Fenster, die als zu winzig, zu schmal, zu tief in einer Laibung
sitzend oder grundsätzlich irgendwie als hässlich und falsch
empfunden werden, werden oft als Schießscharten bezeichnet.
Umgangssprachlich wird der Ausdruck Schießscharten-Fenster
oder Schießscharten-Architektur besonders häufig als
Abwertung im Zusammenhang mit Fassaden verwendet. Vermeintliche
gestalterische Störungen werden als Abweichungen von
geschmacklichen Konventionen kritisiert. Schießscharten-Architektur
wird auch im Abriss-Atlas Berlin aus dem Mitte Rand Verlag
thematisiert.
Gallerie
Militärische Funktion
Schießscharte ist jedoch ursprünglich kein geschmacklicher,
sondern ein militärischer Begriff. In antiken und mittelalterlichen
Festungen, Burgen und Wehrtürmen dienten kleine Lücken und Schlitze
in den massiven Mauern als Öffnungen, aus denen heraus mit Pfeil
und Bogen, mit Armbrüsten sowie, je nach Entwicklung der
Waffentechnik, mit Gewehren geschossen wurde. Der Schütze stand
oder lag innenseitig in einer Nische mit einer trichterförmigen
Laibung, um wahlweise nach unten oder seitlich zu zielen. Er selbst
wurde durch die Mauer wie durch ein Schild für Angreifer geschützt.
Von außen war er nur durch die extrem kleine Öffnung und eine
nahezu technisch unmögliche Präzision zu treffen. Er blieb damit
sehr effektiv in seinen Aktionen und weitestgehend unsichtbar für
Angreifer.
Gallerie
In Varianten wurden diese Öffnungen auch als sogenannte
Pechnasen konstruiert, um beispielsweise heißes Pech, also Teer,
aber auch kochendes Wasser oder Öl über sohlbankartige Schrägen auf
die Angreifer hinabzugießen. Derartige Löcher in den Wänden der
Wehranlagen leisteten außerdem Aufgaben als Spähpunkte,
Beobachtungs- und Signalposten, als Lüftungs- und
Entrauchungsöffnungen.
Schon im Alten Testament werden die Befestigungsanlagen
beispielsweise von Jericho geschildert. Die biblische Erzählung der
Belagerung und Zerstörung Jerichos und ebenso die Geschichte des
Königs Zedekia und seine Gefangennahme durch die Babylonier bei
Jericho wurden vielfach in Gemälden, Zeichnungen und Stichen
dargestellt. Zwar gibt es keine bildlichen Belege, die die
tatsächlichen Kriegshandlungen und Befestigungsanlagen des antiken
Jerichos um etwa 587 v. Chr., so Datierungen der Zerstörung,
zeigen, doch die Künstler orientierten sich an den vorhandenen
zeitgenössischen Befestigungsanlagen, die sie in ihre Bilder
übertrugen.
Gallerie
Die Gemälde und Stiche aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, die
heute weltweit in Museen zu sehen sind, zeigen damit also eine
Collage aus Phantasie-Festungen, die sich als Imagination der
biblischen Beschreibungen und tatsächlich zu der Zeit vorhandenen
Festungen zusammensetzen und diese sozusagen in action
interpretieren.
Die Darstellung von Schießscharten unter anderem in
Raumschiffen, Weltraumstädten und Fantasy-Welten entspricht diesem
Prinzip. Legendär ist beispielsweise die Sequenz, in der es Luke
Skywalker, einem zentralen Charakter der Star-Wars-Saga, gelingt,
den feindlichen planetenartigen Stützpunkt durch den
unwahrscheinlichen, aber erfolgreichen Beschuss durch ein
minimales, kaum wahrnehmbares Loch als Schwachpunkt, nämlich durch
die Öffnung eines Ventilationsschachts, zu zerstören. Hier wird die
Schießscharte sozusagen à la David gegen Goliath umgedreht.
Typologie und Komplexität der Aufgaben
Nach typologischer Klassifikation sind Schießscharten
Lochfenster. Im geschichtlichen Rückblick erfüllten diese
Lochfenster erfolgreich eine ganze Reihe verteidigungstechnischer
und sogar bauphysikalischer Funktionen.
Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher, teils sogar
widersprüchlicher und damit höchst komplexer Aufgaben, die von
Fenstern geleistet werden müssen, sind deshalb Vorgaben, Regelungen
oder gar gesetzliche Vorschriften bezüglich Größe, Dimensionierung
und Anordnung äußerst schwierig. Faustformeln, etwa zum Verhältnis
der Verglasungsfläche zur Bodenfläche eines Raums, bieten nur
Näherungswerte und bedürfen der Überprüfung weiterer
Rahmenbedingungen im Gesamtzusammenhang eines Gebäudes.
-sj
Fachwissen zum Thema
Planungsgrundlagen
Aufgaben eines Fensters
Fenster sind Öffnungen in den Außenwänden eines Gebäudes als der äußeren Hülle sowie auch, wenn auch seltener, in inneren...
Fensterarten
Fenestella
Ursprünglich aus dem sakralen Kontext stammend, ist der Begriff für das Fensterchen als Sichtluke und Gucklock inzwischen weit gefasst.
