Botschaft für Kinder in Berlin
Bewegliche Sonnenschutzelemente aus Glasfasergewebe
Nahe des Berliner Hauptbahnhofs fällt in einem heterogenen
Umfeld aus Wohnbauten unterschiedlicher Epochen, neuen Hotels und
verschiedenen Sportanlagen ein helles frei stehendes Eckgebäude ins
Auge: die Botschaft für Kinder. Der sechsgeschossige Neubau
auf rechteckigem Grundriss beherbergt das Bildungs- und
Begegnungszentrum des Vereins SOS-Kinderdorf. An diesem zentral
gelegenen Standort sind verschiedene Funktionen des Sozialwerks
vereint: politische Plattform, sozialer Treffpunkt sowie eine
Beratungs- und Ausbildungsstätte für junge Menschen mit besonderem
Förderbedarf. Auch ein Hotel mit angeschlossenem Restaurant und
Tagungszentrum, betrieben von Mitarbeitenden mit und ohne
Behinderungen, ist hier untergebracht. Der Entwurf stammt von
Ludloff Ludloff Architekten, die 2013 als Sieger aus einem
geladenen Wettbewerb hervorgegangen waren.
Gallerie
Passend zur Leitidee eines offenen Hauses sind die beiden unteren Etage vollflächig verglast, die vier Geschosse darüber umschließt eine filigrane Holz-Glas-Fassade. Auf Wandelemente in Holzbauweise wurde bereits werkseitig eine Verschalung aus schmalen, vertikal montierten Brettern aufgebracht. Das dafür verwendete Robinienholz ist hart und robust, seine von hell- bis goldbraun changierenden Farben verbergen sich jedoch hinter dem außen liegenden weißen Sonnenschutz. Als wesentlicher Bestandteil der Fassadengestaltung verleiht er dem Gebäude ein ruhiges Erscheinungsbild, das aufgrund der vielen unterschiedlichen Nutzungen eine unregelmäßige Anordnung der Fensterflächen erforderlich machte.
Auch im vornehmlich von Sichtbeton geprägten Gebäudeinneren kommt Holz zum Einsatz, hier allerdings ist es Eschenholz, das einen Teil der Wände in der ersten Etage bedeckt. Erschlossen wird das Gebäude von der Westseite, von der aus es zunächst in ein Foyer geht, an das rechterhand die verglaste Lehrküche anschließt. Schräg gegenüber checken die Hotelgäste an einem gerundeten Betontresen ein, geradeaus öffnet sich das 80 Plätze bietende Restaurant mit einer Glasfront zur Terrasse. Geschwungene Aussparungen in der Decke über dem Erdgeschoss bilden einen Luftraum und geben den Blick nach oben frei. Eine ebenfalls geschwungene Betontreppe führt hinauf zum großen Konferenzraum mit 200 Plätzen im ersten Obergeschoss, alle weiteren Ebenen werden über Treppenhäuser mit Aufzügen an den Schmalseiten im Süden und Norden erschlossen. In der zweiten Etage befinden sich die Schulungs- und Beratungsräume für die Auszubildenden, die Verwaltungsräume im Geschoss darüber. Die beiden obersten Etagen nehmen das Hotel Rossi mit seinen 28 Zimmern, ein Tagungsraum und eine Bar mit Dachterrasse ein.
Der bunte Nutzungsmix spiegelt sich auch im Farbkonzept der Innenräume wider: Bei den Wänden, Decken und Bodenbelägen aus Estrich und Linoleum reicht das Spektrum von Weinrot über Dunkel- und Hellblau bis zu leuchtendem Maigrün, hellem Lindgrün und Flieder.
Sonnenschutz
Der angesichts der zahlreichen
Glasflächen notwendige Sonnenschutz prägt das Aussehen des Gebäudes
maßgeblich. Die Architekten entschieden sich für ein
halbtransparentes, lichtdurchlässiges Gewebe, das in Form von sich
überlagernden Membranelementen für ausreichenden Blend- und
Wärmeschutz in den Obergeschossen sorgt. Die hochformatigen
Stahlprofilrahmenelemente sind über Kragarme teils fest, teils zur
Seite verschieblich an den Stahlbetondecken montiert; bewegt werden
sie manuell. Das bewirkt ein lebendiges, sich immer wieder
wandelndes Fassadenbild. Von den Gewebetafeln ausgenommen ist
lediglich das Erdgeschoss, wo automatisch betriebene
Scherenarmmarkisen die Innenräume von Sonneneinstrahlung schützen.
Das gewählte Glasfasergewebe ist mit Polytetrafluorethylen (kurz
PTFE, umgangssprachlich auch Teflon) beschichtet und reduziert den
Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) der Fassade, verringert also
den Wärmeeintrag ins Gebäude. Aus diesem Grund war eine
Sonnenschutzbeschichtung für die großflächigen
Wärmeschutzverglasungen nicht erforderlich. Darüber hinaus ist das
Gewebe UV-, temperatur- und formbeständig, weist gute
Antihafteigenschaften auf und schützt die Robinienholzverkleidung
der Fassade vor Schlagregen.
Bautafel
Architekten: Ludloff Ludloff Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Arup, Berlin (Tragwerksplanung); Rubner Holzbau, Augsburg (Holz-Element- und Pfosten-Riegel-Fassade); Verseidag-Indutex, Krefeld (Membran)
Bauherr: SOS-Kinderdorf, Berlin
Fertigstellung: 2017
Standort: Lehrter Str. 66, 10557 Berlin
Bildnachweis: Werner Huthmacher, Berlin
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