Restaurant des Museo Marítimo del Cantábrico in Santander
Speisen unter der Betonschale
Walskelette und Schiffsmodelle dürfen in den Museen großer Hafenstädte nicht fehlen. Sie gehören auch zur Sammlung im Museo Marítimo del Cantabrico (MMC), dem Kantabrischen Schifffahrtsmuseum in Santander. Neben seinen maritimen Exponaten verfügt das Forschungs- und Ausstellungshaus in bester Uferlage auch über ein geräumiges Restaurant mit Ausblick auf den Hafen und die Bucht von Santander. Die einer Muschelschale ähnelnde Betondecke, unter der hier gespeist wird, ließ das Architekturbüro Zooco im Zuge umfangreicher Instandsetzungsarbeiten wiederherrichten.
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Wer ein Gebäude mit geschwungenen Formen und anderen Anspielungen auf Meerestiere oder Boote erwartet, wird bei Ankunft am Museum zunächst enttäuscht sein. Das kantige Gebäude mit den weißen Fassadenplatten, blaugrünen Fensterbändern und dem hochgezogenen, rostig wirkenden Sockel erinnert vielmehr an eine Kreuzung aus Forschungsbau und Autofähre. Zwischen 1975 und 1978 wurde der Komplex nach Plänen von Vicente Roig Forner und Ángel Hernández Morales errichtet. Sie hatten zwei Baukörper mit quadratischem Grundriss entworfen – eines für das Ozeanographische Zentrum und eines für das Schifffahrtsmuseum, die beide auch heute noch hier ansässig sind.
Regenschalen aus Beton
Die beiden dreigeschossigen Würfel waren ursprünglich durch ein Vordach verbunden, welches jedoch 1999 entfernt wurde. Beide Bauten verfügen über ein zentrales Atrium, das jeweils ein Gewölbe aus acht paraboloiden Betonschalen krönt. Jede dieser Schalen hat von oben betrachtet die Form eines gleichschenkligen Dreiecks. Zum Mittelpunkt des Dreiecks senkt sich die Fläche einem Trichter ähnlich und geht – wie im Schnitt zu sehen ist – in eine Stütze über. In diese waren bauzeitlich Fallrohre eingelassen, durch die das sich in den Betonkelchen sammelnde Regenwasser abfließen konnte.
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Die Klarheit des Ursprungsentwurfs ist heute kaum mehr zu erkennen: Da das Ausstellungsgebäude als zu klein galt, wurde es zwischen 2000 und 2003 renoviert und nach Westen erweitert, sodass statt 2.200 heute 8.500 m² Fläche zur Verfügung stehen. Zuletzt machten jedoch Undichtigkeiten des Dachs und der Regenleitungen die Nutzung der Cafeteria unmöglich, beschädigten das Gebäude und gefährdeten Ausstellung und die Sammlungen des Museums. Mit dem Auftrag, die Schäden zu beheben und Platz für ein neues, 570 Quadratmeter großes Restaurant zu schaffen, wurde 2023 das Architekturbüro Zooco betraut.
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Freigelegt und eingehaust
Das neue Lokal befindet sich im zweiten Obergeschoss des Museums, unter den Betonschalen. Sie wurden auf ihren Rohzustand zurückgebaut, zusammen mit der Geschossdecke gedämmt und schließlich mit einem zinkgedeckten, flachen Zeltdach eingehaust. Nun stehen die Paraboloide im Zentrum des quadratischen, rundum raumhoch verglasten Gastraums und sind Teil der Inneneinrichtung des Restaurants. Zwischen den Betonschalen und der Glasfassade ist die Unterseite des neuen Dachs mit Holzlatten verkleidet. Hinter ihnen verbirgt sich auch die Gebäudetechnik wie Klimaanlage, Heizung und Beleuchtung.
Die Küche befindet sich in einem angedockten, kompakten Raum unter einer Freitreppe. Deren Gerüst befindet sich auf der westlich des Gastraums anschließenden Dachterrasse, die ebenfalls abgedichtet und für Gäste hergerichtet wurde. Die Sanitäranlagen liegen neben dem Treppenhaus in einem ebenfalls angedockten Turm, der auch im Zuge der Erweiterung 2003 hinzukam.
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Beton: Spuren des Erhalts
Ursprünglich lagen die Paraboloide frei und dienten zum Sammeln von Wasser, das über die in den Stützen befindlichen Fallrohre abgeleitet wurde. Bei dem 2003 durchgeführten Eingriff wurden diese Stützen mit Beton verfestigt, um das neue Flachdach anheben zu können. Dabei wurden die Fallrohre abgedeckt. Durch undichte Stellen sammelte sich Wasser im Inneren der Paraboloide, was zu Feuchtigkeit und Ausblühungen an der raumseitigen Betonoberfläche führte. Mit der neuen Einhausung sind die Betonteile nun vor Feuchtigkeit geschützt.
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Auf der Innenseite wurde der Kunststoffanstrich, durch den die ursprüngliche Textur der Lattenschalung nicht mehr erkennbar war, mit einem Druckwasserstrahl entfernt. Die Feuchtigkeitsspuren wurden durch Auftragen von Säure mit einem Schwamm gereinigt. Bei der Entfernung des Anstrichs kamen die roten Farbpunkte zum Vorschein, die einst zur Passivierung der Bewehrung aufgetragen worden waren, als sie zu rosten begonnen hatte. Es wurde beschlossen, diese Flecken beizubehalten, einerseits um den Zustand der Bewehrung zu bewahren und andererseits um die verschiedenen Erhaltungsmaßnahmen zu dokumentieren, die im Laufe der Zeit an den Paraboloiden vorgenommen worden waren. -ml
Bautafel
Architektur Bestand (1978): Vicente Roig Forner, Ángel Hernández Morales
Architektur Umbau (2023): ZOOCO ESTUDIO, Madrid/Santander
Projektbeteiligte: Rotedama Constructora, Santander; ALUFASA, Santander
Bauherr*in: Museo Marítimo del Cantabrico (MMC)
Standort: Av. de Severiano Ballesteros, 39004 Santander, Spanien
Fertigstellung: 2023
Bildnachweis: David Zarzoso (Fotos), Zooco Estudio (Pläne)
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