Biomasseheizung in der Michaeliskirche in Leipzig
Emissionsarmes Heizen mit Pellets
Die evangelisch-lutherische Michaeliskirche am Leipziger Nordplatz wurde von 1902 bis 1904 erbaut. Der in monumentaler Sakralarchitektur erbaute Kirchenbau steht in Nord-Süd-Richtung und ist von repräsentativen Wohn- und Bürogebäuden umgeben. Auf der Südseite liegen der 70 Meter hohe Turm und die Haupteingangsfront. Die Bauformen zeigen Neorenaissanceformen mit Jugendstilelementen. Bis auf die Fenster im Kirchenschiff ist das Bauwerk vollständig erhalten und im Laufe des letzten Jahrhunderts nur durch behutsame Maßnahmen verändert worden. Den Innenraum prägen Holzschnitzereien an Emporen, Bänken und Kanzel sowie die dreimanualige bis heute unveränderte Sauer-Orgel mit 46 klingenden Registern und reich geschnitztem Jugendstilprospekt. Im Kirchenschiff mit Marmoraltar befinden sich 1.000 Sitzplätze.
Gallerie
Ursprünglich war die Kirche mit einer Kohlen-Kesselheizung im Keller ausgestattet. Seit den 30er Jahren wurde sie dann mit Dampf-Fernwärme beheizt. Durch Umstellen von Dampf auf Warmwasser 1997 war die Heizung im Kirchenschiff nicht mehr nutzbar. In den Wintermonaten kam bei Gottesdiensten und Konzerten ein mobiles Heizöl-Luftgebläse zum Einsatz. Geräusch- und Schadstoffemissionen bereiteten der denkmalgeschützten Gebäudesubstanz, insbesondere der wertvollen Sauer-Orgel große Probleme.
Heizung/Energiekonzept
Die Michaeliskirche ist das erste öffentliche Bauwerk in Leipzig
mit einer Heizung auf der Basis erneuerbarer Energien. Eine 200 kW
Pelletsheizung heizt Kirchenhauptgebäude und Nebenräume mit
Kindergarten und Sozialstation. Das besondere an der neuen
Heizanlage ist der feinstaubarme und effiziente Betrieb. Das Abgas
aus den zwei 100 kW Kesseln wird durch einen Abgaswärmetauscher mit anschließender Abgaswäsche
geleitet. Ein Heizraum mit angeschlossenen Pelletsbunker und 5.000
Liter Pufferspeichervolumen samt Rohrverteilung fanden im niedrigen
und verwinkelten Keller des historischen Bauwerkes Platz. Mit dem
Abgaswärmetauscher können die Pelletskessel im Brennwertbereich
heizen und verbrauchen weniger Brennstoff.
Die über den Wärmetauscher gewonnene Wärme aus dem Rauchgas der zwei Kessel strömt wieder in das Heizungssystem zurück. Gleichzeitig wird der Heizungsrücklauf gekühlt. Den Wärmetauscher mit angeschlossener Neutralisationsbox für das anfallende Kondensat verlässt eine gemeinsame Abgasleitung aus Edelstahl. Wie in historischen Kirchen üblich, ist der Abgasschacht in einer Säule verborgen. Ein Rauchgassauger garantiert den nötigen Schornsteinzug, egal ob ein oder zwei Kessel heizen. Motorisch gesteuerte Bypassklappen sorgen zusätzlich für eine störungsfreie Funktion.
Der Kindergarten und die Teeküche mit kleinem Heizlastanteil
werden in der Temperaturspreizung von
70/50 °C gefahren. Die Kirchenheizung, für die der überwiegende
Teil der Wärme bereitgestellt werden muss, benötigt nur an wenigen
Tagen stundenweise Wärme während der Gottesdienste und
Orgelkonzerte. Außerdem muss zum Schutz von Inventar und
historischer Bausubstanz ein ausgewogenes Raumklima ohne große
Temperaturdifferenzen herrschen. Die Temperaturkurve der
Kirchenheizung zeigt die sogenannte Rampenfunktion. Sie ist
gekennzeichnet von der langsamen Temperaturänderung in Aufheiz- und
Abkühlphase (flacher Anstieg bzw. Abfall der Lineare) und der
waagerechten Lineare bei konstanter Temperatur bei maximaler
Heizleistung. Die Steilheit der Rampe bildet die pro Stunde
zulässige Temperaturänderung ab. Durch die niedrige
Grundtemperierung mit der Rampenfunktion (1 K/h) ist das Beheizen
der Kirche mit der Abgaskondensation wirtschaftlich. Beim
Einregulieren der Anlage konnte die Rücklauftemperatur nochmals um
10 K gesenkt werden. Die Wärmeverteilung in der Kirche erfolgt über
vorhandene Konvektoren, die sich hinter Holzpaneelen verstecken und
einige neue Röhrenradiatoren. Wegen der Konzerte mit der wertvollen
Orgel war eine Unterflurbeheizung aus schallschutztechnischen
Gründen nicht möglich. Mit dem Einbau der neuen Pelletsheizung
werden die Heizkosten pro Veranstaltung in der Kirche um fast die
Hälfte reduziert, ebenso wie die Heizkosten für die Nebenräume.
Wegen dem Einsatz des effizienten und emissions-
reduzierenden Abgaswärmetauscher wurde der Einbau von Kessel und
Abgastechnik zu 75% vom Land Sachsen gefördert. Die Heizung in der
Michaeliskirche gehört zum sächsischen Biomasseverbund und ist als
Modellprojekt Vorbild für weitere Biomasseheizungen in öffentlichen
Gebäuden.
Bautafel
Projektbeteiligte: TZP Leipzig mbH, Leipzig (Heizungsplanung/Bauüberwachung); Bau- und Haustechnik Bad Düben (Heizung); HDG Bavaria, Massing (Heizkessel); Schräder Abgastechnologie, Kamen/Leipzig (Auslegung Abgaswärmetauscher/Abgassystem)
Bauherr: Michaelis-Friedens-Kirchgemeinde, Leipzig
Fertigstellung: Dezember 2007
Standort: Nordplatz 14, Leipzig
Bildnachweis: Claudia Hilgers, Altenbach
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