Brandschutz im Dachgeschossausbau
Am Beispiel der Berliner Bauordnung (BauO Bln)
Gerade in Großstädten wie Berlin ist der Dachgeschossausbau ein wiederkehrendes Thema. Welche Schwerpunkte es während der Planungsphase in Bezug auf den Brandschutz zu beachten gilt, ist im Folgenden am Beispiel der Berliner Bauordnung (BauO Bln) aufgeführt.
Gallerie
Einordnung in die Gebäudeklasse gemäß § 2 (3) BauO
Bln
Die Erhöhung des Gebäudes um ein oder mehrere Geschosse erfordert
zunächst eine Prüfung der Gebäudeklasse, um daraus die baulichen
Anforderungen abzuleiten.
Bestandsschutz gemäß § 85 BauO Bln sowie
Bestandsdecken
Dem schließt sich die Frage an: Inwieweit gilt der Bestandsschutz?
Dies ist gemäß § 85 BauO Bln „Bestehende Bauliche Anlagen“ zu
prüfen. Insbesondere betrifft dies den Umgang mit den
Bestandsdecken. Hier geben die Entscheidungshilfen der Berliner
Bauaufsicht zur „Beurteilung von Bestandsdecken“ entscheidende
Hinweise: Bei einem nachträglichen Dachraumausbau in bestehenden
Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 (z.B. Ausbau des Dachgeschosses
zu Wohnungen in einem Wohngebäude) handelt es sich im Regelfall
nicht um eine wesentliche Änderung nach § 85 Abs. 3 BauO Bln. Somit
kann eine Anpassung der nicht unmittelbar berührten Teile der
baulichen Anlage an die Anforderungen der BauO Bln nicht gefordert
werden. Wird die vorhandene Decke unter dem Dachraum im Rahmen der
Ausbauarbeiten in ihrem Aufbau nicht verändert und lediglich
instand gesetzt, gehört sie nicht zu den unmittelbar berührten
Teilen. Die Decke muss daher nicht an die brandschutztechnischen
Anforderungen der BauO Bln angepasst werden. Da in diesem Fall
keine neuen brandschutztechnischen Anforderungen gestellt werden,
kann auch keine Abweichung zugelassen werden. Wird die Decke
jedoch, z. B. aus Gründen des Schallschutzes, in ihrem Aufbau
verändert, muss sie im Gebäude der Gebäudeklasse 5 die Anforderung
feuerbeständig erfüllen. Es bestehen jedoch keine Bedenken, im Fall
des nachträglichen Dachraumausbaus eine Abweichung von dieser
Anforderung zuzulassen. [1] Meist kommt hinzu, dass die
angrenzenden Nutzungseinheiten bewohnt sind und eine unterseitige
Ertüchtigung der Decke nicht möglich oder unzumutbar ist. Bei
Erhalt der Bestandsdecken (z.B. Holzbalkendecken) zwischen
Dachgeschoss und der darunterliegenden Nutzungseinheit wird meist
oberseitig eine nichtbrennbare Schicht als brandschutztechnische
Ertüchtigung oder Kompensationsmaßnahme im Falle einer Abweichung
vorgesehen.
Brandwände gemäß § 30 BauO Bln
Die Brandwände sind im Falle des Ausbaus von Dachgeschossen meist
vorhanden. Sie werden nicht wesentlich geändert und gemäß den
Anforderungen der Bauordnung § 30 (5) BauO Bln bis 30 cm über Dach
fortgeführt. Im Zuge der Dachsanierung oder kompletten
Dacherneuerung ist darauf zu achten, dass keine brennbaren
Baustoffe (Unterkonstruktion, Dämmung etc.) über die Brandwand
hinweggeführt werden und Öffnungen wie Lichtkuppeln o.ä. die
Abstände gemäß § 32 (5) (Dächer) BauO Bln zur Brandwand
einhalten.
Treppen gemäß § 34 BauO Bln und Notwendige Treppenräume, Ausgänge
gemäß § 35 BauO Bln
Der Dachgeschossausbau bringt brandschutztechnische Ertüchtigungen
im Treppenraum mit sich. Besonderes Augenmerk liegt auf der
Ausführung der Treppenraumwände. Notwendig ist, dass die
Treppenraumwände bis unter die Dachhaut fortgeführt werden. Die
notwendigen Treppen müssen z.B. in der Gebäudeklasse 5 gemäß § 34
(4) BauO Bln in den tragenden Bauteilen feuerhemmend und aus
nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Ob die bestehenden Treppen der
Anforderung entsprechen, ist ggf. anhand der zum Zeitpunkt ihrer
Errichtung geltenden Bauvorschriften zu prüfen bzw. zu bewerten.
