Kulturzentrum in Changzhou
Illuminierte Großform
Nordwestlich von Shanghai, nur wenige Kilometer jangtseaufwärts, liegt die industriell geprägte Stadt Changzhou, die bald fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählt. Das neue geschaffene Zentrum, zuvor durch Rathaus und Theater bestimmt, ist unlängst um einen Kulturkomplex ergänzt worden. Die Großform, die neben Kunstmuseum und Bibliothek auch ein Hotel, Büros sowie Einzelhandelsflächen birgt, ist nach Plänen des Büros von Gerkan, Marg und Partner (gmp) entstanden. Als Landmarke ist das monumentale Ensemble aus sechs Baukörpern dabei nicht nur tagsüber weithin sichtbar, sondern erstrahlt dank seiner eindrucksvollen Illumination auch des Nachts.
Gallerie
Ein Wasserlauf durchfließt das 17 Hektar messende Grundstück in einem künstlichen Canyon, durch den zugleich eine Verbindung zwischen den kommerziellen Nutzungen im Untergeschoss geschaffen sowie der Zugang zum nahegelegenen U-Bahnhof gestattet wird. Darüber thronen sechs Baukörper, die allesamt identisch aber gegeneinander verdreht sind und – entsprechend der ganz unterschiedlichen Programme – über einen je eigenen Eingang verfügen. Oberhalb der Erdgeschosse kragt jedes der 50 Meter hohen Volumen gleich einem Pilz aus, sodass das Ensemble den Stadtraum in einer spektakulären Geste beschirmt.
Baukörper, die zueinander kragen
Die beeindruckende Anmutung verdankt sich dem raffinierten Tragwerk. Ausgehend vom Carée der Stahlbetonkerne, die das Erdgeschoss eines jeden Baukörpers umgreifen, kragt eine Stahlkonstruktion zu zwei Seiten mit fast 40 Metern über die Diagonale aus. Druckbögen sind es, die die vertikale Last nach unten leiten, wohingegen die horizontalen Kräfte über die Decken des Auslegers in die Stahlbetonkerne übertragen werden. Nebst der effektvollen Erscheinung, die jeder der Baukörper von außen bietet, sind in den obersten Geschossen zugleich stützenfreie Ausstellungsräume wie auch Skygardens entstanden, die eine Fläche von 4.000 Quadratmetern einnehmen.
Aluminium, Glas, Naturstein
Die vertikal auffahrenden Fassaden, wie sie insbesondere den Perimeter der Anlage bestimmen, sind in Naturstein gekleidet, die im Bogen angeschnittenen Flächen hingegen mit gläsernen Fassaden versehen. Dass sich die Hülle gleichwohl einheitlich zeigt, ist der horizontalen Fassadengliederung mit ihren breiten Aluminiumlamellen zu verdanken, die die Kubatur der gekrümmten Hülle nachzeichnet und die Innenräume zugleich vor übermäßigem Sonneneintrag schützt. Kontrastieren diese Bänder bei Tageshelle mit dem dunkel anmutenden Glas, lassen sie nach Anbruch der Dunkelheit, wenn sie das Kunstlicht der Innenräume reflektieren, die Baukörper erstrahlen.
Elektro: Leuchtendes Ensemble
Da das Tageslicht durch die horizontalen Natursteinbänder reflektiert wird, kontrastieren sie aufs Deutlichste mit den Glasflächen, die durch den Schattenwurf der steinernen Lamellen noch zusätzlich verdunkelt werden. Nach Einbruch der Nacht findet sich die Wirkung hingegen durch die lineare Beleuchtung der gewölbten Glasfassaden umgekehrt. Der Effekt verdankt sich dabei steuerbaren LEDs, die in die Metall-Lamellen der Glaswölbungen integriert sind, während die Natursteinfassaden durch Lichtstelen angestrahlt werden. Zugleich steht für die wöchentlich abgehaltenen öffentlichen Veranstaltungen ein besonderes Feature zur Verfügung: Indem die lineare Beleuchtung der Wölbungen farbig animiert wird, können Projektionen und Spiegeleffekte zum Einsatz kommen, sodass die Innenfassade zum gigantischen Screen wird. -ar
Bautafel
Architektur: gmp Architekten, Hamburg/Berlin/Aachen/Peking/Shanghai/Shenzhen/Hanoi
Projektbeteiligte: WES LandschaftsArchitektur, Hamburg u. a. (Landschaftsplanung); schlaich bergermann partner, Stuttgart u. a. (Tragwerksplanung); THUPDI, Beijing (Lichtplanung); SuP Ingenieure, Darmstadt u. a. (Fassadenberatung); Zhongnan Institute of Curtain Wall Design & Research, Hangzhou (Fassadenplanung)
Bauherrschaft: Changzhou Jinling Investment and Construction
Fertigstellung: 2020
Standort: Changzhou, Volksrepublik China
Bildnachweis: Schran Images; gmp Architekten
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