Freiluftbibliothek in Magdeburg
Ausgemusterte Kaufhausfassade in neuem Glanz
Salbke ist ein südöstlich von Magdeburg gelegener Stadtteil, der mit dem Verschwinden der Arbeit in den 1990er Jahren unter einem extremen Schrumpfungsprozess leidet. Der Wegzug der Einwohner sowie das Unterbleiben dringend erforderlicher Sanierungen haben zu einem Wohnungsleerstand von bis zu 80% und einem von verfallenen Gebäuden geprägten Stadtbild geführt. Um diesen Zustand zu ändern und einen Erneuerungsprozess in Gang zu setzen, wurde auf einer Brachfläche die als Lesezeichen Salbke betitelte Freiluftbibliothek errichtet. Sie befindet sich auf der Fläche der früheren Ortsbibliothek, verfügt über eine Bühne und richtet sich als Ort der Begegnung an Jung und Alt. Geplant wurde sie von Karo Architekten aus Magdeburg.
Gallerie
Vorläufer des jetzigen Baus war ein temporäres Bibliotheksmöbel
aus 1.000 Bierkisten, das 2005 in einem einwöchigen Workshop
entstand. Obwohl es nur für ein Wochenende existierte, hat das
Stadtmöbel eine dauerhafte Wirkung entfaltet. Im Jahr 2006 wurde
das Projekt in ein ExWoSt-Forschungsprojekt (Experimenteller
Wohnungs- und Städtebau) des Bundes aufgenommen. Damit war die
Umsetzung der Freiluftbibliothek als dauerhafte Einrichtung
finanziell abgesichert. Im folgenden Beteiligungsprozess wurde die
Idee eines „grünen Wohnzimmers“, das geschützt vom Straßenlärm eine
Ruhezone im Stadtteil bietet, weiter verfeinert.
Fassade
Bei der Umsetzung der
Freiluftbibliothek sprachen sich die am Bau beteiligten Bürger
einhellig für den Einsatz von Recyclingmaterialien aus. Dem Konzept
eines geschützten ruhigen Raumes folgend, besteht die Hülle zur
Straße hin aus einer harten Alu-Modul-Fassade und zum Freiraum hin
aus einer weichen Fassade aus vertikalen Lärchenholzlatten.
Auffälligstes Merkmal des Objektes ist die Fassade aus
tiefgezogenen Aluminiumformteilen. Diese Wabenfassade stammt samt
Unterkonstruktion von einem ehemaligen Horten
Warenhaus, das 2007 in Westfalen abgerissen wurde. Nach einer
Materialprüfung konnte die Fassade ohne zusätzliche konstruktive
Verstärkungen mit der Unterkonstruktion eingebaut werden. Die
Module, etwa 50 x 50 cm groß, wurden chemisch entlackt und mit
einer neuen Pulverbeschichtung überzogen.
In die äußere Fassade sind gläserne Vitrinen eingelassen, die im Sinne eines Info-Boards des Stadtteils genutzt werden können. Die gläsernen Vitrinen in der inneren Fassade nehmen den Buchbestand der Freiluftbibliothek auf, die rund um die Uhr frei zugänglich ist. Entlang der inneren Holzfassade verläuft nach Westen hin eine ca. 30 m lange Sitzbank. An zwei Stellen vermitteln sogenannte Leseinseln zwischen Straße und Freiraum: Die holzverkleideten Sitznischen sind hier mit einer grün gefärbten VSG Glasscheibe gegen den Straßenlärm abgeschottet.
Der Sockel besteht umlaufend aus Stahlbeton-Fertigteilen und ist
mit Graffitis verziert. Diese entstanden im Rahmen eines
Wettbewerbs, zu dem sich alle Jugendlichen Magdeburgs mit ihrem
persönlichen Zeichen bewerben konnten. Vorgegeben war lediglich die
Verwendung der Farben Weiß, Schwarz und Chrom.
Bautafel
Architekten: Karo: Antje Heuer, Stefan Rettich, Bert Hafermalz, Leipzig und Architektur + Netzwerk, Sabine Eling-Saalmann, Magdeburg
Projektbeteiligte: Bürgerverein Salbke, Fermersleben, Westerhüsen e.V., Michael Kurt, Leipzig (Tragwerksplanung); Jürgen Meier, Architektur & Medien, Leipzig (Lichtkonzept); Ruth Gierhake, Köln (Beratung)
Bauherr: Landeshauptstadt Magdeburg
Fertigstellung: 2009
Standort: Alt Salbke 37, 39122 Magdeburg
Bildnachweis: Karo, Thomas Voelkel
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