Stadtbauphysik - Grundlagen klima- und umweltgerechter Städte
Springer-Verlag, Berlin 2021
1. Aufl., 362 Seiten, 205 s/w u. 33 farb. Abb., Softcover
Preis: 37,99 EUR
ISBN 978-3-658-30448-5
Die immer höheren Anforderungen an Gebäude hinsichtlich Wärmeschutz, Energieeffizienz, Schallschutz, Feuchteschutz und dergleichen machen ein umfassendes Verständnis bauphysikalischer Zusammenhänge erforderlich. Unter Einbeziehung von Rechen- und Simulationsverfahren sollen damit Schäden an Gebäuden und gesundheitliche Beeinträchtigungen der Nutzer verhindert, im besten Fall die Eigenschaften eines Bauwerks hinsichtlich Behaglichkeit, Wohlbefinden und ökologischem Fußabdrucks optimiert werden.
Was im Kleinen gilt, hat im Großen ebenso Bedeutung; die das Gebäude betreffenden Bedingungen lassen sich auch auf die Stadt beziehen. Wärme und Kälte, Lüftung, Schallschutz, Klima, Feuchte, Tageslicht und Verschattung sind Thema des Fachbuches Stadtbauphysik – Grundlagen klima- und umweltgerechter Städte von Schew-Ram Mehra, Professor für Umwelt- und klimagerechtes Bauen und Schallschutz an der Universität Stuttgart. Die Grundlage für das Fachbuch ist das Vorlesungsskript der seit 2011 angebotenen Vorlesung „Stadtbauphysik“ im Rahmen des Moduls „klima- und kulturgerechtes Bauen“.
Aktuell leben knapp über 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten – ein Anteil, der sich bis 2050 auf 69 Prozent erhöhen soll. In Europa leben schon heute knapp 75 Prozent der Menschen in der Stadt, in den USA sind es über 80 Prozent. Damit steigt analog auch der Ressourcenverbrauch bzw. der Energiebedarf. Die Durchschnittstemperatur in den Städten steigt kontinuierlich, die Lärmbelastung z.B. ist in Deutschland seit den 1960er-Jahren um 25-30 dB gestiegen.
Die Aspekte also, die ein gesundes und ressourcenschonendes Lebensumfeld im Gebäude ermöglichen, sind für die städtischen Lebensbedingungen ebenfalls entscheidend. Der Autor stellt zunächst die Entwicklungen der Städte mit Prognosen für die Zukunft dar. Er erläutert den historischen Hintergrund der Stadtbauphysik; beispielsweise haben sich römische Gelehrte bereits im 1. Jhd. v. Chr. mit den Unterschieden des Mikroklimas in der Stadt im Vergleich zu ländlichen Siedlungen beschäftigt.
Das städtische Klima, vom Mikro- bis zum Makroklima, ist das zentrale Thema. Wie das Zusammenspiel von Temperatur, Feuchte und Luftwechseln von der Bebauung abhängt, wird ausführlich dargestellt. Behandelt werden Wärmeleitfähigkeit und Wärmestrahlung, Luftwechselraten, Energiebilanzen, das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetz im Zusammenhang mit der Strahlungsenergie der Sonne. Wie die Behaglichkeit im Gebäude eine wichtige Rolle spielt, gelten im städtischen Zusammenhang ähnliche Parameter. Verschiedene Behaglichkeitsmodelle werden dargestellt: so das Behaglichkeitsmodell nach Fanger, dessen 1979 weiterentwickeltes Modell Klima-Michel oder das Münchner Energiebilanz-Modell für Individuen (MEMI).
Im Kapitel Städtische Atmosphäre und Stadtklima werden Inversionslagen und Wärmeinseln erläutert. Unterschieden wird zwischen „kontrollierbaren Parametern“ (d.h. verallgemeinernd die Bebauung) sowie „unkontrollierbaren Parametern“ (Jahreszeiten, Wetter etc.) und den für eine zukunftsorientierte Stadtplanung daraus resultierenden Konsequenzen. Statistiken zur Zukunft der Städte machen klar: Eine für Mensch und Umwelt gesunde und nachhaltige Stadtplanung ist nur unter Einbeziehung stadtbauphysikalischer Aspekte möglich. Schew-Ram Mehra leistet mit seinem Fachbuch einen höchst spannenden und gehaltvollen Beitrag, der Planerinnen und Planern unbedingt zu empfehlen ist, wenn der Blick über das einzelne Gebäude hinausgeht.