Sanierung und Erweiterung: Wohnhochhaus in Regensburg
Neue Hülle mit fassadenintegrierter Photovoltaik für 1960er-Jahre-Bau
Die Nachkriegsjahre in Deutschland waren geprägt vom Wiederaufbau, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ganz konkret im Wohnungsbau. In vielen deutschen Städte entstanden damals hunderttausende Wohneinheiten, oftmals sehr effizient geplant und gebaut, mit aus heutiger Sicht einfachen, für damalige Verhältnisse jedoch komfortablem Wohnraum. In Regensburg etwa errichtete die städtische Wohnungsbaugesellschaft zwischen 1948 und 1971 rund 4.300 Wohnungen, darunter das 1967 fertiggestellte Hochhaus in der Alfons-Bayerer-Straße ganz im Westen des Stadtgebiets – zur Bauzeit noch in direkter Nachbarschaft zur Regensburger Pferderennbahn. Nach über fünfzig Jahren der Nutzung wurde das Gebäude nun energetisch saniert, erweitert und mit in die Fassade integrierter Photovoltaik ausgestattet.
Gallerie
Das 14-stöckige, freistehende Gebäude war mit Fassadenplatten aus faserverstärktem Beton verkleidet, die weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll entsorgt werden konnten. Die Aufgabenstellung der Bauherrin Stadtbau Regensburg, einer Tochtergesellschaft der Stadt, lautete dementsprechend, bei der Sanierung und Erweiterung die zukünftige Rückbaubarkeit der zu erneuernden Bauteile zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollte eine Lebenszyklusanalyse, eine Bewertung der Klimaresilienz sowie einer Komfortanalyse durchgeführt werden. Die Brandschutzvorschriften forderten außerdem einen zweiten Fluchtweg. Das mit der Aufgabe betraute Münchner Architekturbüro Studiomolter, das den vorausgegangen Wettbewerb für sich entscheiden konnte, verlegte das zweite Treppenhaus und einen zweiten Aufzug in den neuen Anbau. Durch diesen entstanden pro Geschoss drei weitere Wohnungen; somit finden sich auf jeder Etage nun sieben Wohneinheiten; 98 sind es insgesamt.
Gallerie
Rückbaubare PV-Fassade
Die neu gestaltete Fassade erfüllt nun die in der Aufgabenstellung geforderte Energieeffizienz und Rückbaubarkeit. Vor die erneuerte Dämmschicht setzten die Architekt*innen dünne, gewellten Fassadenplatten, die zu 92 Prozent aus recyceltem Aluminium gefertigt sind. Damit diese am Ende ihrer Lebensphase wiederverwertet werden können, sind sie leicht demontier- und sortierbar. Zusätzlich ist eine 770 Quadratmeter große Photovoltaikanlage fassadenintegriert installiert. Die PV-Paneele wurden speziell für dieses Bauvorhaben in der Farbe Champagner hergestellt, damit ihre mattierten Glasoberflächen mit den matt glänzenden Flächen des gewellten Aluminiums harmonieren. Je nach Lichteinfall reflektieren die Solarmodule und die vertikal ausgerichteten Wellbleche das Licht sehr unterschiedlich, wodurch die Fassade eine hohe Lebendigkeit erhält. Ergänzt wird das Fassadenbild durch horizontale Brandriegel aus hellem Beton. Der selbst produzierte Solarstrom wird von den Mieter*innen direkt genutzt. Um die Wohnräume besser mit natürlichem Licht zu versorgen und in den Übergangsmonaten einen höheren solaren Energieeintrag zu erzielen, wurden die Fenster und Balkontüren im Rahmen der Modernisierung deutlich vergrößert.
Gallerie
Die Ertüchtigung des Bestands, die bauliche Erweiterung und die energetische Sanierung erfolgte in einem interdisziplinären Planungsprozess zwischen der Bauherrin StadtBau Regensburg, dem Architekturbüro Studiomolter, dem Energieberatungsbüro Nemeth & Stopper sowie einer Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Rosenheim. Das Forschungsprojekt zur Untersuchung von Energiekonzepten auf Quartiersebene wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert. So ist es gelungen, das Nachkriegshochhaus in ein energieeffizientes Gebäude zu transformieren, das mit einem Anteil an erneuerbaren Energien von 65 Prozent ausgestattet ist. Sein Endenergiebedarf liegt bei 27 kWh/(m²a); die CO₂-Emissionen betragen 11,0 kg/(m²a). -tg
Bautafel
Architektur: studiomolter, München und StadtBau, Regensburg
Projektbeteiligte: Nemeth & Stopper, München (Energieberatung); Technische Hochschule Rosenheim (Forschungsprojekt); Asty Studio, München (CGI); Troiber Architekten FSA, Regensburg (Brandschutz)
Bauherr*in: StadtBau, Regensburg
Fertigstellung: 2023
Standort: Alfons-Bayerer-Straße 2, 93049 Regensburg
Bildnachweis: Herbert Scholz, Regensburg; Philipp Molter, München