Midden Studio auf Kintyre
Hülle aus Zinkblech mit geprägtem Rautenmuster
Karg und einsam ist die Grafschaft Argyll an der schottischen Westküste, das Meer immer präsent. Wer hier lebt, sollte vor Grau, lichtem wie düsterem, keine Angst haben. Eine Künstlerin scheut diese raue Gegend nicht und hat sich auf der Halbinsel Kintyre vom Londoner Architekturbüro Studio Weave ihr Atelier bauen lassen. In unmittelbarer Nähe zum ins Meer mündenden Flüsschen Allt-ant-Sionnaich ist das Midden Studio zwischen einem Felsbrocken aus Granit und einem Herrenhaus platziert. Und so bezeichnen die Architekten den fremd-vertrauten Neuzugang sehr poetisch als „lovechild of rock and manor“.
Gallerie
Das komplett in Zinkblech gehüllte Atelier scheint äußerlich aus zwei einfachen Baukörpern mit Satteldach zu bestehen; tatsächlich bilden diese im Inneren einen zusammen hängenden Raum, der an seiner breitesten Stelle rund fünf Meter und an seiner längsten etwa sechs Meter misst. Ihre Giebel wenden sie im Osten einem der beiden Herrenhaus-Flügel zu und schauen nach Westen auf's offene Meer hinaus. Die alte Mauer, über die sich der Neubau lehnt und die auch das Herrenhaus vom Fluss trennt, lässt darauf schließen, dass der Allt-ant-Sionnaich hier gelegentlich recht stürmisch vorbei gerauscht kommt. Beobachten lässt sich das aus dem Atelier heraus durch eine Verglasung im fest eingebauten Arbeitstisch (siehe Abb. 14).
Die Bodenplatte des Ateliers wurde betoniert, die Wände und das Dach sind in Holz konstruiert. Innenseitig wurden das Holzständerwerk der Wände, die Dachinnenflächen, der Boden und die Arbeitsflächen mit hellen Birken-Sperrholzpaneelen verkleidet. Die lichte Homogenität nur dieses einen Materials mit den zahlreichen, wie Sommersprossen verstreuten dunklen Astlöchern bestimmt den Innenraum. Die Paneele können, wenn sie mit Farbe voll gespritzt sind, wie Tapeten ausgewechselt werden. In die nach Norden weisende Satteldachfläche sind drei hochrechteckige, außen aufgesetzte Fenster mit tiefer Laibung eingeschnitten sowie drei weitere kleine rechteckige Fenster, innen anschlagend und öffenbar, die auf Landschaftsausschnitte in den drei weiteren Himmelsrichtungen fokussieren.
Fassade
Das besondere Merkmal des kleinen Neubaus ist seine Hülle aus
Zink mit
plastisch geprägten Rauten und Kreuzen, sowohl die Fassaden- als
auch die Dachflächen sind damit verkleidet. Das Muster, das die
Architekten in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller des
Stehfalz-Zink-Systems entwickelt und prägen lassen haben, ist von
historischen Vorbildern inspiriert, z.B. den pyramidenförmigen
Bossen, die in der Baugeschichte mehrmals Verwendung fanden, aber
auch der Gedanke an die traditionellen, rautenförmigen
Schachbrettmuster der gewebten Tartans des Campbell-Clans aus
derselben Grafschaft Argyll, das Argyle-Muster, scheint nicht allzu
weit weg gewesen zu sein.
Die tragende Außenwand ist in Holzständerbauweise ausgeführt und
auch das Dach ist in Holz konstruiert. Vor die Dämmung und
Luftschicht ist auf einer ebenfalls hölzernen Unterkonstruktion die Außenhaut, das gewalzte
Titanzinkblech montiert worden. Sämtliche gängigen Klempnerarbeiten
sind in handwerklich betonter Form in diesem Zinkblech ausgeführt.
Eingesetzt als Fassadenbekleidung, zur Dacheindeckung, für die
komplette Dachentwässerung und zur Abdeckungen von
Außenfensterbänken und Dachkehlen hält es den harten klimatischen
Bedingungen der Atlantikküste stand. Dass seine Oberfläche hier
unbehandelt verblieb, mit der Zeit ihren ersten Glanz ablegen und
eine sommersprossige Patina anlegen wird, ist beabsichtigt und
schafft eine farbliche sowie strukturelle Annäherung an das
Granitgestein und die Trockenmauern der Umgebung.
Bautafel
Architekten: Studio Weave, London
Projektbeteiligte: Eddie Blake, Studio Weave, London (Projektleitung); Webb Yates, London (Tragwerksplanung); HL Metals, Dumbarton (Ausführung Zinkarbeiten); VM Zinc, Hertford (Zinkblech-Hersteller)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2015
Standort: Kintyre, Schottland, Großbritannien
Bildnachweis: Johnny Barrington
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