Laborgebäude E-Science Lab in Zürich
Sonnenblenden aus Travertin
Im Rahmen des Projektes Science City wird der Campus der ETH Zürich am Hönggerberg weiter ausgebaut. Mit ihm soll ein Hochschulareal entstehen, auf dem Forschen und Wohnen stattfindet, das aber auch zugänglich ist für die Öffentlichkeit. Den derzeit östlichen Abschluss bildet das E-Science Lab, ein Lehr- und Forschungsgebäude für Informatik. Als offene Plattform soll es nicht nur von Informatikern genutzt werden, sondern auch von Physikern, Chemikern, Biologen, Architekten und Ingenieuren.
Gallerie
Die Gewinner des zuvor ausgelobten internationalen Wettbewerbs Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle - letzterer lehrt auch an der ETH - haben eine geometrisch klare und strenge Box entworfen. Um ein Atrium als gemeinschaftlichen Kern gruppieren sich auf insgesamt sieben Geschossen mit einer Hauptnutzfläche von etwa 11.000 m² sechs Seminarräume, ein Hörsaal und rund 500 Arbeitsplätze. Diese können innerhalb eines Achsrasters von 1,20 m flexibel geschaltet werden. Das Raster tritt auch an der Fassade in Erscheinung, die sich wie ein steinernes Gitter gleichmäßig um alle vier Gebäudeseiten wickelt. Lediglich der Eingang und der Hörsaal sind rahmenartig aus diesem Raster herausgeschnitten und wirken wie übergroße Fenster. Im Gebäudesockel aus Sichtbeton, der sich halb in den Hang schiebt, befindet sich der Back-of-House-Bereich.
Wer bei einem Informatikgebäude an sichtbare Technik in Form von Multimediascreens, blinkenden LED-Anzeigen oder zur Schau gestellte Haus- und Energietechnik denkt, sieht sich gründlich getäuscht. Der hellbeige leicht gelblich schimmernde Travertin, der sowohl außen als auch innen verwendet wurde, weckt vielmehr Assoziationen an altehrwürdige Akademien, an Orte der Bildung und der Besinnung.
Sonnenschutz
Die Fassade setzt sich zusammen aus einer raumhohen Verglasung in
Pfosten-Riegel-Konstruktion, einer auskragenden Balkonplatte aus
Beton und senkrecht stehenden, ebenfalls raumhohen Blendschotten
aus Naturstein mit einem rahmenlosen gläsernen Geländer. Die
monotaktische Reihung dieser insgesamt 717 Blendschotten erzeugt
eine starke Rhythmisierung durch Licht und Schatten,
Einblick und gestaffelter Geschlossenheit. Die Ecken lösen sich
sehr elegant auf in einem offenen orthogonalen Wechsel.
Zur Ermittlung der Balkontiefe, der Schottendimension und dem Schottenabstand wurden im Vorfeld Beschattungsdiagramme für den feststehenden Sonnenschutz errechnet. Er besteht aus römischem Travertin, der gegen das Lager gesägt ist und dessen typische porenartige Löcher unverspachtelt und damit pur blieben. Je nach Geschosshöhe ist eine Steinscheibe 325 cm bzw. 365 cm hoch, 7 cm stark und 90 cm breit. Das Einzelgewicht beträgt zwischen 620 und 690 kg. Die Befestigung erfolgt über eine 4-Punkt-Halterung mit V4A-Ankern zwischen Beton und Travertin. Die Schotten sind seitlich 3,5 cm tief und 90 cm hoch geschlitzt, darin eingeschoben sind rahmenlose Glasbrüstungen, die auf Neoprenlagern dreiseitig mit Silikon verfugt sind.
Das Gebäude ist Teil eines energieeffizienten
Nachhaltigkeitskonzeptes, das die Energiebilanz des gesamten Campus
umfasst, und verfügt u.a. über eine Photovoltaikanlage auf dem
Dach. Es erfüllt darüber hinaus den Minergie-Eco-Standard, ein
schweizerisches Qualitätslabel für Energieeffizienz und
Ökologie.
Bautafel
Architekten: Baumschlager Eberle, Lochau
Projektbeteiligte: Implenia, Dietlikon (Generalunternehmer); Bruno Rissi, St. Gallen, Stucki, Hofacker und Partner, Zürich (Statik); Markus Zumbach, Flawil, Amstein Walthert, Zürich (Bauphysik); Lauber IWISA, Naters (Haustechnik)
Bauherr: ETH Zürich
Fertigstellung: 2008
Standort: ETH-Campus, Hönggerberg, Wolfgang-Pauli-Straße 27, Zürich
Bildnachweis: Susanne Junker, Berlin
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