Gartenpavillon in Kurobe
Wildwuchs im Quadrat
Wälder bieten ausgezeichneten natürlichen Sonnenschutz: Unter dem grünen Dach ist es schattig, gleichzeitig lassen die transluzenten Blattoberflächen gefiltertes Licht hindurch. Die Luft ist kühl und sauerstoffreich. Ein künstlich angelegtes Wäldchen ist der Ausgangspunkt eines Bauwerks, das das Tokioter Architekturbüro APL design workshop in Kurobe schuf. In der kleinen Stadt an der Küste des Japanischen Meers begrenzen 17 Bäume, im Quadrat gepflanzt, den White Flower Arbor, dessen Grundfläche ein Podest aus Holz markiert. Der fast mystische Ort wurde aus Anlass des Festivals „Theater Olympics 2019“ in einem Park mit Amphitheater errichtet und diente während der Spielzeit als schattiger Pausenbereich für die Besuchenden. Zunächst als temporäres Gebäude für das Festival geplant, blieb der Pavillon aufgrund seiner Beliebtheit erhalten.
Gallerie
Teil eines Gartenkunstwerks
Der Pavillon befindet sich
im weitläufigen Garten des Maezawa Garden House, einem Landhaus,
das der Architekt Fumihiko Maki 1982 als Gästehaus für YKK, einem
japanischen Hersteller von Reißverschlüssen, baute. Einige Jahre
später lieferte APL design workshop für den Park den Entwurf eines
Amphitheaters, in dem 500 Besucher Platz finden. Die im Halbkreis
angelegten Sitzstufen bestehen aus Holzschwellen von alten
Bahngleisen. 2019 war das Open-Air-Theater einer von acht
Spielorten des Festivals. Nicht nur um den Baumpavillon ergänzten
die Architekten aus diesem Anlass ihren alten Entwurf, sondern auch
um einige Servicebereiche für die Mitwirkenden, etwa Garderoben.
Sie bestehen aus umfunktionierten Schiffscontainern, die mit
Schiebetüren, Schminktischen und Spiegeln ausgestattet und innen
mit Holzvertäfelungen ausgekleidet wurden.
Der Pavillon befindet sich ein wenig abseits des Amphitheaters in unmittelbarer Nähe des Landhauses. Zu dem knapp 100 Quadratmeter großen Podest führen einige Stufen. Insgesamt wird das Dach des Pavillons von 26 Stützen getragen. Da der Durchmesser der natürlich gewachsenen Bäume (ca. 8 cm) nicht ausreichte, um die maximale Schneelast in dieser Region zu tragen (1.500 cm), wurden die neun innenliegenden Stützen in Stahl ausgeführt. Runde Stehtische aus Holz sind an ihre Schäfte montiert. Im Handlauf der umlaufenden Brüstung sowie unter den Stehtischen befinden sich Leuchtmittel, sodass der Pavillon nachts reizvoll leuchtet. Bekrönt wird die Konstruktion von einem leichten, transluzenten Dach aus Polycarbonat-Wellplatten, die von einem großen Holzgitter getragen werden.
Wo alles begann
Ihre naturnahe Architektur setzte das
Planungsteam in den Kontext eines Zitats von Architekt Louis Kahn,
in dem er die Entstehung von Schularchitektur als Ergebnis einer
Ansammlung von Menschen unter einem Baum vermutet: „Schools began
with a man under a tree who did not know he was a teacher, sharing
his realization with a few others who did not know they were
students.” Kahns Theorie geht davon aus, dass die Menschen Gefallen
an dieser Konstellation gefunden haben mussten, weshalb sie mit der
Zeit die Qualitäten des Baums in Architektur übersetzten.
Vor diesem Hintergrund strebte APL design workshop an, einen archaischen, besinnlichen Ort zu kreieren, an dem Menschen sich treffen, wie es die Menschen vermutlich schon taten, bevor es so etwas gab wie Architektur: unter einem Baum. Die Geräusche des Windes in den Baumkronen, die kühle Temperatur und die angenehme leichte Dunkelheit, die das Hinausschauen ermöglicht, ohne dabei selbst gesehen zu werden – all die Eindrücke des Ortes sollen, so wörtlich, die Gesichtszüge der Besuchenden entspannen. Ziel war es, eine Stimmung zu erzeugen, die dem Erlebnis nahe kommt, das Menschen im Wald haben oder beim Meditieren. Der tatsächliche Wald beginnt nur wenige Meter vom Pavillon entfernt. Von der großen Wiese des Parks aus betrachtet verschwindet er geradezu darin. -sr
Bautafel
Architektur: APL design workshop, Tokio
Projektbeteiligte: Hidetoshi Ohno, Shinya Eguchi, Shinya Yamamoto, Yohei Ikai, Shinichiro Iwata (Entwurfsteam); Konishi Structural Engineers, Tokio (Tragwerksplanung); Sogo Setsubi Consulting, Tokio (Elektro)
Bauherrschaft: YKK, Tokio
Fertigstellung: 2019
Standort: Kurobe, Präfektur Toyama, Japan
Bildnachweis: Kitajima Toshiharu / Archi Photo, Tokio
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