufwendig geplante Intensivbegrünung, Terrassen unterschiedlicher
Größe und Intimität mit durchweg spektakulären Aussichten auf das
urbane Umfeld machen das Dach zum Treffpunkt und zugleich auch
Rückzugsort für die Bewohner. Sträucher, Hecken und Bäume
verwandeln das höchste Geschoss der Fabrik in eine Parklandschaft,
geplant vom Buro Lubbers aus ’s-Hertogenbosch.
Entsprechend vielfältig zeigen sich die dazugehörigen Dachaufbauten mit Plattenbelägen, Splitt, Bankirai-Holzterrassen und Intensivbegrünung zur Gliederung der Dachfläche. Die erste Lage oberhalb der bestehenden Stahlbetondecken ist eine PE-Folie, auf welche die Wärmedämmung als Gefälle aufgebracht wurde. Eine wurzelfeste Abdichtung bildet den Untergrund für die Substratschicht mit Intensivbegrünung.
Bautafel
Architekten: Diederendirrix, Eindhoven
Projektbeteiligte: Adviesbureau Tielemans, Eindhoven (Tragwerksplanung); V-Architecten (Ausführungsplanung); Buro Lubbers, ’s-Hertogenbosch (Landschaftsplanung)
Bauherr: Trudo, Eindhoven
Fertigstellung: 2013
Standort: Torenallee, Philips, 5617 Eindhoven, Niederlande
Bildnachweis: Arthur Bagen und Hildegard Hick/Diederendirrix, Eindhoven
Fachwissen zum Thema
Paul Bauder GmbH & Co. KG | Korntaler Landstraße 63 | 70499 Stuttgart | www.bauder.de