Eine Station der Kreislaufwirtschaft ist die Aufbereitung von
Rückgebautem bzw. Abgebrochenem. Zerkleinerter Altbeton ist als
Baustoff im Tief- und Straßenbau bereits weit verbreitet. Beton-
und Mauerwerksbruch lassen sich aber auch für Recyclingbetone
(RC-Betone bzw. R-Betone) wiederverwenden. Um den Bauschutt dafür
aufzubereiten, sind anspruchsvolle Verfahren nötig.
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Rückbau und Abbruch
Ein geübter Blick auf historische Gebäude zeigt, dass etwa
Mauerwerkssteine häufig wiederverwendet wurden. Um sie möglichst
schadensfrei zu demontieren und vom Mörtel zu befreien, war viel
Handarbeit und Zeit erforderlich. Das ist heutzutage anders: Auf
vielen Baustellen sind Raupenfahrzeuge und Roboter mit Zangen,
Bohrern und Schaufeln unterwegs, die spezialisierten
Abbruchunternehmen gehören. Entsprechend grob wird vorgegangen.
Dennoch lohnt sich ein selektiver Rückbau, schließlich schreibt die
Gewerbeabfallverordnung für Erzeuger*innen von Bau- und
Abbruchabfällen unter anderem die getrennte Erfassung von Beton
(AVV 17 01 01) und Ziegelmaterial (AVV 17 01 02) vor.
Es ist darüber hinaus sinnvoll, Kalksandstein und weitere
Mauerwerksmassen getrennt zu erfassen.
Mineralische Bauabfälle sind oft Teil eines Gemischs, sprich dem
Beton haften weitere Substanzen an. Dabei kann es sich zum Beispiel
um Dichtstoffe oder Bewehrungsstahl handeln, aber auch um
Schadstoffe. Entsprechende Grenzwerte sowie ihre Prüfung und
Dokumentation sind normativ geregelt. Hier gelten die DIN
4226-101: Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN EN 12620
– Teil 101: Typen und geregelte gefährliche Substanzen und die
DIN 4226-102: Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN
EN 12620 - Teil 102: Typprüfung und Werkseigene
Produktionskontrolle.
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Erste Aufbereitungsstufe
Für die erste Aufbereitungsstufe werden meist mobile Brecher-
und Sortieranlagen an den Abbruchstellen aufgebaut. Beton- und
Mauerwerksabbruch werden händisch bzw. robotergestützt vorsortiert
(Upstream Verfahren), bevor sie in einem Backen- oder Prallbrecher
landen. Alternativ kommen auch Zweiwellenzerkleinerer zum Einsatz.
Beim Brechen entstehen Partikel verschiedenster Größen und auch ein
erheblicher Anteil an Feinkorn. Es erfolgt eine erste Klassierung
der Korngruppen, etwa in Splitt und Sand (Brechsand).
Selbst bei einem selektiven Rückbau haften noch Mörtel, Putze
oder Dämmstoffe und andere sogenannte Störstoffe an den
Bruchstücken. Daher ist nach dem Brechen das Sortieren der
nächste wichtige Verarbeitungsschritt. Es werden nasse und trockene
Sortierverfahren unterschieden:
Beim Downstream-Verfahren, werden Partikel etwa nach ihrer
Dichte getrennt, indem sie unterschiedlich schnell in einer
Flüssigkeit zu Boden sinken.
Das wichtigste trockene Sortierverfahren ist die Windsichtung.
Ein Windsichter trennt Papiere, Folien, Holz und Dämmstoffe ab.
Dabei durchlaufen die vorgebrochenen Baureste einen Windkanal, in
dem schwerer Beton- und Mauerbruch nach unten fällt, während die
leichten Partikel nach oben abgesaugt werden.
Bewehrungsstahl und andere Eisenteile entfernen
Magnetabscheider, die über dem Materialtransportband am Brecher
angebracht sind.
Bereits nach dieser Stufe kann das aufbereitete Material
wiederverwendet werden, etwa als Verfüllmaterial im Straßen- und
Tiefbau sowie in der Asphaltherstellung.
