Polymerbeton und Geopolymerbeton
Alternativen zu zementgebundenem Beton
Nicht nur Zement eignet sich als Bindemittel für Beton. Das beweisen Polymer- und Geopolymerbetone. Je nach Zusammensetzung, Hersteller oder Anwendungsgebiet sind auch die Namen Reaktionsharzbeton und Mineralguss geläufig. Sie geben einen Hinweis auf die nicht-hydraulischen Bindemittel. Einige Hersteller arbeiten außerdem daran, auch Alternativen zu den weiteren mineralischen Bestandteilen praxistauglich zu machen.
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Viele mögliche Zusammensetzungen
Konzeptionell betrachtet handelt es sich bei Beton zunächst einmal um ein Gemisch aus körnigen Bestandteilen und einem flüssigen, erhärtenden Bindemittel. Davon ausgehend geraten auch Alternativen zu mineralischen Rohstoffen in den Blick.
Unter dem Begriff Polymerbeton werden Baustoffe zusammengefasst, deren Zusammensetzungsprinzip und Eigenschaften denen von rein mineralischem Beton sehr ähnlich sind. Allerdings kann es sich bei den Bindemitteln und bei den Füllmaterialien – also quasi der Gesteinskörnung – um ganz andere Materialien handeln, die sich je nach Hersteller oder Anwendungsgebiet unterscheiden können.
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Bindemittel
Der Anteil der Bindemittel liegt in der Regel unter 20 Prozent, oft sogar bei 5 bis 15 Prozent. Als Bindemittel für Polymerbeton dienen härtbare Harze, sogenannte Reaktionsharze. Sie werden überwiegend auf Basis von Rohöl hergestellt. Üblich sind Epoxidharze und Polyurethane, ebenso wie ungesättigte Polyesterharze, die sich auch aus recycelten PET-Flaschen herstellen lassen. Diese Kunstharze bestehen aus mindestens zwei reaktiven Komponenten, dem Harz und dem Härter. Werden sie gemischt, entsteht eine Masse, die zu einem nicht weiter verformbaren, sprich duroplastischen Kunststoff erhärtet.
Geopolymere hingegen basieren oft auf Metakaolin, sprich kalzinierter Ton mit hohem Kaolingehalt. Ebenfalls infrage kommen andere Sekundärstoffe aus Industrie und Bergbau, die beispielsweise bei der Verbrennung von Mais- oder Reishülsen (Reishülsenasche), in der Produktion von Siliziummetall oder Siliziummetalllegierungen (Silikastaub) oder bei der Aluminiumgewinnung (Rotschlämme) anfallen. Auch Flugasche und Hüttensand eignen sich. Zu dieser reaktiven alumosilicatischen Komponente wird eine hochalkalische, aktivierende Lösung gegeben, zumeist ein Alkalihydroxid oder Wasserglas. Bei der anschließenden Reaktion bildet sich ein dreidimensionales alumosilikatisches Polymernetzwerk, sodass das Bindemittel erhärtet. Der Wortpartikel Geo soll auf die Ähnlichkeit dieser Polymernetzwerke zu geologischen Gesteinen und Mineralien hinweisen.
Füllmaterialien
Genauso wie bei zementgebundenen Betonen können die Füllmaterialien bei Polymer- und Geopolymerbetonen mineralisch sein. Bei diesen Gesteinskörnungen handelt es sich in der Regel um Kies, Sand, Split und Quarz, die in Steinbrüchen aus der Erde gesprengt oder aus Flussbetten oder von Stränden geschürft werden.
Zunehmend erforscht wird auch die Verwendung anderer Materialien. Die Körner von Wüstensand sind für herkömmlichen Beton zu fein und zu rund. Mit den Reaktionsharzen können sie allerdings zu Polymerbeton verarbeitet werden. Je nach genauer Zusammensetzung des Bindemittels kommen auch unterschiedliche, recycelte Füllmaterialien in Frage. Besonders wieder aufbereiteter Bauschutt, beispielsweise zerkleinerter Altbeton, ist für die Produktforschung von Interesse.
Eigenschaften und Einsatzgebiete
Durch das Reaktionsharz-Bindemittel erreichen Polymerbetone eine hohe Festigkeit. Dadurch lassen sich Betonbauteile wesentlich schlanker ausbilden – das spart Material. Außerdem binden diese Polymerbetone schneller ab und sind damit interessant für Sanierungsarbeiten an Straßen und Brücken, die oft in knapp bemessenen Zeitrahmen stattfinden. Das durch den Einsatz von Kunststoffen verringerte Gewicht ist interessant für auskragende Bauteile wie Balkone und Außentreppen. Hierbei ist auch von Vorteil, dass die glatten, porenarmen Oberflächen wetter- und wasserfest sind und unattraktiv für Algen und Moose.
Darüber hinaus sind Polymerbetone resilient gegen Säuren, Öl, Salze und Benzin. Das macht sie zu einem bevorzugten Material für Rohre und Rinnensysteme. Im Vergleich zu zementgebundenem Beton ist Polymerbeton elastischer und vermag Schwingungen zu dämpfen. Diese Eigenschaft ist interessant für Produktionsanlagen, insbesondere Maschinengestelle und Fundamente. Im südlichen Afrika werden bereits serienmäßig Wohnhäuser aus Polymerbetonblöcken gebaut. Diese Blöcke sind in Europa noch nicht zugelassen, allerdings existieren bereits Testgebäude, unter anderem in Frankreich und Deutschland.
Insbesondere geopolymerbasierten Betonen werden verbesserte Dauerhaftigkeitseigenschaften, wie zum Beispiel ein erhöhter Säurewiderstand, ein höherer Sulfatwiderstand oder eine verbesserte Hochtemperaturbeständigkeit zugesprochen. Da Polymere und Geopolymere in einem chemischen Prozess aushärten und ohne Zementklinker auskommen, benötigt ihre Herstellung viel weniger Energie als die von Zement – dieser wird bei Temperaturen von bis 1.450 Grad Celsius gebrannt.
Zulassung
Trotz vieler Vorzüge finden Polymer- und Geopolymerbetone nur begrenzt Anwendung in Europa. Die Herstellung von Reaktionsharzen und Geopolymeren erfordert spezielle Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen. Eine weitere Hürde ist die noch nicht abgeschlossene Standardisierung. Die aktuell angewandten Bewertungskriterien und Prüfverfahren orientieren sich nämlich an den Zusammensetzungen und chemischen Reaktionsprozessen von Normalzement. Um Alternativen zu hydraulischen Bindemitteln zuzulassen, müssen reaktionschemische und bindemittelspezifische Herstellungs- und Nachbehandlungsparameter Eingang in Standards und Prüfverfahren finden.
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