Raumakustisch-thermisches Behaglichkeitsmodell für Büroräume
Fraunhofer Verlag, Stuttgart 2020
1. Aufl., 328 Seiten, zahlreiche Tabellen und Abbildungen, Softcover
Preis: 59,00 EUR
ISBN 978-3-8396-1607-9
Das Thema Behaglichkeit umfasst eine Reihe bauphysikalischer Aspekte: Temperatur, (Luft-)Feuchte, Licht, Schall. Für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer eines Gebäudes ist es von großer Bedeutung; im Vergleich zum Schutz der Gebäudesubstanz ist es jedoch wenig erforscht. Zwar gibt es bezifferbare Rahmenbedingungen (beispielsweise optimaler Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbereich, unangenehme Schallhöhe und -frequenzen), jedoch kaum ein Planungsmodell, das fundiert und messbar alle Parameter parallel betrachtet. Meist wird jeder bauphysikalische Teilaspekt isoliert betrachtet. Hinzu kommt, dass die Behaglichkeit vom subjektiven Empfinden abhängig ist.
In seiner Dissertation am Institut für Akustik und Bauphysik der Universität Stuttgart hat sich Philipp-Martin Dworok mit der Entwicklung eines Simulationsmodells beschäftigt: Raumakustisch-thermisches Behaglichkeitsmodell für Büroräume lautet der Titel der Publikation. Erstmals wurden raumakustische und thermische Randbedingungen kombiniert, deren gegenseitige Einflüsse untersucht und daraus ein Modell entwickelt. Ziel war es, anhand von Versuchen mit Probanden Berechnungsformeln zu ermitteln, die bei der Konzeption von Büroräumen unterstützen können.
Vier thermische Randbedingungen und fünf raumakustische Situationen sowie zusätzlich Sprache und drei bürotypische Geräuschquellen (Telefon, Drucker, Tastatur) wurden in unterschiedlichen Kombinationen simuliert und von den Probanden bewertet. Dies geschah nach subjektiven Kriterien anhand detaillierter Fragebögen, aber auch durch Leistungstests im Zuge der unterschiedlichen Testszenarien.
Der Autor stellt die Forschungsergebnisse klar und gut verständlich dar. Er erläutert zunächst die bauphysikalischen Grundlagen zu Akustik und thermischer Behaglichkeit samt ihrer Gesetzmäßigkeiten. Schalldruckpegel, Nachhallzeit, deren Einfluss auf die Sprachverständlichkeit (der Speech Transmission Index bzw. STI-Wert spielt eine zentrale Rolle in der Studie) sind hier wichtige Begriffe, ebenso Luft-, Operativ-, Globe- und Effektivtemperatur. Dworok betrachtet die unterschiedlichen Bürotypologien, geht auf physiologische und psychologische Aspekte des Behaglichkeitsempfindens ein. Alleine die Einführung und der Grundlagenteil des Fachbuchs seien jedem Planer empfohlen, der sich mit Raumakustik und/oder Behaglichkeit beschäftigt – übersichtlich und vorbildlich mit „rotem Faden“ konzipiert.
Anschließend geht es detailliert um den Versuchsaufbau, die entsprechenden Simulationsräumlichkeiten, die Parameter, deren Kombinationen und Berechnungen. Verschiedene Rahmenbedingungen und Simulationen von Schallabsorbtionsgraden stellen ein typisches, rechnergestütztes Szenario eines Zehn-Mitarbeiter-Büros dar. Via Kopfhörer wurden die raumakustischen Untersuchungsbedingungen simuliert, Temperatur und Zuluftstrom über die Haustechnikanlage reguliert und variiert. Insgesamt 80 unterschiedliche Szenarien wurden untersucht.
Es ließ sich feststellen, dass die Schallemissionsart einen deutlichen Effekt auf die Wahrnehmung der raumklimatischen Bedingungen hatte. So äußerten sich die Probanden beispielsweise deutlich unzufriedener mit den klimatischen Verhältnissen am Arbeitsplatz bei gleichzeitiger Schalleinwirkung durch Sprache und Telefonklingeln, als dies bei Tastaturgeklapper und Druckergeräuschen der Fall war. Bei Schallemissionen, die die Probanden als „unangenehm” werteten, wurde auch die klimatische Situation kritisch beurteilt. Der Zusammenhang zwischen raumakustischen und klimatischen Arbeitsbedingungen war signifikant. Auffällig war zudem, dass Probandinnen die Schallemissionen „leiser” wahrnahmen als männliche Studienteilnehmer und insgesamt eher „unzufrieden” auf die Umgebungsbedingungen reagierten.
Die Behaglichkeit ist ein komplexes Thema, der Kenntnisstand bisher relativ gering. Mit Dworoks Arbeit ist erstmals ein Simulationsmodell abgebildet worden. Das durchaus spannende Buch gibt einen Ausblick, was es noch zu erforschen gilt. Klar im Aufbau und leicht nachvollziehbar, ist es unbedingt empfehlenswert.