Theater und Kulturzentrum im chinesischen Wujin
Unterschiedliche LED-Beleuchtungen zur Inszenierung von Fassaden und Theater
Im Osten Chinas, wo der Jangtsekiang sich nach mehr als 6.000 Kilometern Reise anschickt, ins offene Meer zu münden, liegt die Provinz Jiangsu mit der Industriestadt Changzhou. Einer ihrer Stadtbezirke ist das rund eine Million Einwohner zählende, stark expandierende Wujin. Auf der Grundlage eines 2009 ausgelobten Wettbewerbes entstand dort mit dem 3,5 Hektar großen Lotus Park und dem so genannten Phoenix Valley ein neuer Erholungs-, Kultur- und Veranstaltungsort, der für die Bewohner der Stadt Tag und Nacht ein attraktiver und Identität stiftender Anziehungspunkt sein soll. Die Entwürfe für beide Projekte stammen von dem Architekturbüro studio505, das im australischen Melbourne seinen Sitz hat.
Gallerie
Ohne Furcht vor großmaßstäblicher Mimikry entwarf die Architekten für den Lotus Park drei bis zu 35 Meter hohe bunt schillernde Lotusblüten in den Stadien ihres Aufblühens und erweiterten damit das Raumprogramm des hier bereits ansässigen und in zwei Sockelgeschossen untergebrachten örtlichen Planungszentrums um lichtdurchflutete Konferenzsäle und Ausstellungsflächen. Der ein Hektar große künstliche See als Teil des Volksparks bringt die Blüten bildlich zum Schwimmen und reflektiert nachts das bunt farbige Licht, das die mit Mosaikfliesen verkleideten Blütenblätter illuminiert.
Ein künstlicher Wasserlauf neben dem See mündet – wiederum bildlich – über eine mehrspurige Straße hinweg im benachbarten Block in das so genannte Phoenix Valley, einen öffentlichen Außenraum mit geknicktem Verlauf zwischen sich wie eine geologische Formation auffaltenden Gebäuden. Die bis zu neun Geschosse hohen Baukörper bilden einen dreiseitig umschlossenen Block und beherbergen das neue Wijun Grand Theatre mit 1.000 Plätzen, einen Kinokomplex, Sporthallen und ein bildungsorientiertes Jugendzentrum für 4.000 Personen. An der offenen, der Straße und dem Lotus Park zugewandten Seite vervollständigt ein frei stehendes fünfgeschossiges Galeriegebäude das Ensemble. Sein mattgläsernes Kleid schimmert, einem Juwel nicht unähnlich, in der Dunkelheit .
Die zusammenhängende Gebäudeformation beginnt an ihrer niedrigsten Stelle mit dem zweigeschossigen Theaterfoyer, steigt über dem Theatersaal schräg an bis auf etwa fünf Geschosse für die rückwärtige Bühnenkonstruktion, knickt um 90 Grad und nimmt hier vier Kinosäle und darüber eine Badmintonhalle auf. Dann knickt sie erneut, um für das Jugendzentrum mit einem haushohen internen Luftraum wieder anzusteigen und die größte Höhe von neun Geschossen zu erreichen. Die Dachflächen sind zur Abdichtung und Regenwasserfiltration als Gründächer ausgebildet und mit solarthermischen und Photovoltaik-Analgen bestückt. Teilweise erstreckt sich die Begrünung auf die unregelmäßig geometrisierten Außenwandeflächen, die vorwiegend mit einem Patchwork vielfarbiger Paneele verkleidet sind.
Elektro/Gebäudetechnik
Während die Gebäudegruppe tagsüber von der kleinteiligen Farbigkeit
der wie nachlässig montiert wirkenden Wandpaneele geprägt ist,
erscheint sie nachts in einer präzise inszenierten
Beleuchtungschoreografie. Entlang der Kanten der vorgehängten
Paneele sind in die 75 oder 150 mm Distanzen mit LEDs bestückte
Lichtleisten verdeckt eingebaut und gegen die verputzte Dämmschicht
der Außenwand gerichtet. So erscheinen die verkleideten Fassaden
nachts wie ein leuchtendes Netz vor dunklem Grund. Das
Galeriegebäude hingegen leuchtet anders herum: Sein unregelmäßiges
Gitter zur Gliederung der vollflächigen Glasfassade zeichnet sich
dunkel vor dem großen, aus sich heraus leuchtenden Körper ab. Beide
Beleuchtungssysteme sind steuerbar und erzielen unterschiedliche
Farb- und Lichteffekte (siehe Abb. 9 + 10).
Das Innere des Grand Theatre erscheint zunächst frei von bildhafter Symbolik und beeindruckt durch eine üppige, mattweiß leuchtende Unterdeckenkonstruktion, die sich in Richtung Bühnenraum gestaffelt vor die Wände legt. Von bronzefarbenen Rahmen gefasst schmiegen sich großflächige, aus sich selbst heraus leuchtende Elemente unter die Decken und bilden zusammen mit den gekurvten, holzverkleideten Brüstungen der Logen und den geschwungenen Reihen violett bezogener Sessel einen Theatersaal, der an die 1920er Jahre in Europa erinnert. Die leuchtenden Decken- und Wandelemente können in die Choreografie des Bühnenbildes einbezogen werden und darüber hinaus Projektionsflächen für bewegte Bilder bilden. So kann neben dem traditionellen chinesischen Theater jede andere zeitgenössische Darstellunsgform zur Aufführung kommen.
Unterhalb der Lichtdecke hängt in einer etwa bühnenbreiten
Mittelzone eine Art moderner Kronleuchter aus hunderten LED-Röhren.
Sie sind in horizontaler Richtung angeordnet und haben spitz
zulaufende Stäbe, deren weich pulsierendes Leuchten eine festliche
Athmosphäre erzeugt.
Bautafel
Architekten: Studio 505, Melbourne
Projektbeteiligte: Gold Mantis, Suzhou (Innenausbau); Shanghai Construction Group, Shanghai (Konstrukteur)
Bauherr: Wujin District People’s Government
Fertigstellung: 2013
Standort: Wujin, Changzhou, China
Bildnachweis: John Gollings, Melbourne
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