Kompositzemente und alternative Bindemittel

Portlandzement – also Zement mit Portlandzementklinker als einzigem Hauptbestandteil – war im 20. und frühen 21. Jahrhundert das dominierende Bindemittel im Beton. Aufgrund der hohen Temperaturen (= hoher Brennstoffenergieeinsatz), die für die Herstellung des Zementklinkers nötig sind, sowie der prozessbedingten CO2-Emissionen bei der Entsäuerung des Kalksteins hat sich das geändert: Ersatzstoffe spielen in Bindemitteln auf Portlandzementklinkerbasis eine immer größere Rolle. Mit Vehemenz wird nun auch nach alternativen Bindern gesucht.

Gallerie

Hauptzementarten nach DIN EN 197-1

Nach DIN EN 197-1 Zement - Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement lautet die fachliche Bezeichnung für Portlandzement CEM I – im Kontrast zu Zementarten mit weiteren Hauptbestandteilen, die sich hinter den Kürzeln CEM II bis CEM VI verbergen. Heute beherrschen den Markt in Deutschland die CEM II-Zemente, also Portlandkompositzemente, für die immer noch Portlandzementklinker, aber eben auch bis zu 35 M-% (im Fall von CEM II-C sogar bis zu 50 M-%) Materialien wie Hüttensand, Flugasche oder Kalkgesteinsmehl verwendet werden (siehe auch: vdz-Umweltdaten, 2020). Andere Zementarten kommen mit noch weniger Portlandzementklinker aus, der Anwendungsbereich ist dann aber stärker beschränkt.

Weiterentwicklung von Portlandkompositzementen

Für die Weiterentwicklung von kompositreichen Zementen entscheidend ist zum einen die Bauchemie, da man für die entsprechenden Betonrezepturen geeignete Zusatzstoffe braucht, mit denen zum Beispiel qualitative Probleme bei der Frühfestigkeit gelöst und bestimmte Dauerhaftigkeitskriterien erfüllt werden können. Zum anderen müssen die Klinkersubstitute auch in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, was insbesondere im Fall von Hüttensand oder Steinkohlenflugasche zukünftig nicht unbedingt der Fall sein wird. Als Alternative bieten sich hier etwa kalzinierte Tone oder reaktivierte Stahlwerksschlacken an (siehe auch: Neue Herausforderungen im Betonbau, Beuth 2017).

Alternative Bindemittelsysteme

Darüber hinaus wird daran gearbeitet, bereits bekannte Bindemittelsysteme, die komplett ohne Portlandzementklinker funktionieren, weiter zu entwickeln. In den letzten Jahren rücken dabei insbesondere Geopolymere ins Zentrum des Interesses. Diese entstehen durch die Kombination einer reaktiven alumosilicatischen Komponente mit einer hochalkalischen, aktivierenden Lösung. Als Ausgangsmaterial dient dabei oft Metakaolin, also kalzinierter Ton mit hohem Kaolingehalt. Es eignen sich aber auch Abfallstoffe aus Industrie und Bergbau, also Hüttensand, Aschen oder Schlacken. Bei der aktivierenden Lösung handelt es sich in der Regel um Wasserglas, dessen Erzeugung aus Quarzsand und Kalium- beziehungsweise Natriumcarbonat bei Temperaturen von etwa 1.200 Grad erfolgt und CO2 freisetzt. Dennoch kann im Vergleich zu konventioneller Zementherstellung massiv Kohlenstoffdioxid eingespart werden (manche Unternehmen sprechen von bis zu 80 Prozent).

Weitere bereits bekannte alternative Bindemittelsysteme sind etwa Sulfathüttenzemente, Belitzemente und Calciumsulfoaluminatzemente. Eine relativ neue Entwicklung sind die sogenannten CSH-Phasen-Binder, die in zweistufigen Prozessen bei niedrigen Temperaturen hergestellt werden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass bei der Hydratation ähnliche Hydratphasen entstehen, wie sie sich auch beim Portlandzement bzw. bei Kompositzementen bilden.

Bislang nur Nischenprodukte

Da Erfahrungswerte fehlen und die Prozesse, die bei der Erhärtung im Beton vonstattengehen, bis heute wissenschaftlich nicht im Detail durchdrungen sind, sind verlässliche Prognosen zur Dauerhaftigkeit von Baustoffen, die auf alternativen Bindemitteln beruhen, schwierig. Auch deshalb ist eine Zulassung dieser Produkte oft nur in begrenzten Umfang zu erwirken. Alternative Bindemittel kommen dadurch nur schwerlich über den Status eines Nischenproduktes hinaus, während Portlandzementklinker in den gebräuchlichen Zementen bis auf Weiteres wesentlicher Bestandteil bleibt.

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Dem hohen CO2-Ausstoß bei der Produktion des Bindemittels Zement steht die lange Haltbarkeit von Betonkonstruktionen gegenüber (Bild: Zementwerk in Berlin).

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