Sicherheitsfaktoren
Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von Bauteilen
Sicherheitsfaktoren, auch Sicherheitsbeiwerte genannt, sind Teil vorbeugender Planungen und statischer Berechnungen. Sie sollen die langfristige Funktionsfähigkeit von Bauteilen wie Fenstern, Türen und Glaskonstruktionen bei Brüstungen, Wintergärten und Fassaden gewährleisten. Wie in der Redewendung „doppelt genäht hält besser“ stellen Sicherheitsfaktoren eine Art Reserve bei Schädigung oder Versagen von Bauteilen dar.
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Bauteilversagen, Unfälle, Störungen
Ein Bauteilversagen kann verschiedenster Art sein. Häufige Schäden sind das Durchbiegen von Bauteilen, die zum Reißen und Splittern von Glasscheiben führen können, die Verformung von Pfosten, Riegeln und Türblättern, die sich infolgedessen kaum Öffnen und Schließen lassen, das Lösen von Halterungen wie Bändern, das Brechen von Dübeln und ähnliches. Vergleichbare Folgen hat der Ausfall einer smarten elektronischen Steuerung bei Unterbrechung des Internetzugangs oder bei einem Blackout.
In der Tagespresse finden sich immer wieder Berichte über Unfälle, bei denen von Fassaden herabstürzende Bauteile wie Verkleidungen, Felder von Brüstungen oder gar ganze Fensterflügel Passanten verletzen oder PKWs beschädigen. Ebenfalls erregen IT-Vorkommnisse Aufmerksamkeit, bei denen smarte Zugangskontrollen Nutzer*innen daran hindern, zu ihren Arbeitsplätzen in Gebäuden zu gelangen, weil durch eine elektronische Störung die Türen blockiert wurden und sich nicht öffneten.
Grenzwerte
Zur Vermeidung derartiger Fälle werden in Normen und Richtlinien Grenzwerte definiert. Diese resultieren aus errechneten, gemessenen oder durch Erfahrung gewonnenen Parametern. Sie basieren auf mechanischen, physikalischen und – besonders im Brandfall – chemischen Materialeigenschaften, dem konstruktiven Zusammenwirken von Bauteilen, Umwelt- und Klimaeinflüssen wie Wind- und Schneelasten bis zur Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen, Überschwemmungen oder Erdbeben. Weitere Grundlagen zur Festlegung von Grenzwerten sind das Monitoring von Schwachstellen, Zeitintervalle bei Reinigung und Wartung oder die Analyse von Unfällen, einschließlich der Prognostizierung von Gefährdungspotentialen.
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Eine wesentliche Rolle spielt die Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Nutzerverhalten, beispielsweise bei der Frequenz von Eingangstüren in öffentlichen Gebäuden, in deren Folge es zu Abnutzungserscheinungen und Materialermüdung kommen kann. Für Baustellen gelten gesonderte Regeln von Zugangskontrollen, wie etwa dem Tragen spezieller Schutzkleidung wie Schuhen oder Helmen.
unkaputtbar
Allerdings gilt auch bei Sicherheitsfaktoren die Binsenweisheit, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt. Selbst die robustesten Konstruktionen können nur bedingt vor mutwilliger Destruktion beispielsweise durch Vandalismus schützen. Wie Zerstörungen durch Krieg und Terror regelmäßig beweisen, ist nichts unkaputtbar.
Das Prinzip von Sicherheitsfaktoren besteht darin, vorhersehbare Schäden zu vermeiden und unvorhersehbare Zwischenfälle wie Störungen, aber vor allem Gefährdungen bis zu Unglücken mit Todesfällen nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik so gut wie möglich zu minimieren.
Sicherheitsfaktor Gamma, Sicherheitsspielraum
Bei statischen Berechnungen wird der Sicherheitsfaktor mit dem
griechischen Buchstaben γ (Gamma) bezeichnet. Zur Erhöhung
des Widerstands gegen einwirkende Lasten werden rechnerisch die
Eigenlasten mit dem Faktor 1,35 und die Nutzlasten mit dem Faktor
1,5 multipliziert. Diese Zahlen sind in DIN EN 1990 Grundlagen
der Tragwerksplanung definiert. Wenn sich aus der Division
einer maximalen Belastung mit potenziellem Versagensfall durch die
zulässige Belastung ein Quotient γ gleich 1 ergibt, fehlt die
Sicherheitsreserve. Erst wenn γ größer als 1 ist, entsteht eine
rechnerische Sicherheit.
Der englische Begriff margin of safety, übersetzt Sicherheitsspielraum, drückt dies anschaulich aus. Der Sicherheitsspielraum lässt sich beispielsweise durch die Verwendung größerer und stärker dimensionierter Profile erhöhen, durch die Wahl eines qualitativ geeigneteren Materials oder einer erhöhten Anzahl von Befestigungselementen sowie einer Kombination derartiger Maßnahmen.
Redundanz, Reserve
Bei elektronischen Systemen wie etwa Steuerungen von automatisierten Zugangskontrollen wird der Sicherheitsspielraum durch regelmäßige Backups, also Speicherungen von Systemspiegelungen, und durch redundante Systeme erzielt. Redundanzen bedeuten wörtlich übersetzt Wiederholungen und Doppelungen. Sie sind vergleichbar mit einem Netz mehrerer Knotenpunkte wie beim Stromnetz, dem Mobilfunknetz und GPS-Systemen in zeitgleicher Verbindung zu mehreren Satelliten. Das Prinzip der Redundanz stammt ursprünglich aus der Luftfahrt, bei der mit zweifachen und teilweise sogar dreifachen Flight Control Systemen gearbeitet wird. Sollte ein System ausfallen, übernimmt automatisch ein parallel vorhandenes System die identische Funktion.
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Ein legendäres Beispiel für Redundanz ist die Landung der
Kommandokapsel der Apollo 15 im Jahr 1971. Von den drei
Fallschirmen öffneten sich nur zwei einwandfrei, der dritte Schirm
kollabierte. Das Apollo-Landesystem war jedoch rechnerisch wie
konstruktiv für diesen Fall ausgelegt. Mit dem Ausfall des
fehlerhaften dritten Schirms steigerte sich die Sinkrate der Kapsel
nur unwesentlich von erwarteten 19 auf 22 Meilen/Stunde. Trotz der
erhöhten Geschwindigkeit landete sie sicher mit nur zwei
Fallschirmen, denn der dritte Schirm hätte einen zusätzlichen
Sicherheitsspielraum geboten. -sj
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