Gemeinde- und Schulbauten in Neuvecelle

Auffrischung des Ortsbildes in Holz und Beton

Eingebettet in die sanft ansteigende voralpine Gebirgslandschaft am Südufer des Genfer Sees, befindet sich die französische Gemeinde Neuvecelle. Das einheitliche Ortsbild ist geprägt durch freistehende Häuser, kleine Häusergruppen, wenige Reihen- und Zeilenbauten. Sie haben zumeist nicht mehr als drei Geschosse, ihre Sattel-, Walm- und Zeltdächer besitzen eine geringe Neigung mit traditioneller Ziegel- oder Schieferdeckung in patinierten Rot-, Braun- und Grautönen. In dieses lockere Siedlungsgefüge implantierte das Pariser Architekturbüro PNG in Zusammenarbeit mit den Architekten Julien Boidot and Emilien Robin ein Ensemble von Schul- und Gemeindebauten.

Gallerie

Ein Kindergarten mit Hort, eine Grundschule, eine Schulmensa, eine Bibliothek, eine Kinderkrippe und eine Turnhalle reihen sich wechselseitig entlang eines überdachten Weges, der flankiert ist von Spiel- und Pausenhöfen, Grünanlagen und Böschungen. Die Turnhalle ist auf einer in den Hang geschobenen Parkebene errichtet. Das Gebäudeensemble zeigt sich inspiriert von traditionellen Bauformen der Gebirgsregion und fügt sich wie selbstverständlich in den landschaftlichen Kontext. Dabei ist die Materialität im Zusammenspiel mit den offen konzipierten Räumen entschieden zeitgenössisch.

Gebäudefamilie – interaktiv und divers

Acht Häuser, wovon ein Teil bestehende Gebäude erweitert, sind verstreut, ähnlich einem Schachbrett angeordnet. Die Architekturschaffenden entwickelten eine Typologie und Gebäudegröße, die nicht heraussticht und erzielten optischen Zusammenhalt durch eine Art „Familienähnlichkeit”.

Die verschiedenen Bildungseinrichtungen sind so zueinander angeordnet, dass sie Interaktion und Austausch fördern: Zwischen Innen- und Außenräumen ebenso wie mit der Umgebung. Eine öffentliche, teils witterungsgeschützte Passage von Osten nach Westen führt die Nutzungen zusammen und vernetzt sie mit dem Umfeld. Durch die versetzte Anordnung entstehen differenzierte Freibereiche, Patios und windgeschützte Höfe. Südlich ist eine Böschung mit terrassierten Gärten, Tribünen und Rutschbahnen gestaltet, aber ebenso frei bespielbar. Durch die Fenster der Gruppenräume und von dem überdachten Pfad können die Vorschul- bzw. Kindergartenkinder ihre künftige Schule sehen und sich auch mal unter die Größeren mischen.

Respektvolles Weiterbauen in Beton und Holz

Die eher zurückhaltende Architektur ist so konzipiert, dass sie vielfältig nutzbar ist. Bei dem Bauensemble greifen vorhandene und neue Strukturen ineinander, einige neue Gebäude stützen sich auf bestehende: ein respektvolles, gleichsam erfrischendes Weiterbauen, das der gesamten Gemeinde zugutekommt.

Die Gebäude sind hybride Konstruktionen aus Beton und Holz. Für die Ober- und Dachgeschosse wurde vorrangig Holz eingesetzt, während erdberührte Gebäudeteile aus Beton bestehen. Die Turnhalle bildet den westlichen Abschluss des Ensembles. Ihr Sockelgeschoss mit den Parkplätzen ist betoniert und in den Hang gebettet, die Halle selbst eine luftige Holzkonstruktion mit Durchblick: Von der erhöhten Avenue de Milly im Süden erlauben große Verglasungen die Sicht durch die Turnhalle hindurch auf den Genfer See.

Turnhalle: Holzkonstruktion auf Betonsockel

Bei der Turnhalle handelt es sich um einen Holzständerbau. Er ist überspannt von Dreiecksbindern – schmalen Fachwerkträgern, die das weite und leicht geneigte Satteldach ausbilden. Sie lagern in relativ dichter Reihung abwechselnd auf schmalen Stützen und V-förmigen Verstrebungen, welche die Seitenwände oberhalb der Holzständer gliedern. Die konstruktive Untergliederung liegt auf gleicher Höhe wie die Einbettung der Turnhalle ins Gelände.

