Statische Scheiben aus Glas
Die ersten Bauwerke, bei denen die Scheibentragwirkung von Glas genutzt wurde, waren der Londoner Crystal Palace von Joseph Paxton und der nach seinem Erbauer genannte Kibble Palace in den Botanischen Gärten Glasgow. Doch erst die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte (Vorspanntechniken, Herstellung von Verbundsicherheitsglas) brachten die statische Nutzung von Glas voran. In modernen Glaskonstruktionen können Lasten nicht nur senkrecht zur Plattenebene, sondern auch in Scheibenebene abgetragen werden. Typische Beispiele hierfür sind Glasstützen, -balken und -schwerter. Aber auch zur Aussteifung wird Glas mittlerweile herangezogen. Damit übernimmt der Werkstoff nicht nur die Funktion der Sekundär-, sondern auch der Primärstruktur und trägt damit zur Transparenz und Leichtigkeit des gesamten Bauwerkes bei.
Gallerie
In den vergangenen Jahren wurden einige sehr interessante Glaskonstruktionen realisiert. Dazu gehören die Glastrichter des Besucherzentrums im Grazer Joanneumviertel, die Innenhofüberdachung im Berliner Reichstagspräsidentenpalais, die Glasbalkone am Willis Tower in Chicago und das Heliumdepot in Dresden; ein frühes Beispiel ist der Temple de l'amour nahe der französischen Gemeinde Avallon. Ausführliche Beiträge zu den genannten Bauten siehe Objekt(e) zum Thema.
Aufgrund der spröden Materialeigenschaft von Glas sind für dessen statische Anwendung unterschiedliche Lastabtragungsverhalten und ein verhältnismäßig hohes Schadensrisiko im Versagensfall in Betracht zu ziehen. Dies hat einen vergleichsweise hohen Aufwand in Planung und Bemessung zur Folge. Wichtige Bemessungskriterien sind die Lasteinleitung und die Stabilität einer Glaskonstruktion.
Abgesehen von Überkopfverglasungen und absturzsichernden Verglasungen gibt es zur Zeit
keine Regelungen bzw. Normen zur Bemessung von Tragelementen aus
Glas. Es ist geplant, dies in Teil 7 der Norm DIN 18008-7 Glas
im Bauwesen - Bemessungs- und Konstruktionsregeln (momentan im
Entwurf) zu regeln. Bis zur bauaufsichtlichen Einführung muss die
Verwendbarkeit von statischen Glaselementen über Zustimmungen im
Einzelfall (ZiE) nachgewiesen werden. In der Regel sind
dafür experimentelle Untersuchungen notwendig.
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