Weinkellerei Barco del Corneta in La Seca
Städtebaulich sensible Erweiterung mit einfachen Materialien
Ein weißes Papierschiffchen ist das Markenzeichen der Barco del Corneta, einer kleinen Kellerei, die für ihren in Eichenfässern gereiften Weißwein bekannt ist. Bereits seit geraumer Zeit war das familiengeführte Unternehmen auf der Suche nach einem Ort, an dem die Weine hergestellt und gepflegt werden konnten. Im Zentrum der kastilischen Stadt La Seca in Valladolid wurde es schließlich fündig: Zum Grundstück einer ehemaligen Weinkellerei gehört ein Wohnhaus, eine Weinpresse und ein alter Keller, in dem der Wein reifen konnte. Es fehlte einzig eine Halle für die Weinherstellung. Buho Arquitectos entwarfen sie mit einer kleinteilig strukturierten Dachlandschaft, die das Papierschiffchen zitiert.
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Eine Halle für die Weinkellerei
Zu Beginn war klar, dass die Fassreifung im vorhandenen Weinkeller stattfinden würde. Dafür musste eine Verbindung zwischen der Weinbereitungshalle und dem in den Felsen gegrabenen Kellerraum hergestellt werden. Zu diesem Zweck integrierten Buho Arquitectos einen Sichtbetonkubus, der bis zum Kellereingang fünf Meter abfällt. Hier sind die Zugangstreppe und der große Gabelstapler untergebracht, der für den Fasstransport benötigt wird. Das Hauptproblem, das es zu lösen galt, war die Integration des Industriegebäudes in das kleinmaßstäbliche städtische Umfeld. Zugleich sollte der Neubau Platz bieten für die Hauptarbeiten der Weinkellerei: Annahme der Trauben, Kelterung, Gärung, Reifung, Abfüllung und Lagerung des Weins mit einem zusätzlichen Verkostungsbereich sowie Büros, Toiletten und einem Laborraum – und das alles auf nur 300 Quadratmetern. Die Lage des Gebäudes wurde auf den Standort der ehemaligen Weinkellerei und die Verbindung zu den unterirdischen Kellerräumen abgestimmt. Das Gebäudeinnere wirkt geräumig, da außer im Bereich der Toiletten und des Installationsraums auf Trennwände verzichtet wurde. Die übrige Anordnung der verschiedenen Funktionen wird durch das Dach bestimmt.
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Raumdefinierendes Dach
Die Dachfläche der Weinkellerei ist in mehrere kleine,
unterschiedlich geneigte Ebenen unterteilt. Komplett in weiß
gestaltet, heben sie sich von den umstehenden Bauernhäusern ab und
fügen sich gleichzeitig volumetrisch in den Kontext ein. Diese
Entwurfsentscheidung hatte drei Gründe: Erstens konnten auf
funktionaler Ebene verschiedene Arbeitsbereiche im Innenraum
definiert und entsprechend belichtet werden, ohne den Raum zu
unterteilen. Zweitens fügt sich das Gebäude mit seinen Abmessungen
und der kleinteilig gegliederten Dachlandschaft störungsfrei in das
städtebauliche Gesamterscheinungsbild. Und drittens bildet die
Dachform symbolisch das Logo der Weinkellerei nach, sodass das
abstrahierte Papierschiffchen in dreidimensionaler Form auch von
den umliegenden Weinbergen und der Zufahrtsstraße aus zu erkennen
ist.
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Edelstahlfermenter und Holzkuben strukturieren den
Innenraum
Der Innenraum wird vom Ladehof aus durch eine große Schiebetür betreten. Im Zentrum des Gebäudes befinden sich die Edelstahlfermenter, die aufgrund ihrer Größe einen höheren Raum benötigen. Die ehemaligen Räume der Weinkellerei dienen nun als Verkostungsraum. Dieser wird durch eine nach Süden ausgerichtete Polycarbonatscheibe belichtet, die von der Überdachung des Anlieferungsbereichs im Ladehof verschattet wird. Auf einer kleinen Galerie befindet sich das Büro, von dem aus die Produktionsprozesse gesteuert werden. Die Toiletten und Umkleideräume sind in einem kleinen Holzkubus unter dem niedrigsten Teil des Daches untergebracht. Die Dachabsenkung vor dem zentralen Bereich der Fermenter ermöglicht die Öffnung eines rautenförmigen Fensters, das natürliches Licht in die Mitte des Raumes bringt. Da es nach Norden ausgerichtet ist, kann kein direktes Sonnenlicht einfallen und die Temperatur im Inneren beeinträchtigen.
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Thermische Konstanz dank günstiger Materialien
Für einen Weinkeller ist eine konstante Innentemperatur ohne größere Schwankungen unerlässlich. In den unterirdischen Räumen, in denen der Wein das ganze Jahr über reift, ist dies gegeben. Für die Konstruktion des Neubaus verwendeten Buho Arquitectos kostengünstige Materialien mit passenden thermischen Eigenschaften. Die Wände der Weinbereitungshalle sind aus Lehmziegeln errichtet und von innen sichtbar. Sie bieten eine ausreichende thermische Trägheit, um Temperaturveränderungen zu minimieren. Die Außenseite des Mauerwerks ist mit einer gespritzten Polyurethan-Dämmung versehen und mit weißem, fein geriffelten Wellblech abgedeckt, das die Sonnenstrahlung reflektiert.
Das Dach besteht aus vor Ort hergestellten Sandwichplatten mit einer Dämmschicht aus 20 cm Steinwolle. Weiße Wellblechpaneele bilden die äußere Schicht; die Innenseiten sind wahlweise mit OSB-Platten oder ebenfalls weißem Wellblech verkleidet. Die OSB-Platten markieren symbolisch die Silhouette des Papierschiffs, sodass diese auch von innen erkennbar ist. Das Wellblech soll an die Furchen des gepflügten Ackerlands der Umgebung erinnern. Der Betonboden ist mit einer Harzbeschichtung ausgestattet, die der häufigen Reinigung aus hygienischen Gründen standhält. Ihre hellblaue Farbe wurde in Anlehnung an das Weinetikett gewählt, auf dem ein auf dem Meer schwimmendes Papierboot abgebildet ist. Buho Arquitectos haben mit der Weinkelleren eine neue Art der Corporate Architecture geschaffen, welche die besten thermischen Eigenschaften aus kostengünstigen Materialien herausholt und sich zugleich dem historischen Kontext anpasst. -sh
Bautafel
Architektur: Javier Sánchez López von Buho Arquitectos, Valladolid
Projektbeteiligte: Pablo Rodríguez Rodríguez (Ausführungs- und Installationsmanagement); Gamaliel López Rodríguez (Strukturelle Berechnungen)
Bauherr/in: Barco del Corneta, Valladolid: Beatriz Herranz, Félix Crespo
Fertigstellung: 2020
Standort: C/ Carreventosa 7, 47491, La Seca, Valladolid, Spanien
Bildnachweis: Rubén Hernández Carretero, Morales del Vino / Javier Sánchez López, Valladolid
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