Schulungsgebäude in Niestetal

Stromnetzunabhängige Energieversorgung mit erneuerbaren Energien

Ein Gebäude, unabhängig vom öffentlichen Stromnetz und ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben, das im Jahresverlauf mehr Energie liefert, als es verbraucht, forderte die Firma SMA für den Neubau ihres Schulungsgebäudes in Niestetal bei Kassel. Gleichzeitig wollte der Hersteller von Wechselrichtern für netzgekoppelte Photovoltaikanlagen und Inselsysteme den Seminarteilnehmern optimale und komfortable Raumkonditionen bieten - das Kasseler Architekturbüro HHS stellte sich dieser Herausforderung.

Gallerie

Als Standort wurde aufgrund der Nähe zum neu angelegten Haupteingang und zur Kantine die Überbauung einer bestehenden Parkplatzfläche gewählt. Weil diese sich aber im Überflutungsraum der nahegelegenen Fulda befindet, musste der Neubau kurzerhand auf Stelzen gestellt werden. Durch die Aufständerung trennen die Planer einerseits die Hauptnutzebene von den störenden Einflüssen des Parkplatzes und schaffen gleichzeitig attraktive Ausblicke in die Landschaft. Die Verbindung zum Boden besteht aus einem durchlaufenden Sichtbetonkern, der je nach Ebene als Eingang, Erschließung, Foyer bzw. Technikzentrale dient. Alle Räume für den Schulungsbetrieb befinden sich im Obergeschoss. Die vier Seminarräume bieten bis zu 120 Teilnehmern Platz. Für größere Veranstaltungen können zwei der Räume zusammengeschaltet werden. Das großzügige zentrale Foyer dient täglich auch als Pausenraum oder sporadisch für Empfänge und Abendveranstaltungen. Die Technikzentrale im Dachgeschoss wird gleichzeitig zur Demonstration des Energiekonzeptes genutzt.

Die Gebäudeform und -ausrichtung sind auf die großflächige Integration von Photovoltaik in die Dach- und Wandflächen entsprechend geplant und optimiert worden. Daraus ergab sich auch eine Drehung des Hauses aus den bestehenden Fluchtlinien des Parkplatzes nach Süden. Die konische Grundrissform, die unter dem Gebäude durchlaufende Parkplatzstruktur und die schräg gestellten Stützen vermitteln auch auf der Eingangsebene unter dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit.

Nachhaltig Bauen
Die Gebäudehülle wurde vorab mithilfe dynamischer Gebäude- und Anlagensimulationen hinsichtlich des Wärme- und Sonnenschutzes und der Tageslichtnutzung optimiert. Um den Energieeinsatz so gering wie möglich zu halten, liegen die U-Werte zwischen 0,12 und 0,15 W/(m²K). Auf der Nordseite bestehen die Fenster aus einer Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung, alle übrigen Fassadenöffnungen wurden mit einer Sonnenschutzverglasung ausgestattet. In der fast vollständig verglasten Südfassade befinden sich integrierte Solarmodule, die gleichzeitig den Wärmeeintrag begrenzen. Die im Planungsprozess neu entwickelte Fassade sorgt zudem für angenehmen Halbschatten und interessante Lichtspiele im Innenraum.

Die Seminarräume sind mit Heiz-/Kühlregistern in den Decken und einer Fußbodenheizung im Fensterbereich ausgestattet. Im Foyer ist eine Deckenheizung vorgesehen. Zusätzlich erhalten die Räume im Winter vorgewärmte Außenluft über Lüftungsanlage. Um eine Lüftung ohne Zugerscheinungen zu gewährleisten, wurden für die Seminarräumen eigens wandintegrierte Zuluftschächte entwickelt. Zur Kühlung im Sommer dient Grundwasser aus einem vierzig Meter tiefen Brunnen, das erst in die Wärmetauscher der Lüftungsanlage fließt und anschließend versickert.
 
Die Solarmodule in der Fassade und auf dem Dach des Gebäudes liefern den Großteil der benötigten elektrischen Energie. Zusätzlich können neun Photovoltaik-Nachführsysteme in der Nähe des Gebäudes bei Bedarf in das Inselnetz einspeisen. Ein biogasbetriebenes Blockheizkraftwerk erzeugt neben Heizungswärme ebenfalls Strom und gleicht damit den im Winterhalbjahr geringeren Ertrag der Solaranlagen aus. Die Wärme wird in einem zentralen Wärmespeicher gepuffert und ist so kontinuierlich verfügbar. Wird der vor Ort erzeugte Strom nicht direkt verbraucht, können Hochleistungsbatterien ihn zwischenspeichern. Diese könnten das Gebäude selbst bei vollem Seminarbetrieb fünf Stunden lang mit Strom versorgen. Mit den Batterien verbunden sind zwölf Wechselrichter, die das Inselstromnetz des Schulungsgebäudes steuern. Alle Maßnahmen zusammen haben das Schulungsgebäude zu einem Plusenergiehaus gemacht.
 
Das Energiekonzept ist direkt erlebbar und bietet ausgiebiges Anschauungsmaterial für die Schulungen. Nicht nur die fassadenintegrierte Solaranlage sticht sofort ins Auge, eine Glaswand im Aufgang gewährt einen Blick auf die Insel-Wechselrichtern und den dahinterliegenden Batterieraum. Dessen Beleuchtung verdeutlicht den aktuellen Ladezustand der Batterien: grün bei hohem, rot bei geringem Ladezustand. Zusätzlich erhalten die Besucher des Schulungsgebäudes einen Einblick in die Technikzentrale mit dem Blockheizkraftwerk und können sich auf einem interaktiven Computer-Display über das Energieversorgungskonzept informieren. Das Technikkonzept wird in den ersten Jahren des Betriebes überwacht und laufend optimiert.

Bautafel

Architekten: HHS Planer + Architekten, Kassel
Projektbeteiligte: Energydesign Braunschweig, Braunschweig (Energiekonzept, Bauphysik, Monitoring); IB Goldmann, Habichtswald-Ehlen (Tragwerksplanung); Imtech Teutschland, Kassel-Waldau (TGA); Lichtvision, Berlin (Lichtplanung); Neumann Krex & Partner, Niestetal (Brandschutz); Mann Landschaftsarchitekten, Kassel (Landschaftsarchitektur);
Bauherr: SMA Solar Technology, Niestetal
Fertigstellung: 2010
Standort: Sonnenallee 1, 34266 Niestetal

Baunetz Architekt*innen

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