Fahrradparkhaus Strawinskylaan in Amsterdam
Filigrane Glasdachkonstruktion aus Verbundsicherheitsglas
Amsterdam gehört zu den internationalen, pulsierenden und
dynamischen Metropolen Europas und bietet mit seiner
abwechslungsreichen Club- und Kneipenszene, faszinierender
Architektur, kulturellem Reichtum und einem modernen Lebensstil
einen populären Ort für junge Menschen. In kaum einer anderen Stadt
der Welt wird so viel Fahrrad gefahren wie in Amsterdam. Das
städtische Netz von Fahrradwegen erstreckt sich über mehr als 500
km. Aktuellen Schätzungen zu Folge gibt es in Amsterdam ca. 880.000
Fahrräder – das sind 70.000 mehr Fahrräder als Einwohner. Da liegt
es auf der Hand, dass im Infrastrukturkonzept ausgeklügelte
Parkmöglichkeiten für Fahrräder entwickelt werden müssen.
Gallerie
Das 2018 an der Nordseite des Amsterdamer Südbahnhofs
fertiggestellte Fahrradparkhaus Strawinskylaan des
Rotterdamer Architekturbüros Wurck reagiert mit seinen 3.750
Stellplätzen auf diese Ausgangslage. Dieses gewährleistet eine
nachhaltige und komfortable Erreichbarkeit des Bahnhofs und trägt
gleichzeitig dazu bei, dass Fahrräder im Bahnhofsbereich nicht mehr
ebenerdig abgestellt werden müssen. Denn Teil der Entwurfsaufgabe
war es außerdem, die Qualität des über dem Parkhaus liegenden
öffentlichen Parks De Vijhoek zu verbessern. Das
Architektenteam plante diese Erholungszone als grünen Platz mit
Sitz- und Spielmöglichkeiten; Durch die Verlegung des Parkhauses in
den Untergrund konnte die oberirdische Parkfläche verdoppelt und
die parkenden Fahrräder aus dem Stadtbild eliminiert
werden.
Nutzerkomfort im Fokus
Das Fahrradparkhaus weist zwei
Eingänge mit unterschiedlichem Erscheinungsbild auf. Der
Haupteingang samt Rampe für die Fahrräder am stark befahrenen
Radweg der angrenzenden Hauptstraße ist durch eine markante
Glas-Stahldachkonstruktion geprägt. Getragen wird die Ganzglashülle
im Inneren durch baumförmige, feuerverzinkte und beschichtete
Stahlstützen, wobei die Glasebene auf einer stählernen, fünfeckigen
Honigwabenstruktur punktförmig aufliegt. Interessanter Nebeneffekt
dieser Konstruktionsweise sind die daraus resultierenden markanten
Schattenmuster auf den seitlichen Betonwänden. Der Fußgängerzugang
erfolgt separat über eine breite Treppe direkt gegenüber des
Bahnhofs. Über diese Wegführung durch eine Unterführung können
Reisende vom Bahnhof aus bequem das Parkhaus erreichen, ohne den
stark befahrenen Radweg kreuzen zu müssen.
Die Fahrradabstellanlagen Amsterdams sind in den letzten Jahren deutlich komfortabler geworden, was am Beispiel des Fahrradparkhauses Strawinskylaan deutlich wird. Die Anlage ist geschickt gelegen und dabei einladend und geräumig gestaltet. Die Deckenhöhe beträgt großzügige 3,30 m und ist damit 40 cm höher als die Mindestvorgabe. Der Mittelgang ist 7 m breit, was eine großzügige Wirkung erzeugt und einen reibungslosen Ablauf im Inneren fördert. Ein automatisches Fahrradleitsystem leitet die Nutzer zu freien Plätzen. Der unterirdische Empfangsbereich ist klimatisiert, sodass das Parkpersonal unter optimalen Bedingungen arbeiten kann. Radfahrende checken hier mit ihrer ÖPNV-Karte ein; innerhalb der ersten 24 Stunden ist das Parken kostenlos.
