Fachwerkbauweise

Verbreitung, Eigenschaften und Konstruktion

In verschiedenen Regionen Deutschlands sind Gebäude in historischen Stadt- und Dorfkernen, aber auch abgelegene landwirtschaftliche Bauten in Fachwerkbauweise errichtet. Manche Orte sind aufgrund ihrer gut erhaltenen historischen Holzkonstruktionen berühmt (und als Film- und Fotokulisse begehrt) – so wie beispielsweise Monschau in der Eifel, Freudenberg im Siegerland, das hessische Marburg, Quedlinburg in Sachsen-Anhalt, Stade im Norden von Hamburg oder auch das fränkische Bamberg.

Gallerie

Bereits seit 2.000 Jahren sollen Bauwerke mit Fachwerk errichtet worden sein. Nicht nur in Europa, sondern weltweit, insbesondere in Japan und Nordamerika, sind Fachwerkhäuser als Vorläufer des Holzskelettbaus verbreitet. Die ältesten hierzulande erhaltenen Gebäude entstammen dem 13. und 14. Jahrhundert, die Blütezeit zog sich bis ins 16. Jahrhundert

Nicht nur Wohnhäuser und landwirtschaftliche Bauten, auch Burgen und Schlösser (Abb. 3, 11-13), Rathäuser, Kirchen und Klöster, Fabriken, Windmühlen oder Brücken wurden als Holzfachwerk errichtet. Das Konstruktionsprinzip ist mit einem deutlich geringeren Materialverbrauch verbunden als die (ältere) Blockbauweise, zugleich ermöglichte es mehr Geschosse und viel höhere Gebäude als die Holzständerbauweise.

Holztragwerk mit Ausfachung

Die hierzulande noch bestehenden Bauwerke sind überwiegend zwei- bis dreihundert Jahre alt und zeigen, wie dauerhaft eine solche Konstruktion sein kann. Weil Tragwerk und Ausfachungen eine Ebene und zugleich die Gebäudehülle bilden, lassen sich heutige bauphysikalische Anforderungen jedoch kaum umsetzen. Fachwerkbauten spielen daher vorrangig bei Sanierungen eine Rolle.

Begriffe und Materialien

Das Fachwerk als tragende Struktur besteht aus Holzbalken und -ständern, -riegeln und -streben, deren Zwischenräume die Gefache bilden. Diese sind oftmals mit Lehm (in Verbindung mit Stroh, Weidengeflecht, Holzstaken), seltener mit Naturstein oder Ziegelmauerwerk ausgefüllt, teils auch mit Kalkmörtel verputzt. Über die Jahrhunderte entwickelten sich handwerkliche Techniken und Ausführungsvarianten; es gibt große regionale Unterschiede und zahlreiche lokale Besonderheiten.

Die unteren horizontalen Balken werden als Schwelle (auch: Schwellenkranz) bezeichnet. Als Schutz vor dauerhafter Feuchteeinwirkung und Spritzwasser liegen sie meist erhöht auf einem steinernen Sockel, oder das gesamte Erdgeschoss ist ein Mauerwerksbau. Die Ständer (Wand- und Eckständer oder auch -stiele) bilden die vertikalen Elemente, dazwischen können horizontale Riegel angeordnet sein. Der obere, waagerecht durchlaufende Balken heißt Rähm. Diagonale Streben dienen der Aussteifung: zwischen Schwelle und Rähm bzw. vom Ständer zum oberen oder unteren Balken. Die Deckenbalken liegen auf dem Rähm (der auch als doppelter Balken ausgeführt sein kann), die Abstände der Ständer variieren ebenso wie die Verstrebungen. Eine gängige Bezeichnung für abgestrebte Kopf- oder Fußbänder, also Streben beidseitig des Ständers nach oben und unten, ist Mannfigur, bei einseitiger Strebe K-Figur, die Auskreuzung eines Gefachs heißt Andreaskreuz.

Abhängig von lokal verfügbaren Holzbeständen kam bevorzugt Eichenholz zum Einsatz, aber auch Nadelhölzer wie Fichte, Kiefer und Tanne. Die Verbindung der Holzelemente erfolgte zimmermannsmäßig durch Verblatten und Verzapfen, manchmal zusätzlich durch Nägel, Schrauben oder Bolzen. Der Übergang zwischen Holzbalken und Gefach stellt einen Schwachpunkt dar, er ist besonders witterungsanfällig. Bei historischen Gebäuden wurde die durch Schlagregen beanspruchte „Wetterseite” nicht selten mit einer vorgehängten Schiefer- oder Holzbekleidung geschützt.

