Kita Gummibärchen in Mittenwalde
Toben erwünscht
„Auf dem Flur wird nicht getobt!“ Diesen Satz kennen wir wohl alle – so oder so ähnlich – aus unserer eigenen Kindheit. In der Kita Gummibärchen in Mittenwalde erübrigt sich dieser Mahnruf, denn Flure sucht man hier vergebens. Diesen flurlosen Kita-Typus haben die Entwerfenden der Arbeitsgemeinschaft MTTR und Studioplus entwickelt, der seit 2023 den Kindern im Ortsteil Töpchin zur Verfügung steht. Hier sind alle Bewegungs- und Durchwegungsflächen zugleich pädagogisch nutzbarer Raum. Diese Grundrissorganisation soll Aktivität, Motivation und Gemeinschaft fördern – ebenso wie das maßgeschneiderte Lichtkonzept von Studio De Schutter.
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Bereits von außen sind zwei wesentliche Entwurfsmotive ersichtlich: die Kreisform als sich wiederholendes Element in Form der Bullaugenfenster und die Farbe Gelb als Leitfarbton. Dazu kontrastiert die graue Holzfassade aus vertikalen Lamellen. Konstruktiv ist das Gebäude als Holzrahmenbau konzipiert und besteht aus vorgefertigten Elementen aus einfachem Bauholz. Durch seine Proportionen fügt sich der Flachbau in seine ruhige Umgebung ein, am Rande des Mittenwalder Ortsteils Töpchin zwischen Friedhof, Wald und Feld.
Die Kindertagesstätte bietet Raum für rund sechzig Kinder ab einem Alter von einem Jahr bis zur Einschulung. Der Innenausbau erfolgte – hinsichtlich des knappen Budgets – mit einfachen und natürlichen Materialien: Für die Holzoberflächen nutzten die Architekt*innen kiefernholzfurnierte Span- und Dreischichtplatten. Die Decken sind mit Holzwolle-Leichtbauplatten abgehängt, die für eine gute Raumakustik sorgen.
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Spieldiele statt Flur
Betreten können Kinder, Eltern und Erzieher*innen das Gebäude über einen straßenseitigen Haupteingang, der unmittelbar – und ohne Korridore – in die Spieldiele führt. Dieser Bereich dient einerseits als Raum für die Ankunft und bietet mit den Einbau-Garderoben aus Holz genügend Platz für Kleidung, Schuhe und Taschen. Andererseits ist hier freies Spielen und Toben ausdrücklich erlaubt. Die Spieldiele umschließt den zentralen Bewegungsraum – das Herz der Einrichtung. Anders als in den restlichen Räumen ist der obere Abschluss hier als Walmdach ausgeführt. Darin integriert ist eine Reihe von Oberlichtern, die reichlich Tageslicht in den Raum führen und das Gelb der Wände, Decken und des Bodens zum Strahlen bringen.
An den Außenwänden liegen umlaufend die fünf Gruppenräume, die altersgerecht in Kita- und Krippenbereiche aufgeteilt sind. Diese Räume sind frei bespielbar und weisen jeweils Sanitärräume und eine kleine Nische – die Kuschelecke – auf, die zum Hereinkrabbeln und Zurückziehen animiert. Angepasst an die Körpergröße von Kindern sind in den Nischen Bullaugenfenster eingelassen, durch die auch die Kleinsten den Blick nach draußen genießen können. Rund um den Flachbau verläuft eine Terrasse mit Pergola, sodass jedem Gruppenraum eine geschützte Außenfläche vorgelagert ist.
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Beleuchtungskonzept
Die Kreisform taucht als Motiv an verschiedenen Stellen im Gebäude auf. Neben den Bullaugen in der Fassade sind außerdem runde Verglasungen in einigen der Innentüren eingelassen. Runde Einbauleuchten sorgen in allen Bereichen für die Grundbeleuchtung. Darüber hinaus sind in der Spieldiele kreisförmige Oberlichter mit gelben Glasscheiben integriert, die von ringförmigen Leuchten gerahmt werden. Die Gruppenräume werden hingegen durch Pendelleuchten erhellt. Aufgrund des knappen Budgets wurden diese von den Beteiligten selbst mit einfachen Mitteln hergestellt: Auf runde, gelb lackierte Holzfaserplatten montierten sie Leuchten, die diffuses Licht erzeugen.
Die Lichtplaner*innen von Studio De Schutter entwickelten für die Kita ein ausgewogenes Beleuchtungskonzept, das ästhetische mit funktionalen Gesichtspunkten verbindet. Dabei nutzten sie eine Kombination aus Tages- und Kunstlicht. Wesentliche Anforderung an die künstliche Beleuchtung war deren Blendfreiheit – auch aus der Perspektive der Kinder als wesentliche Zielgruppe. Für eine effiziente Grundbeleuchtung sorgen einfache Einbauleuchten. Statt einer einheitlichen Allgemeinbeleuchtung nutzten die Lichtexpert*innen verschiedene Lichtstimmungen je nach Bereich: In den Nischen sorgt eine indirekte Beleuchtung für eine ruhige Atmosphäre. Die Gruppenräume werden von den diffus leuchtenden Pendelleuchten erhellt, während im Bewegungsraum eine Langfeldleuchte entlang des Firsts Licht spendet. Hier wurde eine Lichtfarbe von 4000K gewählt, während in den weiteren Räumen eine wärmere Farbtemperatur von 3000K für eine behagliche Stimmung sorgt.
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Zentrale Lichtsteuerung
Um die vielen Lichtquellen einfach und effizient steuern zu können, wurden die Leuchten in Schaltgruppen unterteilt. Dadurch können Gruppen von Leuchten gemeinsam geschaltet und so auf einfache Weise verschiedene Lichtstimmungen erzeugt werden. So werden etwa die Einbauleuchten und die ringförmigen Leuchten in der Spieldiele unabhängig voneinander angesteuert. Dadurch kann die künstliche Beleuchtung je nach Tageslichteinfall angepasst werden.
Auch das Tageslicht wurde von den Beteiligten geschickt gelenkt und gebündelt: Die Dachfenster im Bewegungsraum können an sonnenreichen Tagen das künstliche Licht ersetzen. In der Spieldiele sind die Oberlichter mit gelben Scheiben abgeschlossen und erzeugen dadurch bei Tageslichteinfall einen warmen Grundton. Als spielerische Besonderheit wurden die Oberlichter in den Sanitärräumen mit dichroitischen Filtern versehen. Diese optischen Filter lassen nur bestimmte Wellenlängen des Lichts hindurch, sodass sich das einfallende Licht im Tagesverlauf von einem kühlen Blau zu einem zarten Rosa verwandelt. -si
Bautafel
Architektur: Arge MTTR Architekten + Stadtplaner und studioplus, Berlin
Projektbeteiligte: Studio De Schutter, Berlin (Lichtplanung); Elektroinstallation Wegner, Mittenwalde (Elektroinstallation); DBV Ingenieure, Berlin (Tragwerksplanung); KLW Ingenieure, Berlin (Brandschutz); Moll Akustik, Berlin (Akustikplanung); Arge Lavaland und Treibhaus (Landschaftsplanung); HolzbauArche Naturhaus (Holzbau)
Bauherr*in: Stadt Mittenwalde
Fertigstellung: 2023
Standort: Zum Mühlenberg 12, 15749 Mittelwalde-Töpchin
Bildnachweis: Andrew Alberts (Fotos); Studio De Schutter (Plan)
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