Medienhaus Axel Springer in Berlin
Spindeltreppe in Weiß
Am 6. Oktober 1966 fand die feierliche Einweihung des
19-geschossigen Bürohauses des Axel Springer Verlags im alten
Berliner Zeitungsviertel an der Kochstraße statt. Die goldene
Hochhausscheibe an der heutigen Rudi-Dutschke-Straße wurde
unmittelbar an der Grenze zum sowjetisch besetzten Sektor Berlins
errichtet – mit der Mauer direkt vor der Haustür. Das
symbolträchtige Gebäude überdauerte die Teilung Deutschlands und
wurde im Laufe der Zeit um weitere Bauwerke des Medienkonzerns
ergänzt. Rund fünfzig Jahre nach der feierlichen Eröffnung des
historischen Hochhauses erfolgte am 6. Oktober 2016 die
Grundsteinlegung für den vom niederländischen Architekturbüro
Office for Metropolitan Architecture (OMA) entworfenen Neubau. Vier
Jahre später wurde 2020 das eindrucksvolle Gebäude eingeweiht –
ebenfalls am 6. Oktober.
Gallerie
Ein Symbol für die Teilung Berlins
Der elfgeschossige gläserne Baukörper erhebt sich nördlich des goldenen Hochhauses auf einem 10.000 Quadratmeter großen Grundstück. Er steht im ehemaligen Ostteil der Stadt und zwar genau so, dass ihn die Sektorengrenze schräg geschnitten hätte. Die blockhafte Kubatur des Neubaus wird von einem imposanten Atrium diagonal von Südwesten nach Nordosten durchbrochen. Außen ablesbar ist das als Kommunikationszone fungierende Atrium durch eine rautenförmig gefaltete Glasfassade, die den Durchbruch des kubischen Baukörpers ausfüllt. Symbolisch soll die Diagonale an die Teilung der Stadt erinnern.
Terrassierte Bürolandschaft
In dem Gebäude wurden auf insgesamt 52.000 Quadratmetern Nutzfläche 3.500 Arbeitsplätze geschaffen, die teilweise in einem über alle Ebenen offenen Großraumbüro angeordnet sind. Der Planung zugrunde lag das Konzept der Bürolandschaft, das in den 1950er-Jahren von den Brüdern Eberhard und Wolfgang Schnelle, den Gründern des Unternehmens Quickborner Team (QT), als Alternative zum amerikanischen Großraumbüro entwickelt worden war. Die Brüder wollten die Büroarbeit nach neuen Kriterien organisieren, die sie aus der Analyse der Arbeitsabläufe und dem Studium der Bewegungen ableiteten. Ihr Raumkonzept hatte folgende Ziele: die Demokratisierung der Arbeitswelt, die Steigerung des Wohlbefindens der Mitarbeitenden und die Schaffung eines flexibel auf die Bedürfnisse der jeweiligen Tätigkeit anpassbaren Arbeitsumfeldes.
Dass diese Ideen bis heute aktuell sind, zeigt das Beispiel des
Axel-Springer-Neubaus. Bis zum fünften Obergeschoss weitet sich die
um das Atrium arrangierte Bürolandschaft und verengt sich wieder in
den darüberliegenden Etagen. Die einzelnen Marken des Konzerns sind
um diese offene Zone mit Besprechungsinseln, auskragenden
Terrassen, verglasten Rückzugsmöglichkeiten und verbindenden Stegen
gruppiert. Damit entspricht die Arbeits- und
Kommunikationslandschaft ziemlich genau dem Raumkonzept der Brüder
Schnelle. Rund ein Viertel der Arbeitsplätze sind hier angeordnet,
der Rest ist in konventionellen Büros organisiert. Zusammen sollen
sie den Mitarbeitenden je nach Tätigkeit einen geeigneten
Arbeitsplatz bieten.
Gallerie
Weiße Schraube in lichter Höhe
Eine matt weiße Spindeltreppe mit Stahluntersichtverkleidung und
brüstungshohen Wangen verbindet das erste bis dritte
Obergeschoss des Neubaus. Der Treppenlauf
windet sich um eine ebenfalls weiße Stahlrohrspindel mit einem
Durchmesser von etwa 40 cm. Stabilität erhält die Treppe durch die
Befestigung der Spindel an der Betondecke und die Anschlüsse an die
jeweiligen Podeste und Querträger an den tragfähigen Stegen. Die 42
Stufen sind als Faltwerkkonstruktion ausgeführt. Ein rutschsicheres
Tränenblech auf den Holzstufen bildet den Stufenbelag. Ihre
ebenmäßige Optik erhält die Treppe durch die brüstungshohen
Außenwangen aus etwa 10 bis 12 mm starkem Stahl und die glatte
Untersichtverkleidung. Sämtliche sichtbare
Schweißnähte wurden akkurat geschliffen und verspachtelt, sodass
sich ein homogenes Erscheinungsbild ergibt. Von außen nicht
sichtbar, wurden beidseitig der Treppenanlage auf der Innenseite
der Wangen Rundrohrhandläufe aus Edelstahl mit einem Durchmesser
von 42 mm angebracht. Umgeben von vorwiegend geraden Linien, hebt
sich die schraubenförmige Treppe eindrucksvoll als Blickfang ab.
-np
Bautafel
Architekten: OMA, Rotterdam
Projektbeteiligte: Arup, London (Statik); Transsolar, Stuttgart (Enegiekonzept); knp.Bauphysik, Köln (Bauphysik); Emmer Pfenninger Partner, Münchenstein (Fassadenplanung); ZWP Ingenieure, Köln/Berlin, (TGA-Fachplanung und Elektroplanung); Kahle Acoustics, Brüssel (Akustikkonzept); GuD Geotechnik und Dynamik Consolt, Berlin (Vermessungsingenieure); Emproc, Berlin (Kostensteuerung); SMV Bauprojektsteuerung, Berlin (Projektmanagement), METALLART Treppen, Salach (Treppenplanung)
Bauherr: Axel Springer, Berlin
Fertigstellung: 2019
Standort: Zimmerstraße 50, 10117 Berlin
Bildnachweis: Laurian Ghinitoiu, Berlin / OMA, Rotterdam / MAIPLATZ Fotografie, Berlin
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