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Weitere Aufbereitungsstufen
Um qualitativ hochwertigen Recyclingbeton mit kontrollierbaren
Eigenschaften herstellen zu können, müssen die mineralischen
Komponenten (Sand, Kies/Splitt, Zementstein,
Zusatzstoffe) weiter getrennt werden. Dazu wird das zerkleinerte,
grob fraktionierte Material per LKW zu einer stationären
Sortieranlage gebracht. Sie ermöglichen eine größere Vielfalt und
Qualität der Recyclingprodukte. Fließbänder und Vibrorinnen
transportieren den Betonbruch zu den weiteren Sieb- und
Waschanlagen, Mühlen und Analysestationen. Sind etwa rundere,
weniger kantige Kornformen gewünscht, durchlaufen die Fraktionen
einen Kegelbrecher.
Bei der elektrodynamischen Fragmentierung (EDF) wird der
Altbeton soweit gebrochen, dass er zwischen zwei Elektroden einer
EDF-Anlage passt. Diese befinden sich in einem Wasserbecken. Dort
werden die Bruchstücke gepulsten Hochspannungsentladungen
ausgesetzt. Diese verlaufen exakt entlang der Korngrenzen der
verschiedenen Bestandteile des Betonabbruchs. Ein Plasmakanal
entsteht, der sie schließlich mit hohem Druck auseinandersprengt,
sodass freigelegte Gesteinskörnungen unterschiedlicher Größe
übrigbleiben und auch der Zementstein zerlegt wird. Seit 2022 gibt
es für dieses Verfahren eine technische Regel: DIN SPEC 18212
Betonrecycling – Qualitätssicherung bei der elektrodynamischen
Fragmentierung von Betonbruch.
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Beim sensorgestützten Freifallsortierverfahren werden die
Abbruchpartikel im Fall von beiden Seiten mit einem kombinierten
RGB-/NIR-Kamerasystem beleuchtet. Farbzeilenkameras helfen
beispielsweise Ziegel in mineralischen Bauabfällen zu erkennen,
während NIR-Kameras Fremd- und Störstoffe erfassen. Das digitale
Bild erscheint auf einem Computer oder einer Auswerteeinheit, von
wo ein Druckluftstrom oder eine Ventilbank ausgelöst werden kann,
der das unerwünschte Material wegpustet.
Da die bisherigen Verfahren recht aufwändig sind, beschäftigen
sich viele Forschende und Unternehmen mit Möglichkeiten der
Vereinfachung. Das Start-up Optocycle und die Universität Tübingen
testen etwa, wie sich mittels Kameras und KI-gestützter
Bildauswertung die Zusammensetzung des Materials bereits an der
Abbruchstelle, auf der Ladefläche des LKWs ermitteln lässt. Am
Institut für Angewandte Bauforschung Weimar (IAB Weimar) wird an
der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) geforscht. Sie soll
helfen, Gipsputz von Mauerwerk zu trennen. Im Recycling-Technikum
des IABs stehen außerdem eine Reihe von Versuchsanlagen, mit denen
beispielsweise die Herstellung von Leichtgranulaten aus
Betonabbruch erprobt wird (siehe Tipps zum Thema).
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Zementstein: Störstoff oder CO2-Speicher
Beim herkömmlichen Brechen und Fraktionieren haftet noch sehr
viel Zementstein (hydratisierter Zement) am Sand und Kies. Dieser
gilt als Störstoff in der R-Beton-Herstellung, da er viel Wasser
aufsaugt und mehr Zement und Zusatzmittel benötigt werden – mit
negativen Folgen für die Betonqualität. Um den Zementstein vom
übrigen Abbruchmaterial zu trennen, braucht es Scherkräfte mit
geringen Drücken. Deshalb wird zum Beispiel auf
Aufbereitungsverfahren zurückgegriffen, wie sie bei der
Erzaufbereitung genutzt werden.
Der Zementstein kann aber auch dazu dienen, die
Recycling-Gesteinskörnung mit CO2 anzureichern. Dazu
wird sich das Prinzip der Karbonatisierung (auch
Carbonatisierung) zu Nutze gemacht. Bei dem Prozess nimmt der Beton
Kohlendioxid aus der Umgebungsluft auf und bindet es. Die
karbonatisierten Bereiche weisen eine höhere Druckfestigkeit auf
und das Zementsteingefüge verdichtet sich. Natürlicherweise finden
diese Vorgänge über die gesamte Lebensdauer eines Betonbauteils
statt. Um den Prozess zu beschleunigen, durchläuft die
Recycling-Gesteinskörnung spezielle Kammern, in denen sie
CO2 ausgesetzt ist und dieses aufnimmt. Ein solches
Verfahren hat etwa das ETH-Spinoff Neustark entwickelt (siehe
Tipps zum Thema).
