Büro- und Infrastrukturgebäude in Zug
Betontreppe mit plissierter Untersicht
Sie wurden in den 1880er-Jahren von dem Schweizer Architekten Gustave Falconnier erfunden und erfreuten sich vor allem in den 1960er- und 70er-Jahren großer Beliebtheit. Heute scheinen Glasbausteine ein Comeback zu erleben. Ein aktuelles Beispiel ist das neue Büro- und Verwaltungsgebäude der Wasserwerke Zug, das von dem Züricher Büro Boltshauser Architekten entworfen wurde. Für das regionale Versorgungsunternehmen realisierte das Architekturbüro einen Dreigeschosser mit einer streng gerasterten Gebäudehülle aus transluzenten, vertikal strukturierten Glasbausteinen und horizontal angeordneten Brüstungen aus Photovoltaikpaneelen. Im Herzen des Baukörpers befindet sich ein gebäudehohes Atrium mit einer sich nach oben windenden Beton-Spindeltreppe, die sämtliche Geschosse miteinander verbindet.
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Flexibel unterteilbar
Das neue Bürogebäude der Wasserwerke Zug markiert in dem Gewerbegebiet im Norden der Stadt den ersten Bauabschnitt einer zweistufig geplanten Erweiterung des Firmenareals. Im zweiten Schritt soll ein Hochhaus an der Chollerstraße errichtet werden. Im Grundriss besteht das Gebäude aus zwei unterschiedlich breiten und langen Riegeln, die parallel zueinander verlaufen und im Südosten von einem orthogonal zu den Riegeln liegenden Gebäudeteil miteinander verbunden werden. Im Norwesten dieses Mittelteils befindet sich der Haupteingang, der in ein Eingangsfoyer mit Empfang führt. Über das Foyer erreichen Besuchende das Kundenzentrum.
An den Kundenbereich schließt auf der Mittelachse eine gebäudehohes, rechteckiges Atrium an, das über ein großes Oberlicht mit Tageslicht versorgt wird. Den Blickfang bildet hier eine skulprurale Spindeltreppe aus Beton, die alle Geschosse miteinander verbindet. In den beiden Riegeln befinden sich auf allen Ebenen Büroflächen, die aufgrund ihrer offenen Grundrisse flexibel unterteilbar sind und sich für unterschiedliche Nutzungen adaptieren lassen. Begünstigt wird die flexible Nutzbarkeit durch die Gebäudestruktur – ein Stützen-Platten-System mit aussteifenden Kernen. Diese prägt auch das äußere Erscheinungsbild.
Modular und vorgefertigt
Modularität industrielle Fertigung spielten bei der Planung des
Bürogebäudes eine wichtige Rolle. Besonders ablesbar ist dies an
den Fassaden. Baukastenartig setzt sie sich aus verschiedenartigen,
teils vorgefertigten Elementen und Materialien zusammen, die
orthogonal zueinander angeordnet sind. Die Fensterstürze bestehen
aus transluzenten Glasbausteinen, die viel Tageslicht in die
Innenräume einfallen lassen und so zu einer Reduktion des
Kunstlichtverbrauchs beitragen. Auch in den Innenräumen kommen
Wände und Wandabschnitte aus Glasbausteinen – etwa als
raumtrennende Elemente im Atrium – zum Einsatz.
Dem feinen vertikalen Relief der Glasbausteine sind horizontal strukturierte Brüstungen aus Photovoltaikpaneelen entgegengesetzt. Durch die solaren Erträge der PV-Brüstungen und der funktionsgleichen Anlage auf dem Dach sowie durch einen gezielten, reduzierten Materialeinsatz erreicht das Bauwerk einen hohen energetischen Standard nach Minergie-Richtlinien.
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Beton-Spindeltreppe mit plissierter Untersicht
Dreh- und Angelpunkt des Gebäudes ist das helle Atrium mit der plastisch ausgeformte Treppe, die sich skulptural nach oben schraubt. Sie bildet durch ihre organische Form einen visuellen Kontrast zur Orthogonalität des Gebäudes. Sowohl die Treppe selbst als auch die Spindel bestehen aus Beton, der mithilfe einer sorgfältigen Schalung vor Ort in Form gegossen wurde. Als Absturzsicherung fungiert eine filigrane, metallene Brüstung mit einem hölzernen Handlauf, die außen am treppenlauf befestigt wurde.
Die Besonderheiten der Betontreppe sind zum einen ihre Spindel
und zum anderen ihre Untersicht. Der Durchmesser der Spindel ist
nicht gleichmäßig, sondern verjüngt sich von oben nach unten. An
der Stelle, an der die Spindel im Fußboden verankert ist, ist der
Durchmesser am kleinsten. Das zweite Charakteristikum der Treppe
ist die fein strukturierte Untersicht: Sie mutet wie das
zerbrechliche Plisée eines Lampenschirms an, besteht aber aus
massivem Beton. So zeigt sich die Unterseite mit niedrigen und
kleinteiligen Stufen gleichsam einer feinen Faltung. Im Gegensatz
zu den begehbaren Stufen Maße der begehbaren Stufen normativ
geregelt sind, Die seitliche Beleuchtung lässt ein spannungsreiches
Licht- und Schattenspiel auf der Untersicht entstehen und betont
die feinen Abstufungen. -np
Bautafel
Architektur: Boltshauser Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: S+B Baumanagement, Zug (Generalplanung und Bauleitung); Maurus Schifferli Landschaftsarchitekt, Bern (Landschaftsarchitektur); Gruner Berchtold Eicher und Moos Bauingenieure, Zug (Bauingenieure); feroplan, Zürich (Fassadenplanung); Wirthensohn, Luzern (HLKK / räuml. Koordination); Hefti. Hess. Martignoni, Zug (Gebäudeautomation, Elektrotechnik und Brandschutz); Martinelli + Menti, Luzern (Bauphysik / Energie, Bauakustik und Nachhaltigkeit); Peter Sanitärplanung, Luzern (Sanitärplanung); reflexion, Zürich (Lichtplanung); Teamverkehr.zug, Cham (Verkehrsplanung); ARGE Neubau WWZ Zug, Zug (Baumeister); Alex Gemperle, Hünenberg (Fassade); Semadeni Glasbeton, Horgen (Glasbausteine); Koller Metallbautechnik, Dänikon (Metallbauarbeiten); Elementwerk Istighofen, Istighofen (Betonelemente)
Bauherr/in: Wasserwerke Zug (WWZ)
Fertigstellung: 2021
Standort: Chollerstrasse 26, 6301 Zug, Schweiz
Bildnachweis: Kuster Frey, Zürich; Sandro Livio Straube, Wädenswil
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