Altstoffsammelzentrum in Feldkirch
Holzkonstruktion aus Bäumen des Stadtwaldes
Im Westen grenzt das österreichische Vorarlberg an Liechtenstein und die Schweiz. In diesem Grenzgebiet befindet sich mit Feldkirch auch die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes. Sie ist der Wohn- und Arbeitsort von Marte Marte Architekten, nach deren Plänen an zentraler Stelle ein Altstoffsammelzentrum errichtet wurde. Mehr noch als durch die umliegende heterogene Wohn- und Gewerbebebauung ist der Bauplatz geprägt durch die im Osten steil abfallende Felswand des Ardetzenberges. Davon etwas abgerückt schufen die Architekten einen gut neun Meter hohen, weitgehend geschlossenen Flachbau mit geschwungener Gebäudeecke, der mit seiner recht beträchtlichen Ausdehnung und der umlaufenden Holzbekleidung als Blickfang wirkt und sich doch harmonisch in die Umgebung einfügt.
Gallerie
In dem auffallend schlichten Bauwerk werden jährlich etwa 3.100 Tonnen Abfall mit rund 45 unterschiedlichen Abfallsorten getrennt und entsorgt. Bis zu 500 Kunden besuchen die Anlage an Spitzentagen. Dementsprechend hoch waren die Anforderungen, um logistisch reibungslose Abläufe zu gewährleisten. Dazu gehörten eine selbsterklärenden Wegeführung sowie angesichts der benachbarten Wohngebäude auch ein guter Schallschutz. Den Prozess der Abfalltrennung wollten die Planer sichtbar machen und entwickelten den Holzbau stringent aus seiner Funktion.
Zum Schutz vor Steinschlag wurde zunächst ein Betondamm gegen die Felswand gebaut. Von der westlichen Kapfstraße fahren die Fahrzeuge auf das Gelände und biegen dann linkerhand von Süden in die Halle ein. Eine Freifläche gegenüber der Einfahrt dient der Anlieferung von Grünmüll. Private Lkw und Pkw, die Altstoffe bringen oder abholen, durchqueren die Halle und verlassen sie nach Westen. Dort bildet ein seitlich andockender zweigeschossiger Büroriegel die ebenfalls überwiegend geschlossene Gebäudefront. In den gut einsehbaren Nischen der mit Oberlichtern ausgestatteten Halle sind die verschiedenen Container leicht zu finden. Die Zufahrt für die Lastwagen der Müllabfuhr befindet sich zwischen Gebäude und Schutzwall, markiert durch die südöstlich abgerundete Gebäudeecke. Insgesamt neun Abladebuchten mit abgesenkten Betonrampen ermöglichen ein rückwärtiges Anfahren der Lastwagen, die hier Be- und Entladen können, ohne die Abläufe in der Halle zu stören.
Schmale, vertikal angeordnete Lärchenholzlatten bilden die Fassade des Gebäudes. Auch die großen Schiebetore der Ein- und Ausfahrt sind mit einer solchen Holzlattung ausgestattet. Die Grundfläche der Anlage (inkl. Hallenbereich, Kundenparkplätzen, Zu- und Abfahrt sowie Außenbereich zur Grünmüllabgabe) beträgt 3.875 Quadratmeter.
Nachhaltig Bauen
Das Altstoffsammelzentrum ist in
Holzbauweise auf einem Fundament aus Stahlbeton errichtet.
Zugunsten der Bewegungsfreiheit wurde sowohl die Anzahl der Stützen
minimiert, als auch auf aussteifende Elemente und Windverbände
verzichtet. Durch kreuzförmig verleimte und in Stahlfüße
eingespannte Brettschichtholz-Stützen gelang es, die großen
Spannweiten von 12 Metern zwischen den Stützen zu überbrücken. Die
sogenannten Gabelstützen gewährleisten die Steifigkeit in zwei
Richtungen. Die Knoten der Fachwerke bestehen aus Stahl und sind
mit diagonalen Zugstreben ausgesteift. Auf den Fachwerkträgern aus
Fichte liegt eine Brettstapeldecke aus Vollholz.
Sämtliche Konstruktionshölzer (ca. 500 m³) bestehen aus unbehandeltem Fichten- und Tannenholz aus dem gemeindeeigenen Stadtwald. Die Transportwege waren daher kurz und der Energieaufwand samt dem damit verbundenen CO₂-Ausstoß gering. Holzschutzmittel wurden nicht eingesetzt. Die Oberflächen der Holzfenster und -türen sind geölt, genau wie die Möbel in den Büros. Die mächtigen Träger in der Halle sind aus Schichtleimholz (Fichte) gefertigt. Der verwendete Spezialleim ist biologisch abbaubar.
Das begrünte Flachdach ist mit 24 Oberlichtkuppeln ausgestattet, die für einen gleichmäßigen Tageslichteinfall sorgen und die Aufenthaltsqualität in der Halle erhöhen. An besonders dunklen Tagen kommen von der Decke abgehängte LED-Leuchten zum Einsatz. Für die Entsorgung von Problemstoffen gibt es eine spezielle Beleuchtung. Beheizte Räume werden mittels Nahwärme vom anliegenden Bauhof versorgt.
Bautafel
Architekten: Marte. Marte Architekten, Feldkirch
Projektbeteiligte: Schatzmann Ingenieure, Feldkirch (Bauleitung); M + G Ingenieure, Feldkirch (Tragwerk/ Infrastruktur); Kaufmann Zimmerei und Tischlerei, Reuthe (Holzbau)
Bauherren: Stadt Feldkirch
Fertigstellung: 2014
Standort: Kapfstraße 109, 6800 Feldkirch, Österreich
Bildnachweis: Marc Lins, New York/Berlin/Zuzwil
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