Umbaukultur – Für eine Architektur des Veränderns
Druckverlag Kettler, Bönen 2022
2., erweiterte und grundlegend überarbeitete Auflage, 360 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Format 19 x 26 cm, Softcover
Preis: 38,00 EUR
ISBN 978-3-98741-010-9
Der Gebäudebestand in Deutschland, welcher nach 1945 errichtet wurde, macht knapp 38% der Bauwerke aus – und birgt ein enormes Energieeinsparpotenzial. Im Zuge der Klimadiskussion und der Notwendigkeit des 1,5-Grad-Ziels ist der Bausektor mit 35% Anteil am Energieverbrauch und 40% der Treibhausgasemmissionen eine entscheidende Stellschraube, die Welt auch für zukünftige Generationen lebenswert und lebensfähig zu gestalten. Die vorhandene Bausubstanz gerät zunehmend in den Fokus: Wie gehen wir wertschätzend und zukunftstauglich damit um?
Das Fachbuch Umbaukultur – Für eine Architektur des Veränderns impliziert im Titel „Kultur“ sowohl als ein vorhandenes Gut als auch den wertschätzender Umgang mit architektonischer Zeitgeschichte. Die unterschiedlichen Herangehensweisen werden in einer Sammlung von Texten von Marc Angst, Koenraad van Cleempoel und Bie Plevoets, Georg Giebeler, Christoph Grafe, Andreas Hild, Markus Jager, Andreas Müsseler, Muck Petzet, Tim Rieniets sowie Eva Stricker betrachtet.
Vor mehreren Dekaden war es Usus, Alt und Neu sowohl konstruktiv wie auch gestalterisch klar und deutlich zu trennen: die bekannte „Glasfuge“ zwischen Bestandsgebäude und einem modernen Anbau. Die unterschiedlichen Epochen sollten klar ablesbar sein. Gelehrt schon an den Hochschulen, umgesetzt in der Praxis und vielfach ausgezeichnet in Wettbewerben. Mittlerweile ist der Umgang mit dem Gebäudebestand – gerade aus der Nachkriegszeit – deutlich differenzierter. Wurde „damals“ noch das Ursprungsgebäude möglichst originalgetreu restauriert und durch ein Bauwerk in zeitgemäßer Architektursprache ergänzt, wird heute vermehrt das betrachtet, was „schon da ist“ – mit der Fragestellung, was es bedarf, heutigen (und vor allem zukünftigen) Anforderungen von Nutzenden, Technik und Aspekten der Nachhaltigkeit gerecht zu werden.
Auch wenn das Buch letzten Endes eine Sammlung von Einzeltexten ist – dies tut der Qualität keinerlei Abbruch. Ganz im Gegenteil: Spannend, die jeweiligen Gedanken und Betrachtungsweisen kennenzulernen, einander gegenüber zu stellen, Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede zu entdecken. Und sich schlussendlich – im besten Falle – seine eigene Vorstellung zu erarbeiten, wie eine „Umbaukultur“ in der heutigen und zukünftigen Zeit aussehen mag. Eines ist allen Texten gemein: die Wertschätzung des Gebäudebestands, gerade der Nachkriegsarchitektur. Die ausgewählten, beispielhaften Bauwerke sind inspirierend und weit abseits vielfach diskutierter und publizierter Objekte.
Der Schwerpunkt des Buches liegt auf einer konzeptionellen und architekturtheoretischen Fragestellung. Konstruktive, technische und insbesondere brandschutztechnische Aspekte werden nicht im Detail betrachtet, sind aber immer wieder ein integraler Bestandteil der Auseinandersetzung mit dem Bestand. Architekt Andreas Hild merkt an, dass heutige Bauordnungen, Verordnungen und Gesetze in erster Linie für den Neubau konzipiert und für Bestandsgebäude häufig kaum umsetzbar sind. Vielmehr gelte es, Neubaustandards zu hinterfragen – Brandschutzaspekte sind dabei explizit ausgenommen, denn die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer stehe an vorderster Stelle.
Ein ausgesprochen schönes Architekturbuch, das zu mehr
Wertschätzung im Umgang mit historischer Bausubstanz anregt.
Spannend wäre ein Folgeband, der die konstruktiven, technischen,
brandschutzrechtlichen und -technischen Aspekte betrachtet – und
auch dafür unterschiedlichste Herangehensweisen und Philosophien
präsentiert.
Inhalt:
- Umbau: eine neue Kultur des Bauens
- Die Gegenwart des Vergangenen – ästhetische und andere Strategien des Umbaus
- Über Kontinuität. Eine Fortsetzungsgeschichte der Architektur
- Aemulatio und das vom Inneren ausgehende Umbaukonzept
- Umbauen – Umgestalten – Umdenken
- Geliebte ungeliebte Peripherie
- Stadtumbau in Zeiten des Wandels
- Reduce / Reuse / Recycle
- Learning from K.118
- Bauen mit Bestand: das selbstverständliche Haus
- Umbauen als Weltaneignung
- Umbaukultur – 29 Projekte
Tipps zum Thema
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