Verwaltungs- und Produktionsgebäude in Fellbach
Bauteilaktivierung zur Temperaturregulierung
Industriegrundstücke in der Region Stuttgart sind heiß begehrt. Dementsprechend kann die Stadt es sich erlauben, bei deren Vergabe auch gestalterische Vorgaben zu machen. Als sich die Leitung des in Fellbach bei Stuttgart ansässigen Unternehmens für Fertigungsmesstechnik Philipp Hafner entschied, den bisherigen Firmenstandort in Ortsmitte aufgrund mangelnder Erweiterungsmöglichkeiten aufzugeben, bot die Stadt der Unternehmerfamilie ein 1,4 Hektar großes Grundstück am Ortsrand – verbunden mit der Auflage, dort qualitativ hochwertige Architektur zu errichten. Der Bauherr entschied darüber hinaus, mit dem neuen Verwaltungs- und Produktionsgebäude die Vorgaben der geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) um zwanzig Prozent unterbieten zu wollen. Raumklima, Akustik und Beleuchtung sollten möglichst ideale Arbeitsbedingungen schaffen, die Ausstattung hochwertig sein.
Gallerie
Der 7.000 Quadratmeter große Stahlbetonbau nach Plänen von Gernot Schulz aus Köln (LPH 1-4) mit Gellink + Schwämmlein Architekten aus Stuttgart (LPH 5-9) vereint sämtliche Firmenbereiche wie Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Verwaltung unter einem Dach. Über annähernd quadratischem Grundriss erhebt sich der ein- bis dreigeschossige Baukörper mit einer Hülle aus silberglänzenden Aluminiumpaneelen. Einschnitte mit dunkel gerahmten Verglasungen setzen markante Akzente in der klar umrissenen Gebäudefigur.
Ein hoher Einschnitt an der Westseite markiert den
repräsentativen Besuchereingang – ihm gegenüber an der Ostseite
liegt der Eingang für die Mitarbeiter. Verbunden sind sie über
einen breiten Flur, die sogenannte Kommunikationsfuge:
Glastrennwände gewähren von hier aus Einblick in das Produktions-
und Entwicklungsgeschehen. Dieser offene Empfangsbereich verfügt
über Oberlichter und zwölf Meter hohe Wände, die in der
Qualitätsstufe 4 und damit sehr glatt verspachtelt wurden. Im
Kontrast zu den weißen Wänden stehen die schwarzen Fensterrahmen,
schwarze Treppenstufen und -geländer sowie rote
Polstermöbel.
Auf der Nordseite sind auf zwei Ebenen Verwaltungs- und Entwicklungsräume sowie ein Fitnessbereich und die Kantine angeordnet. Diese wird auch für Vorträge und Feiern genutzt. Das zweite Obergeschoss dient als Hausmeisterwohnung. Gen Norden öffnet sich die ansonsten eher geschlossene Gebäudehülle über große Fensterbänder zur Umgebung. Richtung Süden erstreckt sich der eingeschossige Produktions- und Montagebereich. Durch die unterschiedlichen Anforderungen an die Raumhöhe ergab sich ein keilförmiger Baukörper mit flach geneigtem Dach.
Heizung
Der Heizwärmebedarf des Gebäudes wird von einem Gas-Brennwertkessel mit einer Leistung von 400 kW gedeckt. Er ist in der Heiz- und Kältezentrale im Kellergeschoss des Verwaltungstrakts untergebracht. Dessen Beheizung erfolgt durch Bauteilaktivierung. Dazu wurden Rohrregister direkt in die Stahlbetondecken aus Ortbeton eingegossen. In den Rohren zirkuliert Wasser, das erwärmt wird, um die gewünschte Deckentemperatur zu erreichen. Der Wärmeaustausch zwischen der temperierten Betondecke und der Raumluft erfolgt größtenteils als Strahlung, die für ein behagliches Klima sorgt. Diese Art der Beheizung funktioniert im Zusammenspiel mit der Dreifachverglasung, einer großen Oberfläche der Decke sowie in Kombination mit einer mechanischen Belüftung. Weil es sich um ein träges Heizsystem handelt, können die Nutzer das Raumklima jedoch nicht individuell und kurzfristig verändern. Über eine sogenannte Change-Over-Schaltung lässt sich das Rohrsystem der Bauteilaktivierung auch zur Kühlung nutzen.
Der Produktions- und Montagebereich des Gebäudes wird durch eine Industrie-Fußbodenheizung erwärmt, die ebenfalls eine Kühlfunktion besitzt. Für die Beheizung der Hausmeisterwohnung musste nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) ein schnellregelndes Heizsystem gewählt werden. Installiert wurden profilierte Plattenheizkörper. Damit sich die Wohnung künftig umnutzen lässt, wurde sie ebenfalls mit einer Bauteilaktivierung ausgestattet.
Die Erwärmung des Trinkwassers erfolgt für die einzelnen Sanitärobjekte im Erdgeschoss und in den Obergeschossen dezentral über Durchlauferhitzer. Der WC- und Duschbereich sowie der Küchenbereich im Erdgeschoss erhalten aufgrund des erhöhten Verbrauchs warmes Wasser über ein Speicherladesystem aus einem zentralen Warmwasserspeicher im Heizkeller. Die benötigte Heizleistung wird mittels Vorrangschaltung und angehobener Kesselvorlauftemperatur des Gaskessels bereitgestellt. Der Speicher ist mit einem innenliegenden Legionellen-Prophylaxe-System ausgerüstet. Auf dem Dach wurde eine Photovoltaikanlage installiert.
Bautafel
Architekten: Gernot Schulz Architektur, Köln (Leistungsphasen 1-4 ); Gellink + Schwämmlein Architekten, Stuttgart (Leistungsphasen 5-9)
Projektbeteiligte: Alba Bauprojektmanagement, Stuttgart (Projektkoordination); Bollinger + Grohmann, Frankfurt/Main (Tragwerksplanung, Bauphysik); ZWP Ingenieur-AG, Köln (Planung Technische Gebäudeausrüstung); Smoltczyk + Partner, Stuttgart (Geologie/Baugrund); E+E Ingenieure, Fellbach-Oeffingen (Planung Brandschutz), Club L94, Köln (Freianlagenplanung); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Energiekonzept); Söhnle Großküchentechnik, Fellbach (Planung Küchen)
Bauherr: Hafner Immobilien, Fellbach
Fertigstellung: 2015
Standort: Blumenstraße 46, 70736 Fellbach
Bildnachweis: Brigida González, Stuttgart; Gellink + Schwämmlein Architekten, Stuttgart
Baunetz Architekt*innen
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
Buderus | Bosch Thermotechnik GmbH | Kontakt 06441 418 0 | www.buderus.de