Bischöfliches Jugendhaus Don Bosco in Mainz
Pelletsheizung, Holzkamin, Lüftung mit Wärmerückgewinnung
Dass kirchliche Bauvorhaben nicht zwangsläufig den Kostenrahmen sprengen müssen, beweist das bischöfliche Jugendhaus Don Bosco in Mainz. Bemerkenswert ist es aber nicht wegen der eingehaltenen Baukosten, sondern aufgrund seiner nachhaltigen Architektur und den gut organisierten Räumen, die hinsichtlich Proportion, Lichtführung und Materialisierung überzeugen. Geplant wurde das Gebäude von Angela Fritsch Architekten, benannt ist es nach dem italienischen Pfarrer Don Bosco (1815-1888), dem Urvater der katholischen Jugendarbeit.
Gallerie
Im Ortsteil Hartenberg-Münchfeld gelegen, ist das Jugendhaus Teil eines Gebäudekomplexes des Mainzer Bistums, zu dem ein Bettenhaus mit 30 Zimmern sowie eine Kapelle gehören. An der Stelle des Neubaus stand früher ein zweigeschossiger Bau aus den 1950er Jahren. Nach langen Diskussionen, ob der Bestand saniert oder doch lieber neu gebaut werden sollte, entschieden sich die Kirchenoberen schließlich für Abriss und Neubau. Dieser sollte dem Leitgedanken „Bewahren der Schöpfung“ folgen. Die Architekten reagierten darauf mit einem schlichten, dreigeschossigen Holzbau, in dem die Jugendarbeit organisiert wird und der ausreichend Platz bietet für Tagungen, Seminare und Schulungen.
Das Gebäude hebt sich deutlich vom Bestand ab, ohne ihn zu dominieren. Ein eingeschossiger Zwischenbau an seiner südlichen Schmalseite verbindet es mit der Kapelle. Dessen Glasfassade zieht sich bis ins Erdgeschoss des ansonsten vollständig mit Holz verkleideten Jugendhauses hinein. Die verglaste Fensterfront ist ein wenig zurückgesetzt, sodass ein überdachter Vorbereich entsteht. Seitlich liegt der Eingang, dahinter ein Windfang und dann ein Empfangsraum mit Pförtnerloge. Linker Hand geht es in den Speise- und Veranstaltungssaal, dessen raumhohe Verglasungen nach Westen und Osten sich vollständig öffnen lassen. Nördlich daran schließen die Küche und einige kleinere Räume an. Rechts vom Eingang befinden sich vier große Seminarräume; die WCs und eine Garderobe sind in einem zentralen Kern aus schwarzen MDF-Platten untergebracht. Der offene Raum dahinter ist mit einem Sichtbetonkamin ausgestattet, um den herum Sitzmöglichkeiten zum Verweilen einladen.
Im zweiten und dritten Obergeschoss sind Einzel- und Doppelbüros um ein zweigeschossiges Atrium herum angeordnet. Dieses ist von einem transparenten Dach aus luftgefüllten EFTE-Membrankissen (Ethylen-Tetrafluorethylen) überspannt. Darunter ist ein automatisch betriebenes Sonnenschutzsegel angebracht. Schließt es sich, öffnen sich gleichzeitig seitlich umlaufende Lüftungslamellen, aus denen die warme Luft entweichen kann. Von der Helligkeit im Atrium profitieren die umliegenden Büroräume, deren gläsernen Wände viel Tageslicht hereinlassen. In den Pausen treffen sich die Mitarbeiter an den knallrot gestalteten, offenen Teeküchen.
Innen wie außen besteht das Gebäude fast vollständig aus
unbehandeltem Holz. Wände und Decken der Räume sind mit Weißtanne
verkleidet, auf dem Boden liegt Industrieparkett, darunter eine mit
OSB-Platten beplankte Holzbalkendecke. Für die Fassade verwendete
man Lärche. Geschossweise versetzt, wechseln sich die Holzfelder
mit schmalen, raumhohen Fenstern ab. Dazwischen treten jeweils
vertikale Holzlisenen hervor. Hinter der Außenwand verbirgt sich
eine Holzständerkonstruktion und auch die Trennwände bestehen aus
Holz. Ausnahmen sind einige Stahlstützen im Obergeschoss sowie die
Betonkonstruktion des Unter- und Erdgeschosses mit einer
Hohlkörperdecke.
Heizung/Energiekonzept
Nicht nur beim Baustoff setzen die Architekten auf Holz, auch die
Heizung wird damit betrieben. Ein Holzpelletskessel erzeugt die
Wärme zum Heizen und für das warme Wasser im Jugendhaus und den
anderen Gebäuden auf dem Gelände. Eine Fußbodenheizung verteilt die
Wärme im Neubau. Zusätzlich sorgt ein Scheitholzkamin im
Erdgeschoss für wohlige Wärme an kalten Tagen. Die Belüftung der
Büros und Besprechungsräume erfolgt dezentral über versteckt in der
Außenwand integrierte Thermolüfter mit Wärmerückgewinnung (WRG). Sie sorgen mit einer
geringen, aber wirkungsvollen Luftwechselrate von 0,4 Kubikmeter pro Stunde für
frische vorgewärmte Büroluft und ganzjährig angenehme
Raumtemperaturen. Die Fenster lassen sich aber auch manuell
öffnen.
Eine Regenwassernutzungsanlage dient der Bewässerung der
Grünanlagen. Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage geplant. Die
nachhaltige Bauweise macht sich für das Bistum bezahlt: Gegenüber
eines in herkömmlicher Bauweise errichteten Gebäudes spart das
Jugendhaus etwa ein Drittel der Energiekosten beim Unterhalt ein.
In der Gesamtheit ist es ein rundum gelungenes Bauwerk, das zurecht
sowohl mit dem Architekturpreis Rheinland-Pfalz (2011) als auch mit
dem Deutschen Holzbaupreis (2011) ausgezeichnet worden ist. Für den
Deutschen Nachhaltigkeitspreis des DGNB, der im November 2013
verliehen wird, ist es nominiert.
Bautafel
Architekten: Angela Fritsch Architekten, Seeheim-Jugenheim
Projektbeteiligte: TSB Ingenieurgesellschaft, Darmstadt (Tragwerk, Brandschutz, Energetisches Konzept, Schallschutz) ; ZWP Ingenieurgesellschaft, Wiesbaden (Haustechnik, Heizung Lüftung, Sanitär); Ochs, Kirchberg (Holzbau)
Bauherr: Bistum Mainz, Diözesan-Bauamt
Fertigstellung: 2010
Standort: Am Fort Gonsenheim 54, 55122 Mainz
Bildnachweis: Taufik Kenan, Berlin; Dieter Leistner, Würzburg und Frank Scholl, Seeheim-Jugenheim
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