Begehbare Skulptur Sandworm in Wenduine
Struktur aus Weidengeflecht als Teil der Landschaft
An der Küste Westflanderns liegt das belgische Städtchen Wenduine direkt am Meer. Weiße Strände gehen dort nahtlos in eine sanft gewellte Dünenlandschaft über, die sich scheinbar endlos entlang der Nordsee erstreckt. In diese Umgebung setzte der finnische Architekt und Umweltkünstler Marco Casagrande eine organisch geformte, begehbare Skulptur aus Weidengeflecht. Die bauchig geschwungene Form des 45 m langen, 10 m breiten und ebenso hohen Gebildes passt sich nahtlos in die hügelige Landschaft ein – sie wächst gleichsam aus ihr heraus.
Gallerie
Sandworm lautet der Name der Struktur, die als Raum der
Stille und Meditation, aber auch als Ort der Begegnung dienen soll.
Ihre bauchige Hülle erzeugt eine Abfolge von weiten und engeren
Räumen, die feine Textur des Weidengeflechts ein wechselhaftes
Spiel aus Licht und Schatten. Besucher durchschreiten die Skulptur
auf einem an- und absteigenden Weg aus Sand. Wind und
Wellenrauschen sind zu hören, Ausblicke in die Umgebung eröffnen
sich nur am Anfang und Ende des Weges. Ein großes Loch auf halber
Strecke gibt den Blick zum Himmel frei.
Nachhaltig Bauen
Mit seiner Skulptur will Marco Casagrande ein Zeichen setzen:
Seiner Meinung nach richtet sich die architektonische Ordnung
häufig gegen die Natur und damit letztlich gegen die Architektur
selbst. Gebaute Umwelt sollte jedoch vielmehr zwischen Mensch und
Natur vermitteln. Der Sandworm steht beispielhaft für eine
„schwache Architektur“, eine vom Menschen geschaffene Struktur, die
durch Form und Materialität zu einem Teil der Natur werden will.
Zudem veranschaulicht er, wie sich mit einfachen Mitteln – nämlich
dem starken Bezug zum Standort und der Verwendung von natürlichen
Materialien – schöne Räume schaffen lassen.
Die Skulptur besteht aus Weidengeflecht, das mit Hilfe von Sand stabilisiert wurde. Für die Errichtung arbeiteten der Künstler und sein Team aus jungen Architekten vier Wochen lang mit Fachleuten aus der Region zusammen, die auf das Konstruieren mit Weidenholz spezialisiert sind.
Aufgrund ihrer Biegsamkeit dienen Weidenruten als traditionelles Flecht- und Bindematerial. Das Bauen mit Weiden gilt als relativ einfach: Weil die Bäume ein großes Bewurzelungspotenzial haben, bilden in den Boden gesteckte, geschnittene Weidenruten oder -äste schnell Wurzeln und treiben nach kurzer Zeit aus. Auf diese Weise lassen sich aus Weiden abstrakte Bauwerke errichten, die sich selbst stabilisieren, erhalten und begrünen. -cr
Bautafel
Architekten: Marco Casagrande, Casagrande Laboratory, Karjaa
Projektbeteiligte: Nikita Wu (Projektmanager); Jan Luksik, Jan Tyrpekl, Lukas Landa, Zuzana Hanuskova (Planungsteam); Karol Jaworski, Pawel (Fachmann für Weidenholzkonstruktionen)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2012
Standort: Wenduine, Belgien
Bildnachweis: Nikita Wu, Karjaa
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