Ausstellungsgebäude in Bad Cannstadt
Sichtbeton mit vorgehängter Metallfassade
Mit einer metallisch schimmernden Haut zeigt sich das Ausstellungsgebäude Mahle Inside der gleichnamigen Firma an der Haldenstraße in Stuttgart-Bad Cannstadt. Mittlerweile mehrfach ausgezeichnet, ging der Bau aus einem Wettbewerb hervor: ungewöhnlich für einen privaten Bauherrn und erfreulich für das Architektenbüro Heinisch, Lembach, Huber aus Stuttgart, die den Wettbewerb für sich entscheiden konnten. Sie planten den leicht gedrehten polygonalen Baukörper als punktförmiges Gebäude an einer Ecke des Firmengeländes, wo Motorenkomponenten hergestellt werden. Kunden und Mitarbeiter erhalten in der Ausstellung Einblicke in das Herz des Unternehmens.
Gallerie
Insgesamt verfügt das Gebäude über eine Ausstellungsfläche von 1.200 m². Was von außen geschlossen und monolithisch wirkt, löst sich im Inneren in vier Ebenen mit eingeschnittenen Lufträumen auf, die zum Teil über das gesamte Gebäude reichen. Damit folgten die Planer in ihrem Raumkonzept dem Wunsch nach Transparenz und Blickbeziehungen über die Geschosse hinweg.
Das Erdgeschoss des Museums beherbergt einen Seminarbereich, einen Vortragssaal im Foyer, weitere Schulungsräume sowie einen großzügigen Versorgungsbereich. Schautafeln geben Auskunft zu Geschichte und Gegenwart des Unternehmens. Eine 15 m hohe Wand gegenüber des Eingangs zieht sich bis unters Dach und gibt den Blick frei auf einen gebäudehohen Luftraum. Graue Ortbetonwände und die gewaltigen Rippen der Deckentragstruktur prägen diesen Raum. Hinter einer glatten, weißen Wand verläuft eine schmale Treppe in die oberen Geschosse der Ausstellung. Erstes und zweites Obergeschoss sind durch vier Deckenöffnungen optisch miteinander verbunden. Die Decken sind abgehängt und weiß gestrichen. Auf der dritten und obersten Ebene scheint einem ein Formel-1-Rennwagen auf einer Rampe vom Oberlicht entgegenzufahren - Thema dieses Ausstellungsbereiches ist der Motorsport. Decke und Boden verjüngen sich an einer Seite der Ebene zu einem spitzen Winkel. Die extravagante Raumform soll die Dynamik des Rennsportes widerspiegeln.
Die Ausstellung ist kein öffentliches Museum mit festen Öffnungszeiten, kann aber auf Anfrage besichtigt werden.
Beton
Das Gebäude ist als Ortbetonkonstruktion hergestellt, die auf einer
Tiefgründung mit Ortbeton-Pfählen errichtet ist. Die einzelnen
Ebenen sind in unterschiedlichen statischen Systemen ausgeführt. So
konnte auf Stützen in den Ausstellungsräumen verzichtet und
unterschiedliche Raumhöhen umgesetzt werden. 70 cm hohe Rippen
prägen die Decke über dem Erdgeschoss. Als vorgespannte Fertigteile
reichen sie von Außenwand zu Außenwand, ihre Spannweiten betragen
durchschnittlich 14 m. Die dominanten Rippen gliedern den Raum,
sorgen für den gewünschten Industriecharakter und nehmen sämtliche
notwendigen technischen Installationen sowie die Beleuchtung in den
Zwischenräumen auf. Im Luftraum über dem Eingangsbereich laufen die
Rippen, deren Untersicht mit Metallpaneelen verkleidet ist, nach
außen durch. Die so entstehende Auskragung schützt die Besucher vor
dem Eingang vor der Witterung.
In den darüberliegenden Geschossen kamen Flachdecken mit sehr niedrigen, 1,25 m breiten Unterzügen zum Einsatz, mit denen die gewünschten Geschosshöhen eingehalten werden konnten. Die Geschossdecke über dem ersten Obergeschoss weist quadratische Öffnungen auf, deren Seiten verkleidet und weiß gestrichen sind. Die vierte Ebene ist über eine in die Dachdecke intergrierte Stahltraverse abgehängt. Diese ungewöhnliche Konstruktion belegt die Kreativität der Planer bei der Ausformung des Gebäudes. Besonders wichtig war ihnen der Industriecharakter des Ausstellungsgebäudes als Verweis auf die technischen Inhalte der Ausstellung. Aus diesem Grund sind die 30 cm starken Außenwände mit einer herkömmlichen Industriebaufassade aus Aluminiumlochblech mit unterschiedlichem Lochungsgrad verkleidet. Dazwischen ist eine 14 cm dicke Dämmung angeordnet. Die Paneele erzeugen eine homogene Hülle, die von tiefen und breiten Fugen strukturiert wird. Der tagsüber geschlossen wirkende Baukörper zeigt nachts die Öffnungen, die sich hinter den Lochblechpaneelen verbergen.
Aufgrund des begrenzten Budgets wurde der Beton nicht explizit
als Sichtbeton ausgeschrieben. Unebenheiten und
Farbunterschiede wurden akzeptiert und zum Bestandteil des
Konzeptes erklärt, das den rauen Beton in Kontrast mit den fein
bearbeiteten Metallteilen stellt. Die Architekten entschieden sich
für einen Standardbeton ohne besondere Anforderungen an die
Sichtbetonqualität. Bei der Ausführung erzielte dieser jedoch ein
außergewöhnlich gutes Ergebnis. Die ablesbare Schalungsstruktur
prägt jetzt die Oberflächen der Wände.
Bautafel
Architekten: Heinisch, Lembach, Huber, Stuttgart
Projektbeteiligte: Mayr, Ludescher, Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); Domico, Vöcklamarkt/A (Industriebaufassade)
Bauherr: Mahle, Stuttgart
Standort: Haldenstraße 18, Bad Cannstadt/Stuttgart
Fertigstellung: 2008
Bildnachweis: Heinisch, Lembach, Huber, Stuttgart
Fachwissen zum Thema
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