Mehrfamilienhaus „Stegenmühle“ in Wetzikon
Neue Heizungsanlage mit historischem Charme
Die Stegenmühle ist ein wichtiger Teil der Industriegeschichte der Schweizerischen Gemeinde Wetzikon nahe Zürich. Sie wurde bereits 1378 urkundlich erwähnt. Für die jüngsten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen zeichnen Moos Giuliani Herrmann Architekten aus dem benachbarten Uster verantwortlich. In dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus befinden sich nun neun Wohneinheiten, die – zur historischen Gebäudegestalt passend – mit neuen Röhrenheizkörpern und händisch geschweißten Aufputz-Stahlrohren ausgestattet wurden.
Gallerie
Das Stadtbild der Gemeinde Wetzikon wurde zur Zeit der Industriellen Revolution geprägt. Entlang dem Aabach und dem Kemptnerbach entstanden in dieser Zeit neue Siedlungen mit Fabrikgebäuden und Arbeiterwohnhäusern. Ein frühes Zeugnis dieser gesellschaftlichen Umwälzungen ist auch die Nutzung der Stegenmühle. Im oberen Stockwerk der einstigen Müllerei richtete der Unternehmer Heinrich Kunz im Jahr 1815 erste Spinnstühle für seine Angestellten ein. Ab 1857 – Kunz hatte in der Zwischenzeit mehrere Spinnerei-Fabriken errichtet – wurde das Gebäude als Wohnhaus für die Arbeitenden der Spinnereien genutzt. Als eines der ersten Bauten des Industrieensembles Aathal und als letztes heute noch erhaltenes Bauwerk des früheren Mühlenstandortes Stegen besitzt das Haus somit eine wichtige ortsgeschichtliche Bedeutung, weshalb es auch im ISOS, dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung, gelistet ist.
Behutsame Gebäudesanierung
Von Mai 2018 bis Juni 2019 wurde das äußerst
sanierungsbedürftige Bauwerk nun umfangreich restauriert, wobei
sich die Arbeiten vor allem darauf konzentrierten, möglichst wenig
optische Eingriffe vorzunehmen. So wurde das Fachwerk aufgefrischt,
die Fassaden gereinigt und ausgebessert, das Dach sowie teilweise
die Außenwände gemäß heutigem Stand der Technik gedämmt und mit dem
Original nachempfundenen Fenstern und Fensterläden
versehen.
Eine Auskernung des Bauwerks konnte nur durch den Einbau von Maisonette-Wohnungen verhindert werden, da die wohnungsinterne Decke keine Anforderungen an Schall- und Brandschutz erfüllen muss. So konnten die Decken mit ihren Verkleidungen erhalten werden, ohne die ohnehin geringen Raumhöhen noch weiter zu reduzieren. Ein neuer Kern aus Sichtbeton beherbergt die Nasszellen, Treppen und Installationen und gewährleistet zudem die Erdbebensicherheit. Die Wohnungen sind zwischen 45 und 120 Quadratmetern groß und verfügen jeweils über einen eigenen Hauseingang mit eigener Hausnummer. Auf den insgesamt vier Etagen in den Haupt- und Nebengebäuden ist eine Hauptnutzungsfläche von mehr als 780 Quadratmetern entstanden. Als geschützter Außenbereich dient den Bewohnern der historische Schuppen, der behutsam saniert wurde und bachseitig Öffnungen erhielt.
Mit viel Liebe zum Detail wurden die Innenräume mit ihren Stuckaturen, Wand- und Deckentäfelungen, Grisaille-Malereien und vielen anderen Elementen aus früheren Zeiten für die Nachwelt erhalten. Die neuen, weiß gekalkten Holzböden, die Zementfliesen in den offenen Küchen, die dunkelgrünen Fronten der Küchenschränke und die Arbeitsplatten aus Edelstahl, die die historischen Elemente ergänzen, verleihen den Räumen dennoch eine moderne und hochwertige Note.
Verbindung zwischen Alt und Neu
Vor der Sanierung beherbergte das Haus zehn ineinander verschachtelten Wohnungen, die keine zentrale Heizung besaßen. So war die Neuinstallation der Wärmeverteilung ein wichtiger Bestandteil der Maßnahmen. Im fertiggestellten Gebäude erfolgt diese nun von der Heizzentrale, einem Gasheizkessel mit Warmwassserbereitstellung, mit einer Vorlauftemperatur von lediglich noch vierzig Grad Celsius (durch die Dämmmaßnahmen ist keine höhere Temperatur mehr notwendig, was viel Energie einspart) über zwei Steigzonen im neuen Kern und geschweißte Aufputz-Stahlrohre zu den klassischen Radiatoren. Bei der Wahl der Heizkörper galt es, das Wohnraumkonzept wie auch die Ansprüche der Denkmalpflege zu berücksichtigen. Daher entschieden sich die Verantwortlichen für Röhrenheizkörper, deren Gestaltung bewusst an die Rippenheizkörper vergangener Tage erinnert. Die Bauweise hat zudem den Vorteil, dass sie überwiegend Strahlungswärme abgibt, die als besonders angenehm empfunden wird – im Unterschied zu Plattenheizkörpern, die die Luft über Konvektion erwärmen. Sowohl die insgesamt fünfzig verbauten Heizkörper als auch die vor den Wänden geführten Rohre wurden in der Sonderfarbe Hellgrau gefertigt, die exakt dem Ton der Wandvertäfelungen entspricht. So fügt sich die unverzichtbare Technik sowohl durch die Formgebung als auch die Farbe so wenig störend wir nur möglich in die historischen Räume ein. -tg
Bautafel
Architektur und Bauleitung: moos giuliani herrmann architekten, Uster
Projektbeteiligte: SJB Kempter Fitze, Eschenbach (Ingenieur); Amman + Schmid, Uster (Heizungsinstallateur); Zehnder, Gränichen (Hersteller Heizkörper; Modell Charleston)
Bauherr/in: HIAG Immobilien Schweiz, Zürich
Fertigstellung: 2019
Standort: Usterstrasse 88, 8620 Wetzikon, Schweiz
Bildnachweis: Silvano Pedrett Photography, Zürich
Fachwissen zum Thema
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