Volkstheater in München
Vorhang auf!
Ein gestaffelter Baukörper aus flachem Ziegelmauerwerk, gerundete Ecken, ein aufragender Bühnenturm, weithin sichtbar im Stadtraum – das neue Volkstheater in München weckt formale Erinnerungen an Mendelssohns Schaubühne in Berlin. Die bunte Farb- und Formenwelt, die sich hinter den Mauern des introvertierten Bauwerks verbirgt, mag dadurch besonders überraschen. Als Auftakt für das Stadtentwicklungsprojekt auf dem ehemaligen Viehhofgelände in München ging der Entwurf des Architekturbüros Lederer Ragnarsdóttier Oei erstplatziert aus einem europaweiten Wettbewerbsverfahren hervor. In Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen Georg Reisch entstand der Kulturbau unter Einhaltung strenger Auflagen bezüglich Kosten und Zeitplan.
Gallerie
Nachdem das Münchener Volkstheater vier Jahrzehnte lang provisorisch in einer umgebauten Turnhalle untergebracht war, befindet es sich nun auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs der Stadt München. Erhalten und umgenutzt wurde ein denkmalgeschützter Bestandsriegel aus den 1920er-Jahren, der zusammen mit dem Neubau einen kleinen Hof begrenzt. Dieser ist über einen großen, gemauerten Torbogen mit der Straße verbunden, der zum Hauptzugang des Theaters führt. Dort, wo sich heute der Hof befindet, standen ehemals die Großviehhallen; deren Spuren sind auch nach dem Umbau weiterhin an der Putzfassade des Bestands sichtbar.
Gestaffelt nach Funktion
Die Höhenstaffelung des Baukörpers folgt der inneren funktionalen Gliederung. Die Bereiche heben sich dabei nicht nur durch Form, Höhe und Ausrichtung voneinander ab, es wurden auch jeweils unterschiedliche Materialien gewählt: Der Hauptbau besteht aus rotbraunem Ziegelmauerwerk und erinnert an das industrielle Erbe des Ortes. Die nächste, rückversetzte Höhenebene bilden die gebäudetechnischen Anlagen, die mit einer weißen gefalteten Metallgitterkonstruktion umhüllt sind. Als Hochpunkt ist der Bühnenturm weithin sichtbar und wartet mit einer auffälligen semitransparenten Membranfassade auf. An der Schnittstelle zwischen Torbogen und Neubau befindet sich zudem eine Stele, die ebenfalls als Signet auf die neue Theaternutzung verweist. Auf dieser Gebäudeseite befinden sich auch die Werkstätten, die sich mit bogenförmigen Fenstern zur Straße hin öffnen und Einblicke in den Produktionsbetrieb erlauben.
Blick hinter die Kulisse
Wie der Bühnenvorhang zum Zuschauerraum verhält sich die
introvertierte Fassade zum Stadtraum: Tritt man hinter die Mauern
des Volkstheaters, eröffnet sich eine unerwartet bunte Farb- und
Formenvielfalt – zumindest in den repräsentativen, öffentlichen
Bereichen wie Foyer, Restaurant und den Zuschauerräumen. Einen
flächenmäßig viel größeren Anteil nehmen die rückwärtigen
Funktionsbereiche für Produktion sowie Aufführungsbetrieb und
-technik ein, die in ihrer Gestaltung rein funktionalen
Gesichtspunkten folgen. Für den Architekten Arno Lederer bestand
eine der größten Herausforderungen darin, diese beiden sehr
gegensätzlichen Aufgaben zusammenzubringen.
Gallerie
Kräftig matte Farben im Innenraum
Aus der Form des Grundstücks ergibt sich der längliche Zuschnitt des Foyers, das wie der Windfang und die gastronomischen Einrichtungen mit großzügigen Glasfassaden aufwartet, die im Sommer vollständig geöffnet werden können. Im Innenraum erwartet die Besucherinnen und Besucher eine Mischung an geraden und geschwungenen Wänden in satten Goethefarben: Ein kräftiges Dunkelblau ziert die Decken, die mit integrierten Leuchtenreihen die längliche Form des Foyers unterstreichen. Damit kontrastieren leuchtend gelbe, mintgrüne und altrosafarbene Wände. Innentüren in Schwarz sowie Fenster- und Türrahmen und Böden aus Holz runden die Innengestaltung ab.
Vom Foyer aus sind der Zuschauerraum für 600 und ein kleinerer Saal für 200 Personen erreichbar, während sich die Bereiche für Bühnen, Anlieferung, Werkstätten und Lagerräume im südlichen Teil der Anlage befinden. Der zentrale Bühnenturm bildet das funktionale Herz des Bauwerks und ragt dreißig Meter in die Höhe; weitere fünf Meter gräbt er sich ins Untergeschoss. Die Verwaltungsräume liegen an der Ostseite; sie sind mit den Altbauten verbunden und schließen – zusammen mit dem Gastronomiebereich, der auch unabhängig vom Theaterbetrieb nutzbar ist – den Hof rückseitig ab.
Elektro: Schalter und Steckdosen in Schwarz
Passend zu den dunklen Innentüren und Decken setzte das Gestaltungsteam schwarze Schalter und Steckdosen aus Duroplast mit klarer Form und schmalem Rahmen ein. Diese heben sich bewusst von den farbigen Wänden ab und ergänzen das kontrastreiche Farbkonzept. In den nicht öffentlichen Bereichen kommen Aufputzleitungen, -schalter und -steckdosen zum Einsatz. -si
Bautafel
Architektur: LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Projektbeteiligte: Georg Reisch, Bad Saulgau (Generalübernehmer); Elektro Kreutzpointner, Burghausen (Elektroinstallation); Werner Schwarz - Ingenieurbüro für Elektrotechnik, Ravensburg (Fachplanung Elektro); SSF Ingenieure, München (Tragwerksplanung); Wolfgang Sorge Ingenieurbüro für Bauphysik, Nürnberg (Bau- und Raumakustik); itv Ingenieurgesellschaft für Theater- und Veranstaltungstechnik, Berlin (Theater- und Bühnenplanung); M. Oelmaier Ingenieurbüro für Brandschutz, Biberach an der Riß (Brandschutzplanung); K+P Kaufer Passer, Starnberg (Haustechnikplanung); Kovacic Ingenieure, Sigmaringen (Außenanlagenplanung); Jung, Schalksmühle (Schalter und Steckdosen LS 990)
Bauherr/in: Landeshauptstadt München
Standort: Tumblingerstraße 29, 80337 München
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: Henrik Schipper; LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Fachwissen zum Thema
Baunetz Wissen Elektro sponsored by:
Jung | Kontakt 02355 / 806-0 | mail.info@jung.de