Civic Centre für Limerick
Steinerne Lamellen
Im Mittelalter gehörte Kilmallock in der Grafschaft Limerick zu den wichtigsten Städten Irlands. Heute lässt sich ihre einstige Bedeutung nur noch an einigen steinernen Überresten ablesen: Ein Schlossturm sowie eine ins 13. Jahrhundert datierende Umfriedungsmauer und eine ehemalige Abtei bilden noch immer das historische Zentrum der heutigen Kleinstadt.
Gallerie
Auf dem Areal eines ehemaligen, 1841 errichteten Arbeitshauses,
haben die Dubliner Architekten Ahrends, Burton and Koralek - kurz:
ABK - ein neues Verwaltungszentrum in den Bestand eingefügt. Mit
dem Bau des Civic Centers an so zentraler Stelle im
historischen Zentrum erhält die Stadt einen neuen kommunalen und
kulturellen Standort, an dem die wichtigsten öffentlichen
Einrichtungen gebündelt werden. Neben den Büros für den Kreisrat
beherbergt das Civic Center auch das Bezirksgericht und die
öffentliche Bibliothek. Eine Umfassungsmauer hält die verschiedenen
Funktionen des Komplexes zusammen und schafft zugleich die
Verbindung zwischen neu und alt. Geschickt haben die Architekten
den Neubau in einzelne Segmente aufgelöst, und so selbst große
Volumen dem städtebaulich kleinteiligen Rahmen angepasst. Die neuen
Baukörper führen die Straßenfluchten der angrenzenden Stadthäuser
weiter und bilden zugleich vor der Gebäudeflucht ein
gepflasterter Hof, der alle Bereiche erschließt und den Stadtraum
erweitert.
Während Bibliothek und Verwaltung in dem Neubau Platz fanden, wurde
das Bezirksgericht im angrenzenden ehemaligen Arbeitshaus
untergebracht, an das der Neubau durch einen flachen Gebäuderiegel
mit steinernen Lamellen angeschlossen wurde. Erst im rückwärtigen
Bereich weist der Bau seine volle Höhe auf - mit gebührendem
Abstand zum historischen Gebäude. Obwohl der Gebäudekomplex bis zu
24 Meter tief ist, werden alle Räume natürlich belichtet. Der im
Innern des Gebäudes untergebrachte Service- und Wartebereiche sowie
die offenen Büroflächen erhalten Tageslicht über Obergaden (Fenster
im oberen Bereich eines höheren Gebäudeteils). Im Gegensatz zu dem
hohen Bibliothekstrakt, der sich mit einem großen
Lesefenster zur Stadt hin öffnet, treten die in dem flachen
Riegel untergebrachten Besprechungsräume der Verwaltung durch die
vorangestellten steinernen Blenden eher abgeschlossen in
Erscheinung. Der zusätzlich durch Oberlichter erhellte Leseraum der
Bibliothek soll, so die Architekten, der Stadt als „gemütliches
Wohnzimmer” dienen. Während das große Lesefenster mit seinen
Arbeitsnischen aus Walnussholz den Blick auf die Stadt freigibt,
öffnen sich die Lesenischen im rückwärtigen Teil der Bibliothek zum
angrenzenden Gerichtsgebäude.
Die Übergänge im Gebäude sind fließend und können immer wieder neu
definiert werden. Dies geschieht durch drehbare Wände, die als
Ausstellungsflächen zwischen dem Leseraum der Bibliothek sowie den
Wartebereichen der Stadtverwaltung zum Flanieren einladen. Während
des Tages erweitert dieser Bereich die Bibliothek, in den
Abendstunden kann er für Lesungen und andere Veranstaltungen
separat genutzt werden. Sind alle Räume zueinander geöffnet,
entsteht eine großzügige Raumabfolge, die für kulturelle Anlässe
gut nutzbar ist.
ABK Architekten haben den gesamten Gebäudekomplex konsequent
barrierefrei gestaltet - ihr Motto „Access for all” war
entwurfsbestimmend. Dementsprechend sind nun alle Bereiche
ebenerdig erreichbar. Für das denkmalgeschützte Arbeitshaus
bedeutete dies - nach Verhandlungen mit der Denkmalbehörde - eine
komplette Entkernung des einstmals mehrgeschossigen Gebäudes. Die
neue, zweigeschossige Eingangshalle soll nun mit ihren steinernen
Wänden und Böden ein „würdiges Vorzimmer” des Gerichtssaals bilden.
Dieser - rundum mit Walnussholz getäfelt und ebenfalls durch
Obergaden belichtet - steht in der Tradition der irischen
Gerichtssäle des 19. Jahrhunderts. Um dem Richter einen Ausgleich
zu der introvertierten Welt des Gerichtssaals zu verschaffen,
lassen die Architekten an das Richterzimmer einen „geheimen Garten”
nur für sie anschließen.
Mauerwerk
Das Gebäude ist geprägt durch den Wechsel von ruhigen, weiß
verputzten Wandflächen und großzügigen Fensteröffnungen. Der Neubau
wurde in einer Mischkonstruktion als Stahlbetonskelett mit
tragendem Betonsteinmauerwerk erstellt.
Die 21,5 cm starken Betonsteine sind aus GGBS-Beton (Ground
Granulated Blast Furnace Slag) gefertigt. Bei diesem Baustoff
handelt es sich um granulierte Hochofenschlacke, einem
Abfallprodukt der Stahlindustrie. Eine außen liegende Wärmedämmung
aus 13 cm starken WDVS-Platten sowie eine energetisch günstige
Ausrichtung der Glasflächen sorgen für eine gute Energiebilanz.
Bautafel
Architekten: ABK Architects, Dublin
Projektbeteiligte: Michael Punch & Partners, Dublin (Tragwerksplanung); Homan O’Brien Associates, Dublin (Gebäudetechnik); DLPKS, Dublin (Baukostenkalkulator); Brian McCarthy Contracting, Dublin (Bauunternehmen)
Bauherren: Stadt Kilmallock, Grafschaft Limerick
Fertigstellung: 2009
Standort: Kilmallock, Grafschaft Limerick
Bildnachweis: Christian Richters, Münster, ABK Architects, Dublin
Fachwissen zum Thema
KS-ORIGINAL GmbH
Entenfangweg 15
30419 Hannover
www.ks-original.de