First Light Pavilion am Jodrell Bank Observatorium bei Macclesfield
Betonschale mit Wildbewuchs
Eines der größten steuerbaren Radioteleskope weltweit befindet sich im Norden Englands und ist Teil des Jodrell Bank Observatory in Cheshire. Das Observatorium, im Jahr 1945 von Bernard Lovell gegründet, gehört zum Zentrum für Astrophysik der Universität von Manchester. Nach ihm benannt ist auch das größte der dortigen Teleskope, dessen Parabolantenne einen Durchmesser von 76 Metern aufweist. 2022 eröffnete der First Light Pavilion, welcher die faszinierende und teils spektakuläre Forschung vielen Interessierten zugänglich machen soll. Das Ausstellungshaus entstand nach einem Entwurf des international tätigen Architekturbüros Hassel Studio und ist unweit des Lovell-Teleskopes in eine Parklandschaft (ein Arboretum) eingebunden.
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Hügel und Betonschneise
Wie ein künstlicher Hügel erhebt sich das Gebäude gleichmäßig aus der Wiesenlandschaft. Den Eingang markieren schwungvolle Sichtbetonwände, die den grünen Hang kappen: Glatt und hell wachsen sie aus der Wiese, formen einen hohen Bogen und senken sich wieder hinab. Dabei handelt es sich um zwei nebeneinander verlaufende, gekurvte Wände, die sich von einem Windfang ausgehend zu beiden Seiten trichterartig weiten. An anderer Stelle ist eine kreisförmige Terrasse in den Hügel eingeschnitten, die zum Café gehört. Im Zentrum des Ausstellungspavillons befindet sich ein kuppelartig überwölbtes Auditorium. Seine Form ist eine gespiegelte Antwort auf die „Schüssel“ des in Sichtweite positionierten Lovell-Teleskops, dessen Ausmaße der Schalenbau exakt übernimmt.
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Die Ausstellungsräume gestaltete das Londoner Designbüro Casson Mann. Die Besucherinnen und Besucher erfahren hier mehr über die Radioastronomie. Mithilfe von Radiowellen erzielten die Forschenden am Observatorium bereits weitreichende naturwissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel über Quasare, Pulsare, Gravitationslinsen und Satellitenortung. Seit 2019 gehört das Jodrell Bank Observatorium außerdem zum UNESCO Weltkulturerbe – auch die historische Entwicklung des Standortes ist Thema der Ausstellung.
Regenwasser kann versickern
Die Einbindung des Pavillons in die Graslandschaft hat ökologische Vorteile: Der Wärmeverlust der äußeren Hülle ist durch die Bepflanzung minimiert, Regenwasser kann versickern. Respektvoll fügt sich die Architektur in das schützenswerte Areal ein. Die vor dem Eingang gebogene Sichtschutzwand ist nach Süden gerichtet und reflektiert die Sonnenstrahlen – sie vermittelt, es gäbe hier etwas zu entdecken. Durch einen vertikalen Schlitz dringt Sonnenlicht in den Eingangsbereich und markiert dort eine Meridianlinie. Die Ausstellungsräume sind kreisförmig um das zentrale Auditorium herum angelegt.
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Dachaufbau: Betonschale und intensive Begrünung
Auf der tragenden Betonschale (die in der Mitte acht Meter hoch ist) ist ein Gründachaufbau im System aufgebracht, verbunden mit einer 20-jährigen Garantie des Herstellers. Dazu gehören ein Voranstrich und eine robuste Dampfsperre (Elastomerbitumen mit Trägereinlage und beschieferter Oberfläche) als untere Schicht, gefolgt von 160 mm starken und höchst effizienten PIR-Wärmedämmelementen. Diese sind druckfest und langlebig, aber auch sehr leicht – ein Abrutschen der Platten verhindern ringförmig im Beton verankerte Schubschwellen. Das zweilagige Bitumen-Abdichtungssystem besteht aus einer kaltselbstklebenden Elastomerbitumenbahn und einer durchwurzelungsfesten Oberlage.
Der Gründachaufbau beginnt mit einer Trenn- und Gleitschicht sowie einer Schutzschicht unterhalb der leistungsstarken Wasserspeicherplatten (Speichervermögen: 21 l/m2) mit Dränfunktion. Es folgen eine Filterschicht und die Vegetationstragschicht als Substrat für die intensive Begrünung, die in Teilen von einem Bauer aus dem direkten Umfeld bereitgestellt wurde. Heute zeigt das Gründach Biodiversität und Artenvielfalt – wie die umgebende Wiese wird auch die Dachbegrünung nur einmal im Jahr gemäht. Um Wasser zu sparen, wird auf künstliche Bewässerung verzichtet. Während des gesamten Bauprozesses wurden der Verbrauch natürlicher Ressourcen und von CO2 aufgezeichnet und minimiert. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern ließen sich die Transportwege verringern. -us
Bautafel
Architektur: Hassel Studio, Brisbane / Melbourne / Shanghai / Hong Kong / Perth / Singapore / London / San Francisco / Sydney
Projektbeteiligte: Julian Gitsham, Gary Collins, Adam Atraktzi, Oliver Kampshoff, Sarah Willats, Clive Lewis, Kaja Swiezewska, Trang Dao, David Brown (Design Team Architekturbüro); Casson Mann, London (Innenraumgestaltung + Ausstellungsdesign); Kier Construction, Manchester (Generalunternehmer); LRL Roofing Solutions, Manchester (Ausführung Dacharbeiten); Bauder, Stuttgart (Hersteller Dachaufbau mit Begrünung)
Bauherr/in: University of Manchester
Fertigstellung: 2022
Standort: Bomish Ln, Macclesfield SK11 9DH, Vereinigtes Königreich
Bildnachweis: Hufton and Crow; Bauder, Stuttgart
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