Brandschutz in Justizvollzugsanstalten und geschlossenen Einrichtungen
Beuth Verlag, Berlin 2022.
2. überarb. u. erw. Auflage, 232 Seiten, Format DIN A5, broschiert
Preis: 64,00 EUR
ISBN 978-3-410-29432-0
Die Planung des Brandschutzes für Justizvollzugsanstalten und geschlossene Einrichtungen wie beispielsweise Haftkrankenhäuser und Forensik/forensische Psychiatrie ist keine alltägliche Aufgabe, mit Sicherheit jedoch eine Herausforderung. Unterschiedliche und widersprüchliche Anforderungen treffen hier aufeinander: die schnellstmögliche Entfluchtung bzw. Selbstrettung – und die Verhinderung eines unbeaufsichtigten Verlassen des Gebäudes, d.h. eines Ausbruchs. Wertvolle Unterstützung bei dieser spezifischen Planungsaufgabe bietet das Fachbuch Brandschutz in Justizvollzugsanstalten und geschlossenen Einrichtungen von Matthias Otto.
Die besonderen Bedingungen in Justizvollzugsanstalten und Bauten mit ähnlichen Anforderungen sind einerseits dadurch gekennzeichnet, dass die autonome Bewegungsfreiheit innerhalb der Gebäude stark begrenzt bzw. zumindest kontrolliert ist, andererseits muss im Brandfall eine ordnungsgemäße Entfluchtung und die Möglichkeit zur Selbstrettung gewährleistet sein. Zugänglichkeit, Fluchtwege, Steuerbarkeit und weitere Aspekte müssen mit der Musterbauordnung (MBO) in Einklang gebracht werden.
Innerhalb der MBO wie auch der jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) existieren zunächst keine „Erleichterungen” bzgl. des Brandschutzes für diese speziellen Bauwerke. Die Einordnung als „ungeregelte Sonderbauten” ermöglicht jedoch individuelle Lösungen. Hilfestellung außerhalb der Rechtsnormen bieten in wenigen Bundesländern Handlungsempfehlungen und Richtlinien für den Bau von Justizvollzugsanstalten und vergleichbaren Einrichtungen.
Zunächst gibt es eine Darstellung unterschiedlicher Formen des Justizvollzugs und der klinischen Unterbringung. Anschließend erläutert Matthias Otto grundlegende Begriffe wie geschlossener und offener Vollzug, panoptische Bauweise (die Überwachung der Gefangenen von einem zentralen Punkt in der Mitte der Haftanlage aus), die unterschiedlichen Sicherheitsbereiche einer Haftanstalt sowie gesetzliche bzw. baurechtliche Grundlagen. Detailliert widmet sich das Buch den Brandschutzanforderungen an einzelne Bauteile, insbesondere den Türen: als Ausbruchschutz erste Instanz, als Feuer- und Rauchschutz letzte Barriere. Ihre Funktion, Zuverlässigkeit und Belastbarkeit steht im Fokus – mechanisch wie auch brandschutztechnisch.
Ein wichtiger Aspekt ist die Bewegung von innen nach außen (d.h. die Entfluchtung). Interessant das Stufen-Konzept aus Nordrhein-Westfalen, die „Handlungsempfehlungen von NRW“: Demnach erfolgt der organisatorische Brandschutz in vier Stufen. Zunächst verbleiben die Insassen bzw. Patienten in nicht brandgefährdeten Bereichen in den Zellen bzw. Zimmern. Als zweite Stufe folgt eine horizontale Verlegung in brandsichereres Areal, als dritte Stufe die kontrollierte vertikale Verlegung in ein anderes Geschoss. Erst die letzte Stufe ist eine Evakuierung ins Freie. Die Vorgehensweise verdeutlicht die hohe Anforderung an das Sicherheitspersonal hinsichtlich strukturierter Abläufe, aber auch das Gefahrenpotenzial im Brandfall durch Aufstände und Meutereien, wie sie sich mehrfach im Ausland ereignet haben.
Ein anderer zentraler Aspekt ist die Situation von außen nach innen – d.h. der Ablauf für Rettungskräfte mit Personal und Löschfahrzeugen im Rahmen des abwehrenden Brandschutzes. Ein vielfach praktiziertes „Ein-Tor-System” (Zugang zur Einrichtung ist nur durch ein einziges zentrales Tor möglich) erschwert logischerweise die Arbeit der Rettungskräfte erheblich. Auch dieser Punkt stellt besondere Anforderungen sowohl an das Personal wie auch an die Rettungskräfte. Zufahrten, Aufstellflächen und dgl. erfordern eine intensive Betrachtung im Rahmen des gesamten Brandschutzkonzepts.
Das Buch schließt eine spannende Lücke innerhalb des
Marktsortimentes. Inhaltlich fundiert und umfangreich, sind Format
und Layout allerdings optimierbar. Das komprimierte A5-Format ist
wenig praktisch: Tabellen über mehrere Seiten erschweren die
Lesbarkeit, das gleiche gilt für die Qualität der Grafiken und
Abbildungen. Es bleibt nichtsdestotrotz eine unbedingt
empfehlenswerte Lektüre.
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