Literatur: Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes (Hrsg.): Grundwissen moderner Holzbau - Praxishandbuch für den Zimmerer, Köln 2019; Götz, Hoor, Möhler, Natterer: Holzbau Atlas - Studienausgabe, München 1980; Peter Cheret, Kurt Schwaner und Arnim Seidel (Hrsg.): Handbuch und Planungshilfe Urbaner Holzbau: Chancen und Potenziale für die Stadt, Berlin 2014; Wolfgang Lenze: Fachwerkhäuser restaurieren - sanieren - modernisieren, Stuttgart 2016; Ekkerhart Hähnel: Fachwerkinstandsetzung, Berlin 2015

Fachwissen zum Thema

Der konstruktive Holzschutz greift auf den Erfahrungsschatz einer Jahrtausende alten Bautradition zurück. Für Holzhäuser in alpiner Region typisch sind weite Dachüberstände.

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Holzschutz

Allgemeines zum konstruktiven Holzschutz

Der konstruktive Holzschutz greift auf den Erfahrungsschatz einer Jahrtausende alten Bautradition zurück; heute zählen Energieverluste und Langlebigkeit.

Die Blockbauweise gibt es seit tausenden von Jahren. In bewaldeten, alpinen Regionen sind Blockhäuser recht häufig (hier ein Naturstammhaus).

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Holzbausysteme

Blockbauweise

Es handelt sich um eine der ältesten Bauweisen überhaupt: Kant- oder Rundhölzer (Vollholz) werden in horizontalen Lagen zu Wänden gestapelt und an den Ecken durch Versatz kraftschlüssig verbunden.

Traditionelle Dachformen in alpiner Region

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Grundlagen

Dachformen

Einige traditionelle Dachformen haben sich teils über Jahrhunderte bewährt und prägen Bauwerke auch heute. Andere sind eher rar und werden nicht selten zum Blickfang.

Aus der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit sind Überreste von Pfahlbauten erhalten, die eine frühe Holzbaukultur der Bodenseeregion und der Ostschweiz dokumentieren (im Bild: Unteruhldingen am Bodensee).

Aus der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit sind Überreste von Pfahlbauten erhalten, die eine frühe Holzbaukultur der Bodenseeregion und der Ostschweiz dokumentieren (im Bild: Unteruhldingen am Bodensee).

Einführung

Geschichte des Holzbaus

Nicht nur die Form der Bauteile hat sich gewandelt über die Jahrtausende, auch die Art der Fügung und Kombination mit anderen Materialien ist vielfältig.

Beispiel Skelettbauweise: House of Natural Resources auf dem Campus Hönggerberg der ETH in Zürich (2015)

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Holzbausysteme

Skelettbauweise

Weil das Tragwerk von der Hülle und dem Innenausbau des Gebäudes weitgehend unabhängig ist - es handelt sich um ein sogenanntes offenes Bausystem - ermöglicht die Skelettbauweise hohe Flexibilität.

Mit einem Versatz lassen sich schräge Druckanschlüsse ausführen.

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Verbindungen

Zimmermannsmäßige Verbindungen

Was im Handwerk eine lange Tradition hat, lässt sich heute auch maschinell herstellen: über Versatz und Verblattung, Zapfen und Schwalbenschwanz.

Bauwerke zum Thema

Die Aufgabe für den in Berlin ansässigen dänischen Architekten Sigurd Larsen bestand darin, in das Scheunenvolumen ein Musikstudio, eine Gästewohnung sowie ein neues Badezimmer einzufügen.

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Wohnen

Dortmannhof in Essen-Katernberg

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Den Umbau und die Sanierung des Dreiseithofes im hessischen Hainau (im Bild das ehemalige Wohnhaus, aufgenommen vom gegenüberliegenden Grundstück) plante der Mainzer Architekt Marc Flick.

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Sonderbauten

Hof Wendenius in Hainau

Das über 200 Jahre alte Ensemble aus Wohnhaus, Scheune, Remise und Werkstatt bietet nach einem Umbau Raum für Feiern und Erholung.

Die denkmalgeschützte Stegenmühle ist ein wichtiger Teil der Industriegeschichte in der Schweizerischen Gemeinde Wetzikon. Für die jüngsten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen zeichnen Moos Giuliani Herrmann Architekten aus dem benachbarten Uster verantwortlich.

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Wohnen/​MFH

Mehrfamilienhaus „Stegenmühle“ in Wetzikon

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde behutsam saniert und erhielt neue Röhrenheizkörper mit händisch geschweißten Aufputz-Stahlrohren.

