Ulmer Münster
Klettergerüst mit 71 Metern Höhe
Schon seit der Grundsteinlegung im Jahr 1377 unter dem Baumeister Meister Heinrich II. Parler war der ambitionierte Bau des neuen Ulmer Gotteshauses auf Spenden angewiesen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Zwar ist die Finanzierung über die Kirchengemeinde, die Landeskirche, das Denkmalamt und eben Spenden für die ersten vier Jahre gesichert, aber die veranschlagte Gesamtsumme von 25 Millionen Euro noch lange nicht erreicht. Der im gotischen Baustil errichtete Ulmer Münster ist die größte Kirche Deutschlands, der 1890 vollendete, 161,53 Meter hohe Turm der höchste der Welt. Für seine Sanierung veranschlagen die Architekten, Restauratoren und Steinmetze, unterstützt von Mitarbeitern des Denkmalamts und unter Federführung des Münsterbaumeisters Michael Hilbert insgesamt zehn Jahre
Gallerie
Begonnen hat der Prozess 2015 zum 125. Jubiläum der Fertigstellung des Turmes. Innerhalb einer Dekade werden rund 2.700 Steine ausgetauscht und 1.800 restauriert. Drei Meter lang ist der Plan, der in Lila die auszutauschenden und in Gelb die zu restaurierenden Steine markiert. Um die Arbeiten am Turm selbst (auf rund 5.800 Quadratmetern Gesamtfläche) umzusetzen, arbeitet die Münsterbauhütte mit regionalen Gerüstspezialisten zusammen: Das bedeutet das Ineinandergreifen von Berechnungen und entsprechender Materiallieferungen auf kurzen Wegen und damit die Vermeidung vom Stillstand auf der Baustelle.
Je nach Restaurierungsbedarf kann die Arbeit an einem Stein
zwischen 150 und 350 Stunden verschlingen. Angesichts der 4.500
Steine kommt eine schwindelerregende Stundenzahl zusammen. Der
Blick auf die Vorgeschichte des Ulmer Münsters wirkt da
relativierend, denn insgesamt wurde daran über 500 Jahre
gebaut.
Gerüste und Schalungen
Den Turm hinauf klettert ein 71 Meter hohes Arbeits- und Schutzgerüst, an dessen Basis zum Münsterplatz
orientiert in sieben Metern Höhe eine Schwerlastplattform
installiert ist. Sie dient der Zwischenlagerung der bis zu 1,5
Tonnen schweren Steine. Das Gerüstsystem ist also auf eine sehr
hohe Verkehrslast von 15 Kilonewton pro Quadratmeter ausgelegt.
Zusätzlich musste bei der Planung berücksichtigt werden, dass unter
der Plattform ein Baucontainer sowie der südliche Münstereingang zu
überbrücken beziehungsweise freizuhalten waren.
Das Gerüst passt sich in 25-Zentimeter-Schritten flexibel an Last und Geometrie an – sowohl bei der Plattform als auch bei notwendigen Überbrückungen in 30 Metern Höhe. Kleinteilig-modulare Gitterträger werden angewendet, wenn die sperrigen Abmessungen einteiliger Träger den Einbau erschweren oder gar verhindern. Die wenigen leichten Bauteile überwinden ohne aufwändige Rohrkupplungsverbindungen Abstände von drei bis neun Metern. Wegen der kompakten Abmessungen und geringen Einzelgewichte lassen sich die Systemteile bei der Montage auch durch enge Mannlöcher und mit kleinen Lastenaufzügen transportieren – ein wichtiger Aspekt bei Sanierungsarbeiten im Altbau und auch für die Innenräume tauglich
Bautafel
Planer: Münsterbauhütte der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde (Münsterbaumeister Michael Hilbert), Ulm
Projektbeteiligte: Denkmalamt Ulm (Landeskonservator Michael Goer); Evangelische Münstergemeinde, Ulm; Mack, Nersingen (Gerüstbauunternehmen); Peri, Weißenhorn (3D-Planung, Standsicherheit, Gerüstmodule)
Bauherr: Münsterbauhütte der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde
Standort: Münsterplatz 21, 89073 Ulm
Fertigstellung: 2025 (geplant)
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn