Glasvorbau am Bahnhof Straßburg/F
Gebogene Hülle aus kaltlaminierten Glasscheiben
Nach einem Entwurf des Berliner Architekten Johann Eduard Jacobsthal entstand zwischen 1878 und 1883 der Straßburger Bahnhof. Im Zuge der Neugestaltung des ehemals tristen Vorplatzes wurde auch ein neuer Glasvorbau errichtet. Er hat die Aufgabe, den eigentlichen Bahnhof mit der umgebenden Infrastruktur, bestehend aus Bus- und Tramhaltestelle, einer Tief- und Fahrradgarage sowie den Taxihaltestellen zu verbinden. Die Erweiterung war im Hinblick auf die gestiegenen Passagierzahlen aufgrund einer neuen, schnellen Zugverbindung zwischen Paris und Straßburg nötig geworden.
Gallerie
Seitens des Bauherren sollte nicht nur die Substanz des historischen Bahnhof erhalten bleiben, zu berücksichtigen waren auch Kriterien hinsichtlich der Kosten, der Transparenz, der Ästhetik, der Pflege und der thermischen Effizienz. Diese Anforderungen führten schließlich zur Entscheidung für den gläsernen Vorbau. Die Planung übernahm der französische Architekt Jean-Marie-Duthilleul, der die komplexe tordierte Gebäudeoberfläche in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro RFR entwickelte. Diese besteht aus einem 120 m langen, in der Mitte 25 m hohen und an den Enden 8 m tiefen Glasdach. Aus Gründen des Denkmalschutzes und der Erdbebensicherheit ist es nicht an den Bestandsbau aus dem 19. Jahrhundert strukturell angeschlossen. In einer sanften Krümmung schiebt es sich vor den Altbau und überkragt dessen Rand.
Das Primärtragwerk der Glaskuppel besteht aus 16 gebogenen
Hauptbögen, die in einem Abstand von 9 m angeordnet sind. Zwischen
den Trägern sind radial, im Abstand von 4,5 m, horizontale
Sekundärstreben, sogenannte Finkträger, angeordnet. Auf diesen sind
vertikal verlaufende T-Profile aus Stahl mit Aluminiumauflagern
montiert.
Glas
Etwa 6.000 m² misst die gesamte Hülle des Gebäudes. Sie
setzt sich aus einzelnen gebogenen Glaselementen mit Abmessungen
von 4,5 x 1,5 m in vier verschiedenen Biegeradien zusammen. Diese
wurden kaltverformt laminiert hergestellt. Für den Biegeprozess
wurden die zunächst ebenen Glasscheiben zu einem VSG-Element
geschichtet und auf einem dem jeweiligen Radius entsprechenden
Biegerahmen aus Stahl gelegt. An den kurzen Seiten wurde unter
Zuhilfenahme von Traversen das Scheibenpaket kalt verformt und
anschließend im Autoklaven gebacken. Durch diese spezielle
Biegetechnik des Laminierens lassen sich die beim thermischen
Biegen auftretenden Anisotropien vermeiden. Zudem erhält die gebogene
Oberfläche eine homogene und ebene Erscheinung.
Der Glasaufbau setzt sich zusammen aus 6 mm starkem, thermisch
vorgespanntem Weißglas mit doppeltem und deckungsgleichem
Siebdruck in weiß und schwarz, dann folgt eine
PVB-Folie mit integriertem Schutzfilm und dann
eine ebenfalls thermisch vorgespannte 6 mm dicke Glasscheibe mit
Low-E
-Beschichtung. Durch die Bedruckung erhalten die Gläser eine weiße
Außen- und eine schwarze Innenwirkung. Auf der Baustelle wurden die
Glasscheiben an den vertikal verlaufenden T-Profile befestigt. In
der Vertikalen wurden sie mit Pressleisten fixiert, die waagrechten
Stöße sind lediglich nass verfugt und bewirken damit eine vertikale
Struktur der Glashalle.
Bautafel
Architekten: Jean-Marie Duthilleul (AREP - Amenagement Recherche Poles d`Echanges), Paris
Projektbeteiligte: Didier Sinturel, Straßburg (Projektsteuerung); RFR, Paris (Tragwerksplanung); Francois Lagrange, Paris (Fassadenplaner); Seele, Gersthofen (Glasfassade)
Bauherr: Direction des Gares et de l’Escale (DDGE), Paris
Fertigstellung: 2007
Standort: 20 Place de la gare, Straßburg, Frankreich
Bildnachweis: Seele, Gersthofen (Fotografen: Matthias Reithmeier, Augsburg 1,4-6 und Dominik Obertreis, Althuette 7)
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