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Wachsender Recyclingmarkt
Größtes Einsatzgebiet ist bisher der Straßen- und Tiefbau, wo
der Betonabbruch primär für Tragschichten, Frostschutzschichten und
Auffüllungen verwendet wird. Studien des Bundesverbands Baustoffe –
Steine und Erden zeigen, dass in Deutschland nur ein sehr kleiner
Teil der Recyclingbaustoffe wieder für Ortbeton und
Betonfertigteile verwendet wird (0,7 % im Jahr
2018). Aus wirtschaftlicher Sicht ist R-Beton besonders
interessant, wenn neben Altbeton auch Ziegel und Kalkstein aus dem
Mauerwerksabbruch als Recycling-Gesteinskörnungen eingesetzt werden
können.
Eine steigende Nachfrage nach Recyclingbetonen führt bereits
dazu, dass sich große Beton- und Zementhersteller an der
industriellen Aufbereitung beteiligen. Anfang 2023 verkündete ein
Sprecher von Heidelberg Materials in einer Pressemitteilung: „Unser
langfristiges Ziel ist es, eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren
und damit bei der Herstellung unserer Produkte dem Einsatz von
rezyklierten Gesteinskörnungen Vorrang gegenüber Primärrohstoffen
zu geben“ (siehe Literatur).
Literatur: Ministerium für Umwelt Klima und
Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg (Hrsg.): Leitfaden
zum Einsatz von R-Beton, Stuttgart 2017; Institut für Energie und
Umweltforschung Heidelberg, im Auftrag des NABU (Hrsg.):
Sekundärrohstoffe in Deutschland, Heidelberg 2021; Heidelberg
Materials (Hrsg.): context, Ausgabe Dezember 2022; Heidelberg
Materials: Heidelberg Materials übernimmt die Berliner RWG I
Holding GmbH (Pressemeldung vom 25. November 2022);
Informationszentrum Beton / Verlag Bau+Technik (Hrsg.): R-Beton in
der Praxis, Düsseldorf 2021
Fachwissen zum Thema
Herstellung
Betonherstellung und Klimaschutz
Die Reduktion des Klinkerfaktors und die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid sollen dazu beitragen, den CO2-Ausstoß bei der Zementherstellung zu senken.
Betonarten
Recyclingbeton
Aus Bauschutt rezyklierte Gesteinskörnungen können bei der Herstellung von Beton wiederverwendet werden, sodass sich teilweise auf Primärressourcen verzichten lässt.
Tipps zum Thema
Forschung
Schritt für Schritt zum Recycling-Granulat
Eine Recycling-Anlage in Weimar verarbeitet mineralische Rest- und Abfallstoffe zu Leichtgranulaten, etwa für die Beton- und Mörtelherstellung.
Forschung
Von der Quelle zur Senke
Ein Schweizer Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Kohlendioxid in Recycling-Gesteinskörnung speichern lässt.
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Betongebäude sind riesige Materiallager. Um aus ihnen ganze Bauteile zurückzugewinnen, braucht es eine genaue Bestandserfassung und einen sorgfältigen Rückbau.
Aufbereitung von Betonabbruch
Zerkleinert, sortiert und gereinigt sind Beton- und auch Mauerwerksabbruch wertvolle Ressourcen für die Herstellung von Recyclingbeton.
Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS)
Kohlendioxid aus der Beton- und Zementherstellung soll gar nicht erst in die Atmosphäre gelangen, sondern weiterverwendet oder eingelagert werden.
Zertifizierung des Concrete Sustainability Councils
Um eines der Label zu bekommen, müssen Beton- und Zementwerke nachweisen, dass sie ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortlich handeln.
Energie in der Zementherstellung
Große Mengen thermischer und elektrischer Energie werden benötigt, um Kalk zu Klinker zu brennen und daraus Zement herzustellen.
Zusammensetzung von Beton
Gesteinskörnungen, Zement und Wasser sind die Ausgangsstoffe des mineralischen Baustoffs. Durch Zusatzmittel und -stoffe lässt er sich den jeweiligen Anforderungen anpassen.
Einfluss der Ausgangsstoffe
Sämtliche Ausgangsstoffe haben Einfluss auf die Funktionalität und Qualität des Betons in seiner jeweiligen Anforderung. Wichtig...
Hauptbestandteile des Zements
Zur Betonherstellung wird neben Gesteinskörnungen und Wasser ein Bindemittel benötigt: der Zement. Seine Hauptbestandteile sind:...
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