Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS)
Abscheidung, Weiterverwendung und Speicherung von Kohlendioxid
Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS), auch Carbon Capture and Utilization (CCU) oder Carbon Capture and Storage (CCS), ist die englische Bezeichnung für Abscheidung, Transport und Nutzung bzw. Lagerung von Kohlenstoffverbindungen. Gemeint ist damit in erster Linie Kohlendioxid (CO2), aber auch Kohlenmonoxid (CO) gehört dazu. Die zugehörigen Verfahren sind teilweise bereits in der Öl- und Gasindustrie Norwegens und der USA lange etabliert. Künftig soll CCUS auch vermehrt in der Zement- und Betonindustrie angewandt werden.
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Emissionen trotz Ökostrom
Im Fokus der Dekarbonisierung, wie sie seit den 1990er-Jahren betrieben wurde, standen bisher vor allem die Senkung des Klinkergehaltes im Zement und die Umstellung der Energieversorgung in der Beton- und Zementherstellung. Doch selbst wenn Biomasse alle fossilen Brennstoffe ersetzt und nur noch Energie aus erneuerbaren Quellen zum Einsatz kommt, lässt sich der CO2-Ausstoß nicht auf null reduzieren.
Der Grund sind prozessbedingte Emissionen, die laut Verband der Deutschen Zementindustrie (VDZ) zwei Drittel des emittierten Kohlenstoffdioxids ausmachen. Dieses entsteht im Verlauf des Herstellungsprozesses: Der für den Zement essenzielle Klinker besteht aus einer gemahlenen Rohstoffmischung aus Kalkstein und Ton, die bei bis zu 1.450 °C im Drehofen gebrannt, sprich kalziniert, wird. Bei diesem chemischen Prozess wird der Kalkstein (CaCO3) in Branntkalk (CaO) und Kohlenstoffdioxid (CO2) umgewandelt, das dann in die Atmosphäre gelangt.
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Strategie: Kohlendioxid wieder einfangen
Da eine Reduzierung der Produktion für die Branche nicht infrage kommt, wird forciert, das CO2 abzuscheiden und weiterzuverwenden oder zu speichern. Es geht um enorme Mengen: „Für eine klimaneutrale Zementindustrie wird es […] erforderlich sein, nach Ausschöpfung aller übrigen Potenziale ab 2050 jährlich rund 10 Mio. Tonnen CO2 abzuscheiden“, steht in der 2020 erschienenen VDZ-Publikation Dekarbonisierung von Zement und Beton (siehe Tipps zum Thema).
Je nach Emissionsquelle werden unterschiedliche Abscheidungsmethoden angewendet:
- Oxyfuel-Technologie
- Post-Combustion-Technologie
- Calcium-Looping-Verfahren
- Indirekte Calcinierung
Abscheidung und Abtransport
Generell lässt sich der Ablauf so beschreiben: Bei der Abscheidung wird das CO2 von anderen Gasen getrennt. Anschließend wird es gereinigt und für den Transport komprimiert. Bei hohem Druck verhält sich Kohlenstoffdioxid nämlich wie eine Flüssigkeit. Das komprimierte CO2 wird dann dehydriert und abtransportiert. Dazu leitet man es in eine Pipeline ein (kontinuierlicher Transport) oder – nach einer Zwischenspeicherung – in den Tank eines LKWs, Bahnwaggons oder Schiffs. Auf diesem Weg gelangt das Kohlenstoffdioxid entweder zu einem weiterverarbeitenden Betrieb oder zu einer Lagerstätte und nicht mehr in die Atmosphäre.
Eine umfassende Infrastruktur ist nötig, um Kohlendioxid abzuscheiden und zu transportieren: Den Abscheide-, Reinigungs- und Verflüssigungsanlagen sind etwa riesige Öfen für die Oxyfuel- oder Post-Combustion-Verfahren zwischengeschaltet. Hinzu kommen große siloartige Zwischenspeicher. Bisher fehlt ein umfassendes Leitungsnetz zum Kohlendioxid-Transport zwischen den Standorten der Beton- und Zementhersteller und den Orten, an denen das Gas weiterverarbeitet oder gespeichert wird. In Deutschland etwa plant Heidelberg Materials für sein Werk Geseke noch mit einem Transport per Bahn. Für die verschiedenen Umsetzungsprozesse braucht es außerdem Energie. In Geseke soll eine Photovoltaikanlage auf dem Werksgelände dazu beitragen, den Bedarf zu decken.
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Lagerung: Zurück in den Boden
Zur CO2-Speicherung werden erschöpfte Lagerstätten fossiler Energieträger bevorzugt. Da sie über Jahrmillionen Gas und Erdöl zurückgehalten haben, gelten sie als sichere Speicherorte. Dazu wird das Kohlendioxid in die in großer Tiefe liegenden Gesteinsformationen hineingepresst – je tiefer, desto mehr wird das Gasvolumen komprimiert.
In Norwegen beispielsweise wird CCS seit 1996 beim Nordsee-Gasfeld Sleipner betrieben, wo das Kohlendioxid in eine poröse Sandgesteinsschicht in bis zu 1.000 Meter Tiefe injiziert wird. Untersuchungen des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel ergaben, dass pro einer Million Tonnen Gas, die dort in den Untergrund gepresst wurde, nur etwa zehn Tonnen wieder aus dem Meeresboden entweichen.
In Kanada und den USA wird CO2 zur dauerhaften Speicherung auch an Land in Böden gepresst. In Europa wird daran aktuell geforscht – im Rahmen des von der ETH Zürich geleiteten Projekts DemoUpCARMA (kurz für Demonstration and Upscaling of Carbon dioxide Management solutions for a net-zero Switzerland): Das CO2 wird von der Schweiz nach Island transportiert. Dort wird versucht, es in einem geologischen Reservoir zu speichern. In Deutschland ist die Rechtslage Stand 2023 noch so, dass CCS an Land de facto nicht erlaubt ist. Sie ist jedoch im Gespräch: Ende 2022 veröffentlichte der Deutsche Bundestag den Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG).
Nutzung: Kohlendioxid als Rohstoff
Es gibt verschiedene Ansätze, abgeschiedenes und gereinigtes CO2 weiterzuverwenden. Der VDZ, die International Energy Agency und der Deutsche Bundestag listen eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten auf:
- Lebensmittelindustrie (Getränke, Kühlmittel, Schutzgas, CO2-Begasung in Gewächshäusern)
- Als Basischemikalie für die chemische Industrie (z.B. Harnstoff und Salizylsäure)
- Herstellung synthetischer Brenn- und Kraftstoffe (z.B. Methan und Methanol)
- Kultivierung von Mikroalgen
Ebenfalls am Forschungsvorhaben DemoUpCARMA beteiligt ist das ETH-Spinoff Neustark. Das Unternehmen scheidet CO2 von Klär- und Biogasanlagen ab und nutzt es zur Karbonatisierung von aufbereitetem Abbruchbeton (siehe Tipps zum Thema). Diese mit Kohlendioxid angereicherte Recycling-Gesteinskörnung dient zur Herstellung von ressourcenschonendem Beton (R-Beton).
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