Plusenergie-Grundschule in Hohen Neuendorf
Pelletsheizung und Photovoltaik
Das Berliner Umland ist besonders bei jungen Familien beliebt. Wer es sich leisten kann, bewohnt ein eigenes Haus im Grünen – und schickt seine Kinder immer häufiger auf private Schulen. Um dem entgegenzuwirken, haben sich die Stadtväter von Hohen Neuendorf etwas einfallen lassen und eine attraktive staatliche Grundschule errichten lassen. Bei dieser handelt es sich um eine 12 Millionen Euro teure Plusenergieschule, die auf einem gerodeten Waldgrundstück im Ortsteil Niederheide entstand. Damit ist die Gemeinde der Zeit einige Jahre voraus, denn erst ab 2020 müssen europaweit alle Neubauten als Plusenergiehäuser gebaut werden.
Gallerie
Geplant wurde die zweigeschossige Grundschule vom Architekturbüro Ibus. Sie bietet Platz für jeweils drei Klassen pro Jahrgang und verfügt zusätzlich über eine Sporthalle. Auf einer umbauten Fläche von 7.500 m² können rund 540 Kinder spielen, lernen und Sport treiben. Der Haupteingang des Schulgebäudes befindet sich an der Goethestraße und führt unmittelbar in die zentrale lang gestreckte Halle, die das Rückgrat des Gebäudes bildet. Linkerhand öffnet sich das Haus mit drei Flügeln kammartig über zwei längliche Höfe zum weiträumigen, zentralen Schulhof. Gegenüber grenzt die zugehörige Sporthalle an. Sie besitzt einen separaten Eingang und erlaubt damit eine unabhängige Nutzung der Halle z.B. für den Vereinssport.
Insgesamt 18 Klassenräume sind in den drei Gebäudeflügeln angeordnet. Alle sind nach Süden ausgerichtet, Flure und Nebenräume befinden sich auf der jeweiligen Nordseite eines Flügels. Teilbare Räume – sogenannte Heimatbereiche – ermöglichen ein Lernen in kleinen Gruppen und Projektarbeit. Zu jedem dieser Heimatbereiche gehören neben den Klassen- und Gruppenräumen auch eine Garderobe und ein Sanitärtrakt. Im Schulgebäude befinden sich außerdem sechs nach Osten ausgerichtete Fachräume, der Verwaltungs- und Lehrerbereich, eine Bücherei sowie ein Speisesaal mit Küche. Ein Gebäudeflügel wird zurzeit vom Hort genutzt.
Die hochwärmegedämmte und luftdichte Gebäudehülle wurde im Passivhausstandard errichtet und ist wärmebrückenfrei. Alle tragenden Bauteile sind massiv in Stahlbeton hergestellt; die zweischalige Fassade mit Vormauerziegeln und Kerndämmung ausgeführt. Die Planer haben ein ausgewogenes Verhältnis von transparenten und nicht-transparenten Fassadenflächen zu den Speichermassen im Gebäude umgesetzt. Zum Einsatz kamen auch innovative Baumaterialien wie Vakuumisolationspaneele in den Brüstungsbereichen der südlichen und östlichen Fenster. Den Sonnenschutz übernimmt zum Großteil die elektrochrome Verglasung. Diese ist elektrisch schaltbar und verändert ihre Lichtdurchlässigkeit durch unterschiedliche Spannung. Zusätzlich sind einige Fenster mit einem außenliegenden textilen Sonnenschutz ausgestattet.
Energiekonzept
Durch den zukunftsweisenden Baustil bietet die Plusenergieschule
nicht nur ein modernes Lernumfeld, sie spart dem Schulträger auch
Betriebskosten ein. Denn sie soll mehr Primärenergie erzeugen, als sie verbraucht und
damit CO2-neutral sein. Voraussetzung dafür ist die
energetisch optimierte Gebäudehülle und eine einfache, leicht
regelbare sowie wartungsarme Gebäudetechnik. Das Energiekonzept
sieht vor, dass jährlich 40.000 Euro Betriebskosten gegenüber einer
Standardschule gespart werden.
Lüftung
Die Gebäudestruktur stellt viel Speichermasse für eine freie
Kühlung zur Verfügung, um eine sommerliche Überhitzung zu
vermeiden. Gelüftet wird überwiegend natürlich. Die Luft strömt
entweder über geöffnete Fenster oder über Stoßlüftung über
deckenhohe, motorisch betätigte Lüftungsflügel ins Gebäudeinnere.
Die maschinelle Lüftungsanlage schaltet nur an, wenn es energetisch
sinnvoll ist oder Nutzungs- und Witterungsbedingungen es erfordern.
So wird zum Beispiel die in den WC-Bereichen benötigte mechanische
Lüftung auch von anderen angeschlossenen Räumen mitgenutzt.
Heizung/Stromerzeugung
Die Wärme für die Heizung und das Warmwasser erzeugt ein
Holzpelletskessel. Seine Leistung beträgt 200 kW. Um die
Feinstaubemission der Holzheizung zu senken, kommt ein
elektrostatischer Filter im Abgassystem zum Einsatz. Der Kessel
belädt einen 3.300 Liter großen Pufferspeicher. In Planung ist eine
zusätzliche Beladung des Speichers durch ein Pellets-BHKW mit
eingebautem Stirling-Motor und 5 kW thermischer Leistung, das vor
allem im Sommer die Warmwasserbereitung übernehmen soll, wenn
der Kessel still steht. Zusätzlich soll es Zirkulationsverluste
ausgleichen und 1 kW elektrischen Strom erzeugen. Die Wärme wird
mit einer Vorlauftemperatur von 70°C über Heizkörper
verteilt.
Auf den Dachflächen sind Module einer Photovoltaik-Anlage
aufgeständert. Die PV- Elemente sind mit den Aufbauten für die
dezentral angeordneten Lüftungszentralen und den Installationen auf
dem Flachdach kombiniert.
Bautafel
Architekten: Ibus Architekten und Ingenieure, Berlin und Bremen
Projektbeteiligte: BLS Energieplan, Berlin (Energieplaner und TGA); Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (Monitoring); Büro D. Hennings, Köln (Beratung Raumakkustik); Sol-id-ar Planungswerkstatt, Berlin (Beratung integrale Planung/Nachhaltigkeit/EnOB-Begleitforschung); Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), Stuttgart (Begeitforschung EnEff-Schule)
Bauherr: Stadt Hohen Neuendorf
Fertigstellung: 2011
Standort: Goethestraße, 16540 Hohen Neuendorf
Bildnachweis: Ibus Architekten und Ingenieure
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