Tate Modern in London
Energiekonzept mit Abwärmenutzung und Wasser/Wasser-Wärmepumpen
Bei einem Londonaufenthalt ist der Besuch der Tate Gallery of Modern Art, kurz Tate Modern genannt, obligatorisch. Nirgendwo auf der Welt kann man so viel moderne Kunst für umsonst anschauen. Denn zum Erfolgsrezept des Ausstellungshauses zählt neben der beeindruckenden Architektur auch der freie Eintritt. Alles begann 1996 mit dem Umbau der Bankside Power Station zum Kunstmuseum. Das ehemalige Ölkraftwerk wurde in zwei Etappen von 1947 bis 1963 erbaut, geplant wurde es von Sir Giles Gilbert Scott. Der Architekt ist im Vereinigten Königreich nicht nur für seine Bauwerke bekannt (u.a. Liverpool Cathedral, Bibliothek der Universität Cambridge), er hat auch die berühmte rote Telefonzelle erfunden. 1981 wurde die Bankside Power Station stillgelegt. Der Umbau zum Kunstmuseum erfolgte Ende der 1990er Jahre unter der Regie des Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron.
Gallerie
Der backsteinverkleidete Stahlskelettbau wurde entkernt und die Dächer entfernt. Erhalten blieb außer den alten Mauern auch der 99 m hohe Schornstein des Kraftwerks. Eine Stahlkonstruktion sorgt für Stabilität im inneren Neubau. Ein zweigeschossiges Glas-Stahl-Tragwerk bildet als „lightbeam“ (Lichtbalken) den oberen Abschluss. Die Planer setzten beim Raumkonzept auf einfache Formen und Materialien. Einzelne Abteilungen besitzen Oberflächen aus Industriebeton, die unbehandelten Eichenböden sind unregelmäßig mit Nägeln befestigt.
Geprägt wird das Museum durch die 3.400 m² große, 35 m hohe Eingangshalle, in der ursprünglich riesige Turbinen standen. Der erhaltene Deckenkran zeugt von alten Kraftwerkstagen. Heute wird die Halle für temporäre Ausstellungen zeitgenössischer Künstler und für besonders große Einzelobjekte genutzt. Im Erdgeschoss befindet sich der Haupt-Museumsshop. Über Rolltreppen erreichen die Besucher die Ticketschalter, die Information und das Café im 1. Obergeschoss. Von dort gelangen sie in die Galerien im zweiten, dritten und vierten Geschoss. In der Etage darüber befinden sich Büroräume und im 6. Obergeschoss lädt ein Restaurant zum Speisen ein. Weitere kleinere Cafés und Läden sind im Gebäude verteilt.
Im Mai 2000 öffnete die neue Tate Modern im alten Kraftwerk erstmals ihre Pforten. Schon von Beginn an ein Publikumsmagnet steigen die Besucherzahlen stetig. Gerechnet hatte man mit rund zwei Millionen, tatsächlich kommen aber bis zu fünf Millionen Besucher im Jahr. Um den Besucherandrang zu bewältigen, hat das Museum eine Erweiterung der Ausstellungsflächen um 23.000 m² (60%) beschlossen, die eigentlich zur Olympiade 2012 fertig sein sollten. Aber die Finanzierung u.a. über Fundraising kommt langsamer voran, als gedacht.
Als Teilschritt wurden im Sommer 2012 drei umgebaute Öltanks als zusätzliche Ausstellfläche eröffnet. Sie werden über einen Durchgang in der Südwand der Turbinenhalle erschlossen. Zunächst gelangen die Besucher in ein fensterloses Atrium. Von dort geht es erst in den östlichen und geradeaus weiter in den südlichen Tank. Auf den kreisrunden Flächen, deren Durchmesser jeweils 30 m beträgt, befinden sich Ausstellungen für Live Art, Performance, Videos und Installationen. Der westliche Tank beherbergt Sanitärräume, Garderoben und Büros. Frei stehende, rechteckige Stützen in allen drei Tanks tragen das gemeinsame Dach in 7,00 m Höhe.
Die vollständige Erweiterung der Tate Modern soll bis 2016 umgesetzt sein. Geplant ist ein 65 m hoher, futuristisch anmutender Anbau an der südlichen, zur Themse abgewandten Seite des Museums. Der Entwurf stammt wieder von Herzog & de Meuron. Sie entwickelten eine elfgeschossige Pyramide, die mit einem perforierten Mauerwerksverband verkleidet, teilweise aus den ehemaligen Öltanks aufwachsen soll.
Energiekonzept
Nach der Erweiterung soll die Tate Modern laut ihrem Vizedirektor
Alex Beard „als Modell für ökologische Nachhaltigkeit dienen und
neue Maßstäbe für Museen und Galerien im Vereinigten Königreich
setzen.“ Bis dahin wird der Energiebedarf für Heizung, Warmwasser
und Lüftungsanlagen aus der Abwärme eines benachbarten Umspannwerks
gedeckt. Sechs Strom-Transformatoren liefern 600 kW (Ab)wärme.
Zukünftig soll das Grundwasser im Kiesbett der Themse rund um das
Gebäude zur Energieversorgung genutzt werden. Bei diesem open
loop genannten System, entzieht eine Wärmepumpe
dem Grundwasser Energie, die im Winter zum Heizen und im Sommer zum
Kühlen verwendet wird. Das benutzte Wasser wird anschließend wieder
dem Kiesbett zugeführt.
Neben der neuen Wärmepumpenanlage soll die hohe
Wärmespeicherkapazität der massiven Gebäudehülle des Neubaus zum
niedrigen Energieverbrauch beitragen. Mit bevorzugter natürlicher
Lüftung sowie mit dem thermischen Auftrieb in der vertikalen
Gebäudeform wird die Tate Modern Berechnungen zufolge, nur die
Hälfte der Energie vergleichbarer Ausstellungsgebäude verbrauchen.
Das führt zu einer CO₂-Einsparung von rund 40%.
Bautafel
Architekten: Herzog & de Meuron, Basel
Projektbeteiligte: Sheppard Robson, London (Assoziierte Architekten); Schal International, London (Generalunternehmer); Ove Arup & Partners, London (Tragwerk, Licht und Akustik); Davis Langdon & Everest, London (Kostenplanung), Vogt Landschaftarchitekten, Zürich (Außenanlagen); Max Fordham, London (Energiekonzept); Consolux M & E Consulting, London (Versorgungstechnik)
Bauherr: The Tate Gallery, London
Fertigstellung: 1995–2001 / 2005–2006 / 2008–2016
Standort: Sumner Street, Bankside in Southwark, London
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