Planungsgrundlagen
Tageslicht, Fenster und Wohlbefinden
Die Nutzung des Tageslichts durch Fenster ist einerseits ein bauphysikalisches Thema, andererseits sind physiologische, psychologische und medizinische Aspekte relevant.
Planungsgrundlagen
Verhältnis Fenster zu Raumvolumen
Insbesondere bei kleinem Wohnraum sind die Fenster relevant für das Wohlbefinden und erweitern zudem den Innenraum visuell.
Sie haben Laibung, Sturz und Sohlbank - aber keine transparente Öffnung. Welche Aufgaben erfüllen Blindfenster? Ein Überblick.
Chicago Window
Ein Überblick von der Erfindung zum Vorlaufer von Pfosten-Riegel-Verglasungen
Doppel- oder Kastenfenster
Eine der aufwändigsten Fensterkonstruktionen ist das Doppel- oder Kastenfenster. Schalltechnisch eine der günstigsten...
Einfachfenster
Einfachfenster besitzen Fensterflügel nur in einer Ebene und können mit einer einfachen Verglasung oder, wie heute häufig...
Erkerfenster
Kasten-, Polygonal- und Runderker: Sie vergrößern den Raum und lassen mehr Licht einfallen. Sonderformen sind Standerker und Bay Windows.
Expressionistische Sonderformate
Für Fensterformate sind zwar keine Standardgrößen definiert, doch sind rechteckige Konturen üblich. Umso ungewöhnlicher wirken Formen wie Dreiecke, Rhomben, Parallelogramme und Polygone.
Fenestella
Ursprünglich aus dem sakralen Kontext stammend, ist der Begriff für das Fensterchen als Sichtluke und Gucklock inzwischen weit gefasst.
Fenster
Fenster als Öffnungen in einer Wand verbinden Außen- und Innenraum, Öffentlichkeit und Privatsphäre, erlauben Ein- und Ausblicke....
Fensterband
Die meist waagerecht aneinandergereihten Fenster sind nur durch Rahmen, Pfosten oder schmale Blindfenster unterbrochen. Fensterbänder ermöglichen anpassungsfähige Raumteilungen.
Fensterwände
Eine Fensterwand ist ein aus mehreren Fenster- und/oder Türelementen bestehendes großflächiges Fassadenelement. Dieses wird in...
Festverglaste Fenster
Rahmen, Verglasung, aber keine Öffnungsflügel – so können festverglaste Fenster wesentlich größere Formate haben.
Fischblase
Dieses Ornament findet sich in Europa besonders oft in gotischen Maßwerksfenstern.
Fledermausfenster
Die Fertigung eines Fledermausfensters verlangt technisches Können und dreidimensionale Vorstellungskraft
Französisches Fenster
Mit der Bezeichnung Französisches Fenster wird präzise ausgedrückt ein Fenêtre Haussmannienne bezeichnet, also ein Fenstertyp, den...
Himmelsauge
Die kreisrunden Fenster in der Mitte einer Decke, die meist als Kuppel, Wölbung, Kegel oder Konus konstruiert sind, lassen Licht von oben einfallen.
Kellerfenster/Lichtschächte
Die verschiedenen Typen von Kellerfenstern lassen sich folgendermaßen unterscheiden:In Betonrahmen-, Kunststoffrahmen- und...
Lamellenfenster
Prinzip und ästhetische Bandbreite
Obergadenfenster
Als eine Reihung von Fensteröffnungen bilden sie ein horizontales Band in linearer, kreisförmiger oder elliptischer Anordnung im oberen Wand- und Deckenbereich.
Ochsenauge
In der Architektur bezeichnet der Begriff Ochsenauge ein kleineres kreisrundes oder horizontal ovales Fenster.
Radfenster
Radfenster sind die konstruktiven Vorläufer von Fensterrosen und Rosettenfenstern.
Schallfenster
Im Gegensatz zu Schallschutzfenstern sollen die auch Schallluken, Klangarkaden oder Schallarkaden genannten Öffnungen Geräusche so weit wie möglich verteilen.
Schaufenster
Fenster für die Präsentation und Inszenierung: ein Überblick über die Entwicklung, Typologie und Anforderungen
Schiebefenster
Sei es horizontal, vertikal oder in Dachschrägen: Während der Bewegung bleibt der Flügel parallel zur Wandebene; im geöffneten Zustand ragt er nicht in den Raum hinein.
Schießscharten
Häufige Bezeichnung für Fenster, die als zu winzig, zu schmal, zu tief in einer Laibung sitzend oder grundsätzlich irgendwie als hässlich und falsch empfunden werden.
Stehende und liegende Fenster
Proportion Fensterbreite zu Fensterhöhe
Vertikalschiebefenster
In seitlichen Schienen innerhalb des Rahmens lassen sich die verglasten Elemente nach oben und unten schieben. Diese Fensterart ist besonders platzsparend.
Zwillingsfenster
Zwillingsfenster sind die Bezeichnung für zwei eng nebeneinander spiegelsymmetrisch angeordnete Fenster. Etymologisch entstand das...
Architektur voller Licht: Maximal-Schiebefenster
Konkurrenzlos schmal mit vertikalen Profilansichten von 2 mm: Das Schiebefenster cero IV von Solarlux.