Eventuell ist eine Abweichung für den Erhalt der Bestandstreppe zu
beantragen. Des Weiteren müssen gegenüber den bestehenden
Wohnungseingangstüren die neu hergestellten Türen von der
Nutzungseinheit zum Treppenraum dicht- und selbstschließend
ausgebildet werden.
Im Treppenraum müssen Bodenbeläge gemäß § 35 (5) BauO Bln schwerentflammbar ausgeführt werden. Bei Bodenbelägen, die gemäß dem Bestand fortgeführt werden sollen (z.B. Sisal, s.a. Abb. 3) muss nachgewiesen werden, dass diese im Bestand tatsächlich vorhanden waren. Im Fall des Sisalteppichs geht es zum einen um die fehlende Einstufung des Bodenbelags als schwerentflammbar, zum anderen um die Einschätzung der ausreichenden Nutzung als Rettungsweg in Bezug auf die Rutschhemmung. Eine Rücksprache mit dem Prüfingenieur für Brandschutz ist erforderlich.
Die zur Belüftung erforderlichen Fensteröffnungen im Treppenraum eines Bestandsgebäudes erfüllen oftmals nicht die geforderten Öffnungsmaße gemäß § 35 (8) BauO Bln: 0,60 m x 0,90 m (Breite x Höhe). Es ist eine Abweichung erforderlich. Wird das Gebäude in die Gebäudeklasse 5 eingeordnet (OKFF über Gelände > 13 m), ist im Treppenraum an oberster Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung vorzusehen, die einen freien Querschnitt von 1 m² besitzen muss, und sowohl vom Erdgeschoss als auch vom obersten Geschoss (Dachgeschoss) aus mit einem Taster geöffnet werden kann. Endet der notwendige Treppenraum, z.B. durch Ausbildung einer Maisonette, bereits im letzten Obergeschoss, ist dort diese Öffnung an oberster Stelle vorzusehen.
Ein weiterer Punkt ist die Ausführung der Leitungen im notwendigen Treppenraum gemäß der Anforderungen der Musterleitungsanlagenrichtlinien (MLAR).
Erster und zweiter Rettungsweg gemäß § 33
Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie
Wohnungen sind mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege
erforderlich. Der erste Rettungsweg erfolgt meist über die
bestehende notwendige Treppe im notwendigen Treppenraum. Als
zweiter Rettungsweg sind häufig die Geräte der Feuerwehr
(Hubrettungsgeräte) erforderlich. Dafür muss eine für die Feuerwehr
erreichbare Stelle (Austritt) vorhanden sein, die von der
Traufkante horizontal gemessen nicht mehr als 1 m entfernt liegen
darf, damit sich die Bewohner bemerkbar machen können. Die Fenster,
die als Rettungswege dienen, müssen in Berlin im Lichten mindestens
0,90 m x 1,20 m (Breite x Höhe) groß sein und eine maximale
Brüstungshöhe von 1,20 m besitzen. Insbesondere bei der Nutzung von
Dachflächenfenstern als zweiter Rettungsweg ist auf die Einhaltung
der lichten Öffnungsmaße zu achten. Aktuell fordert die Berliner
Feuerwehr für Dachgeschossausbauten, deren zweiter Rettungsweg über
die Rettungsgeräte der Feuerwehr führt, den Nachweis der
Aufstellflächen für die Hubrettungsfahrzeuge auf der
Verkehrsfläche. Das heißt, es muss eine Breite von 5,50 m zwischen
den parkenden Autos eingehalten werden. Hier ist die Erstellung
einer Visualisierung gemäß der Musterrichtlinie „Flächen für die
Feuerwehr“ und ggf. dem Merkblatt „Flächen für die Feuerwehr auf
Grundstücken“ erforderlich.
Im Zuge des Dachgeschossausbaus sind meist für eine Reihe von Bauteilen, die nicht den Vorgaben der Bauordnung (BauO Bln) entsprechen, Abweichungen zu beantragen und entsprechende Kompensationsmaßnahmen zu finden.
[1] Entscheidungshilfen der Berliner Bauaufsicht,
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Planen, Bauen, Wohnen, Natur,
Verkehr Stand 13.02.2015
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