Der Kindergarten mit Hort bildet den östlichen Auftakt der Anlage; hierbei handelt es sich um eine Bestandserweiterung. Deutlich ablesbar ist dies in der ersten Hofanlage am zentralen Pfad: Die Gebäude wurden zur Hofseite erweitert, die bestehenden Satteldächer verlängert. Kennzeichnend ist der Materialwechsel auch bei der Dachdeckung (Abb. 7,8). Die Erweiterung erfolgte in Holzbauweise, die Anbauten sind dicht verwoben mit dem energetisch und akustisch ertüchtigten Bestand (Abb. 35).

Grundschule: Holzbau mit markantem Dach

Die Grundschule folgt auf den Kindergarten und ist wie dieser zweigeschossig. Sie ist in Holzbauweise mit einem Betonkern für die Erschließung errichtet und fällt als solitäres Bauwerk an zentraler Stelle und aufgrund ihrer Dachform auf (Abb. 3,4,9). An zwei Seiten begrenzt sie einen Hof, westlich befindet sich ein Grünraum, nördlich die Erschließungsstraße. Diagonal gegenüber, auf der Südseite des zentralen Weges, steht das Kantinengebäude mit Bücherei – eine Mischkonstruktion aus Holz und Beton (Abb. 38).

Das mit silbergrauem Metallblech gedeckte, sanft geneigte Walmdach der Grundschule ist aus Brettschichtholzträgern konstruiert. Anstelle eines Firstes sind zwei Sheds als Oberlichter eingebaut, die sich verschneiden, d.h. gen Osten und Westen öffnen. Die Dachkonstruktion ist einsehbar: Zwischen den hohen BSH-Trägern sind hölzerne Akustikplatten angebracht, sodass im Zusammenspiel mit gelben Linoleumböden und sehr großen Schwingflügelfenstern eine freundliche Atmosphäre in den Klassenräumen gegeben ist. -us

Bautafel

Architektur: Atelier PNG, Paris mit Julien Boidot, Paris und Emilien Robin, Fourmies
Projektbeteiligte:
L'Atelier des Cairns, Jérémy Huet (Landschaftsarchitektur); Vessière, Bernard Schmitt, Johann Sikora, Gwenola Hage (Statik); Thermibel, Jean-Yves Lecalvez, assistés d’Axiome (HLKS-Planung)
Bauherr/in: Commune de Neuvecelle
Fertigstellung: 2021
Standort:
64 Chem. de Chez Duret, 74500 Neuvecelle, Frankreich
Bildnachweis: Clement Guillaume

Fachwissen zum Thema

Brettschichtholz (BSH) besteht aus mehreren miteinander verleimten Brettern oder Brettlamellen.

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SWG Produktion Schraubenwerk Gaisbach. 2019: Tertiärtragwerk: Pfetten im Abstand der Knotenverbindungen des Sekundärtragwerks; Sekundärtragwerk: einfeldriges Strebenfachwerk mit Pfosten, innere Streben druckbeansprucht, äußere Streben zugbeansprucht; Primärtragwerk: 82 m langes und 3,8 m hohes, zweifeldriges Pfostenfachwerk mit Druckdiagonalen und Zugpfosten. Einzelspannweiten: 42 m (L) und 40 m; statische Höhe (H) entspricht dem Abstand der Schwerachsen von Obergurt und Untergurt H = 3,52 m – H / L = 1 / 12. Querkraftnulldurchgang liegt bei ca. 40% der Feldlänge vom Endauflager entfernt.

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Konstruktionselemente

Fachwerkträger und unterspannte Träger

Fachwerkträger sind ressourcenschonend im Vergleich zu Vollwand-BSH-Trägern. Mit Spannweiten bis 60 Metern bestehen sie aus Ober- und Untergurt, Streben oder Diagonalen und Pfosten.

In der Praxis sind Holzkonstruktionen heute meist Mischkonstruktionen verschiedener Bauweisen oder Hybride mit anderen Materialien wie Stahl oder Beton (im Bild: Geschosswohnungsbau in Wien, geplant von querkraft architekten und Berger + Parkkinen Architekten, Wien).

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Einführung

Holzbaukonstruktion heute

Kombiniert werden nicht nur unterschiedliche Konstruktionsweisen, sondern auch Materialien. Die Vorfertigung spielt eine große Rolle.

Dachträger aus Brettschichtholz kommen im Hallenbau häufig zum Einsatz.

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Konstruktionselemente

Träger allgemein und aus Brettschichtholz

Wie bei Tragwerken aus Beton oder Stahl bilden Träger im Holzbau sehr unterschiedliche Geometrien aus. Geradlinige BSH-Träger können mit Spannweiten bis 60 Meter hergestellt werden.

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