Modernes Beleuchtungskonzept
Das Fahrradparkhaus soll Bestandteil des öffentlichen Lebens
werden, sodass eine offene und helle Atmosphäre angestrebt wurde.
Neben dem Einsatz großzügiger Oberlichtelemente wurde der
Eingangspavillon so transparent wie möglich gestaltet, um möglichst
viel Tageslicht bis tief in den Untergrund zu leiten.
Neben der Ausnutzung des Tageslichts wurde auch dem Einsatz von Kunstlicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. So wurde am Eingangspavillon eine LED-Beleuchtung in die geometrisch filigrane Stahlkonstruktion der Pergola integriert. In Kombination mit der spiegelnden Oberfläche des Glases sorgt dies dafür, dass der Pavillon in den Abend- und Nachtstunden Licht nach außen strahlt und Blicke der Passanten auf sich zieht. Im Parkhaus selbst bestehen zwei Wände komplett aus satiniertem Glas, welche von hinten durch tageslichtsimulierende Lichtquellen beleuchtet werden. Das Glas ist zusätzlich durch ein dekoratives Muster aus Fünfecken geprägt und spielt so auf die Gestaltung der oberirdischen Parkanlage und der Pavillonkonstruktion an. Das Waben-Motiv spiegelt sich auch in der Decke des Empfangsbereichs wider, die mit zusätzlichen fünfeckigen Deckenleuchten ausgestattet ist.
Im Parkhaus wurde die Beleuchtung in die statische Struktur
integriert. Baumförmige Stahlstützen tragen hier abgehängte
Deckeninseln aus perforiertem Metall, die über den Abstellplätzen
schweben. Darunter verbirgt sich die Installationsebene samt
Lichtquellen, sodass das weiße Kunstlicht durch die perforierte
Metallfläche hindurchscheint. Zusätzlich werden die Ränder der
Inseln durch durchgehende LED-Linien konturiert.
Glasdachkonstruktion
Die tragende Konstruktion der schräg geneigten und 34 Meter langen Glasdachkonstruktion des Haupteingangs wurde durch insgesamt drei etwa 11 mal 4 Meter große vorgefertigte Segmente ausgebildet und modular auf den Stützenkonstruktionen montiert. Während die Konstruktion im Eingangsbereich noch 4 Meter hoch ist, fällt diese der Rampe folgend nach hinten auf 1,4 Meter Höhe ab.
Die Glaseinhausung wurde im Bereich der Überkopfverglasung mittels rechteckförmigen
Verbundsicherheitsglas aus 2 x 8 mm
teilvorgespanntem Glas realisiert. Die absturzsichernden
Seitenverglasungen sind ebenfalls aus Verbundsicherheitsglas mit
Glasdicken zwischen 2 x 10 mm und 2 x 12 mm ausgebildet. Stöße
zwischen den Verglasungen wurden mittels Wetterversiegelung
verschlossen. Die rechteckigen Horizontalverglasungen sind mittels
Punkthaltern auf der Stahlkonstruktion befestigt. Die
Seitenverglasungen sind im oberen Bereich durch Punkthalter
und entlang der unteren Horizontalkante linienförmig
gelagert.
Bautafel
Architektur: wUrck, Rotterdam
Entwurfsteam: Oriol Casas Cancer, Ernst van Rijn, Roeland Bornebroek, Edu Lamtara, Dirk Bots
Projektbeteiligte: Octatube, Delft (Glasdachkonstruktion); Lichtontwerpers, De Pol (Lichtdesign); ingenieursbureau Verhoeven en Leenders, Volkel (Tragwerksplanung); Goudappel, Deventer (Verkehrsplanung) Van Boekel, Zeeland (Generalunternehmer)
Bauherrschaft: Stadtverwaltung Amsterdam
Fertigstellung: 2018
Standort: Pr. Irenestraat 45, 1077 Amsterdam, Niederlande
Bildnachweis: Jan de Vries, Leusden; wUrck, Rotterdam
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
BauNetz Wissen Glas sponsored by:
Saint-Gobain Glass Deutschland