Durchführungen von Leitungen in bestehenden Holzbalkendecken
Richtlinien und Maßnahmen entsprechend der Feuerwiderstandsklasse
Gallerie
Über lange Zeit war Holz der am meisten verbreitete Baustoff für tragende und raumabschließende Bauteile wie z.B. Geschossdecken. In Gebäuden der Gründerzeit bzw. in Gebäuden, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, befinden sich daher überwiegend Holzbalkendecken. Diese Decken bestehen in der Regel aus:
- tragenden Holzbalken, die auf den tragenden Wänden aufliegen
- Füllmaterial zwischen den Balken
- der raumabschließenden Holzdielung oberhalb und
- der Bekleidung unterhalb der Balken.
Brandschutztechnisch können diese historischen Holzbalkendecken
je nach Baujahr und in Bezug auf regionale Gegebenheiten beim
Füllstoffmaterial überwiegend mit einer Feuerwiderstandsdauer von
30 Minuten (F30-B) beurteilt werden.1 Dies entspricht i.
d. R. nicht den heutigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Um
den Bestand an Holzbalkendecken mit wirtschaftlich vertretbarem
Aufwand erhalten zu können, wird deshalb innerhalb des
Brandschutznachweises eine Abweichung nach § 67 Abweichung Musterbauordnung (MBO)2 formuliert und
bauaufsichtlich genehmigt. In der Regel werden bestehende
Holzbalkendecken mit einer durchgehenden Schicht aus
nichtbrennbaren Baustoffen (z.B. Estrich) ertüchtigt. Damit können
die Schutzziele der Tragfähigkeit, des Raumabschlusses sowie ein
verbesserter Feuerwiderstand erreicht werden.
In Holzbalkendecken mit brandschutztechnischer Anforderung an
den Raumabschluss können die Leitungsdurchführungen gemäß der
Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an
Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie
MLAR)3 erstellt werden:
- als einzelne elektrische Leitung (Einzelleitung)
- als Rohrleitung aus nichtbrennbaren Baustoffen (A1/A2 – ausgenommen Aluminium und Glas – auch mit Beschichtungen aus brennbaren Baustoffen B2 bis zu 2 mm Dicke) und einem Außendurchmesser d ≤ 160 mm
- als Rohrleitung aus brennbaren Baustoffen und Aluminium oder Glas (B1/B2) und einem Außendurchmesser d ≤ 32 mm
Die Ringspalte sind dicht zu verspachteln.
Für die Leitungsdurchführungen dieser Holzbalkendecken gibt es nur wenige bauaufsichtlich zugelassene Systeme. Die Durchführungen müssen meist im Einzelfall entwickelt und mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde bzw. dem Prüfingenieur für vorbeugenden Brandschutz abgestimmt werden. In der MLAR heißt es unter Punkt 4.1.2: Die Leitungen müssen
a) durch Abschottungen geführt werden, die mindestens die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen wie die raumabschließenden Bauteile oder
b) innerhalb von Installationsschächten oder -kanälen geführt werden, die einschließlich der Abschlüsse der Öffnungen mindestens die gleiche Feuerwiderstandfähigkeit aufweisen wie die durchdrungenen raumabschließenden Bauteile und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
Die Durchführung und Abschottung von Leitungsanlagen durch feuerhemmende Holzbalkendecken können auf Grundlage der o.g. „Erleichterung“ gemäß MLAR Punkt 4.2 hergestellt werden. Dabei muss der Raum zwischen den Leitungen und dem umgebenden Bauteil aus nichtbrennbaren Baustoffen (z.B. Mineralwolle, Schmelzpunkt > 1000 °C) oder mit im Brandfall aufschäumenden Baustoffen ausgefüllt werden. Der Ringspalt (d ≤ 50 mm) muss mit im Brandfall aufschäumenden Baustoffen verschlossen werden. Die feuerhemmende Abschottung kann auch in Anlehnung zu den hochfeuerhemmenden Decken durch Auslaibung mit einer nichtbrennbaren Platte erfolgen.
Bei hochfeuerhemmenden Holzbalkendecken können die Durchführungen und Abschottungen entsprechend der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR)4 ausgeführt werden. Die baurechtlichen Anforderungen für den Einbau der brandschutztechnischen Bekleidung (Auslaibung) werden in der M-HFHHolzR unter Abschnitt 3.2 „Brandschutzbekleidung“ wie folgt beschrieben: Die Brandschutzbekleidung muss eine Entzündung der tragenden einschließlich der aussteifenden Bauteile aus Holz oder Holzwerkstoffen während eines Zeitraumes von mindestens 60 Minuten verhindern und als K260 nach DIN EN 13501-2 klassifiziert sein (brandschutztechnisch wirksame Bekleidung nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 MBO). Die Brandschutzbekleidung ist gemäß Abschnitt 3.5 „Öffnungen für Türen, Fenster und sonstige Einbauten“ in den Öffnungslaibungen mit Fugenversatz, Stufenfalz oder Nut- und Federverbindungen auszuführen. Werden an den Verschluss der Öffnungen brandschutztechnische Anforderungen gestellt wie an Feuerschutzabschlüsse, Brandschutzverglasungen, Rohr- und Kabelabschottungen und Brandschutzklappen, muss ein entsprechender bauaufsichtlicher Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis vorliegen, der den Einbau dieser Abschlüsse in hochfeuerhemmende Bauteile nach Abschnitt 3.3 regelt.
Die Leitungsführung innerhalb von hochfeuerhemmenden Holzbalkendecken ist im Abschnitt 4 „Installationsführungen“ der M-HFHHolzR geregelt. Hier erfolgt der Einbau einer eigenen Installationsebene, die vor der brandschutztechnischen Beplankung montiert wird.
Holzbalkendecken können wegen ihrer brennbaren Bestandteile grundsätzlich nicht feuerbeständig ausgebildet werden. Diese Feuerwiderstandsklasse der Holzbalkendecke kann nur in Verbindung mit einer feuerbeständigen (F 90 AB) Unterhangdecke erreicht werden – in diese erfolgt dann auch die Abschottung der Leitungsdurchführung. Es wird empfohlen, die brandschutzwirksame Bekleidung (Auslaibung) in der Stärke der feuerbeständigen Unterhangdecke auszuführen. Bei Durchführungen nach Erleichterungen der MLAR gemäß Abschnitt 4.3 ist eine Aufdopplung der Unterhangdecke von s ≥ 80 mm mit einem Überstand von ≥ 100 mm einzubauen.
Innerhalb der umlaufenden Brandschutzbekleidung (Auslaibung) gemäß M-HFHHolzR Abschnitt 3.2 können sämtliche Abschottungen mit einem allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnis (abP) oder einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) eingebaut werden. Alternativ können Einzelleitungen gemäß den Erleichterungen der MLAR Abschnitt 4.3 durch eine Ausmörtelung bzw. direkt durch das Bauteil geführt werden. Dabei sind gemäß Abschnitt 4.3. MLAR die Ringspalte mit mineralischen Baustoffen oder mit im Brandfall aufschäumenden Baustoffen in der Mindestdicke des Bauteils von oben und unten zu verschließen, die Abstandsregeln im Verwendbarkeitsnachweis sind einzuhalten.
Im Falle einer erforderlichen Abweichung von der MLAR/M-HFHHolzR oder einer erforderlichen Zustimmung im Einzelfall ist dies im Vorfeld mit einem Sachverständigen für Brandschutz abzustimmen und durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde bzw. den Prüfingenieur für vorbeugenden Brandschutz zu bestätigen.
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