Generalüberholt: Im Zuge einer energetischen Sanierung erweiterten Kast Kaeppli Architekten das denkmalgeschützte Fachwerkhaus in der Berner Jurastraße um einen modernen Anbau.

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Wohnen

Sanierung und Erweiterung eines Mehrfamilienhauses in Bern

Behutsame Bestandssanierung, kluge Raumplanung und ein zurückhaltender Anbau verwandeln das historische Fachwerkhaus in einen zeitgemäßen Wohnbau.

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Massivbauweise

Beim Waldorf-Campus in Berlin-Schöneberg (Kersten Kopp Architekten, 2018/2021), einem weitgehend aus vorgefertigten Bauteilen errichteten Holzbau, bestehen die Innenwände und Decken aus Massivholz.

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Welche Möglichkeiten bieten Elemente aus Brettsperrholz, die für Wände und Decken eingesetzt werden? Worauf ist im massiven Holzbau zu achten, welche Holzarten werden verwendet?

Fachwerkbauweise

Stark ausgeprägte Eichenholzbalken bei einem Fachwerkhaus aus Bilkheim (Ende 17. Jhd.)  im Freilichtmuseum Kommern / Nordrhein-Westfalen

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Viele historische Fachwerkgebäude haben sich über Jahrhunderte erhalten. Welche Kennzeichen sind charakteristisch für die Konstruktion?

Skelettbauweise

Beispiel Skelettbauweise: House of Natural Resources auf dem Campus Hönggerberg der ETH in Zürich (2015)

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Weil das Tragwerk von der Hülle und dem Innenausbau des Gebäudes weitgehend unabhängig ist - es handelt sich um ein sogenanntes offenes Bausystem - ermöglicht die Skelettbauweise hohe Flexibilität.

Blockbauweise

Die Blockbauweise gibt es seit tausenden von Jahren. In bewaldeten, alpinen Regionen sind Blockhäuser recht häufig (hier ein Naturstammhaus).

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Es handelt sich um eine der ältesten Bauweisen überhaupt: Kant- oder Rundhölzer (Vollholz) werden in horizontalen Lagen zu Wänden gestapelt und an den Ecken durch Versatz kraftschlüssig verbunden.

Tafelbau/Rahmenbau

Die Holzkonstruktion dieses Wohnhauses ist ein kombinierter Skelett- und Holztafelbau (Baugruppenprojekt 3XGrün in Berlin, 2011; Architektur: IfuH - Institut für urbanen Holzbau, Atelier PK, Roedig Schop Architekten, Rozynski Sturm Architekten).

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Diese Art der Wandkonstruktion ist in Mitteleuropa weit verbreitet: Sie ist materialeffizient und kann kostengünstig hochwärmedämmend ausgeführt werden.

Vorgefertigte Deckensysteme

Die Grundrissstruktur ist im Holzbau stark geprägt durch die Deckenkonstruktion (im Bild: Wohnblock Wylerpark in Bern; Architekt: Rolf Mühlethaler)

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Brettstapeldecke, Kastendecke, Brettsperrholzdecke: Was sind die Besonderheiten, welche Einsatzbereiche bieten sich an, wie aufwändig sind Herstellung und Einbau?

Holz-Beton-Verbunddecken

Holz-Beton-Verbund-System bei einem Dachgeschossausbau in Singen: Die vorhandenen Nadelholzbalken mit Spannweiten bis zu fünf Metern boten keine ausreichende Tragreserve, und die hohe Eigenschwingung der Decke musste beruhigt werden. Der Architekt löste die Probleme mithilfe des pumpfähigen Betons von Cemex Deutschland und dem Holz-Beton-Verbundsystem Elascon V-HB-S.

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Wenn Beton und Holzdecke schubsteif miteinander verbunden sind, entsteht eine statisch wirksame Höhe der gesamten Konstruktion. Die Materialeigenschaften beider Teile werden optimal genutzt.

Raumzellen

Beim Impulszentrum Reininghausgründe in Graz von 2004 (Architekt Hubert Rieß) wurden die Großraumbüros eines Gründerzentrums jeweils aus zwei Raumzellen zusammengesetzt, deren Decken einseitig auf Trägern und Stützen aufliegen.

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Gebaute Beispiele zeigen das Potenzial von Raumzellen: Die weitgehende Vorfertigung erhöht die Transportkosten, die Bauzeit aber ist kurz, die Ausführungsqualität hoch.

Neue Broschüre

Aktuelle Ingenieurholzbauten im Kontext von Projekt- und Stadtentwicklung werden im neuen Heft der Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V. beleuchtet. Jetzt kostenfrei herunterladen!

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