U- und S-Bahnhof Elbbrücken in Hamburg
Korbbogenkonstruktion mit ausfachenden Verbundsicherheitsgläsern
Die HafenCity zählt zu den bedeutendsten Stadterweiterungsgebieten der Stadt Hamburg. Das neue Quartier Elbbrücken bildet am Ende des Baakenhafens den östlichen Abschluss der HafenCity. Zur Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr wurde die U-Bahn-Linie U4 bis zu den Elbbrücken verlängert und auf den S-Bahn-Linien S2/S31 eine neue S-Bahnhaltestelle realisiert.
Gallerie
Zwei Bahnhöfe
Das Hamburger Büro gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner realisierte mit seinem Entwurf für U- und S-Bahn jeweils dreidimensionale Stahl-Glas-Konstruktionen, die als modernes Pendant zur Struktur der angrenzenden historischen und unter Denkmalschutz stehenden Freihafenelbbrücke gelten. Die Baumaßnahme wurde 2012 durch die Hamburger Hochbahn im Rahmen eines Wettbewerbs ursprünglich nur für den U-Bahnhof Elbbrücken ausgeschrieben. Der Entwurf von gmp schaffte es in die zweite Runde und bekam schließlich den Zuschlag. In der Folge wurde das Verbindungsbauwerk zum S-Bahnhof Elbbrücken, der von der Deutschen Bahn geplant wurde, mit angelegt. Erst im Nachhinein wurde entschieden, dass im Sinne eines städtebaulichen Ensembles auch der S-Bahnhof eine identische bauliche Struktur erhalten sollte.
Die beiden Bahnsteige des U-Bahnhofs kommen erst kurz vor der
Station ans Tageslicht und werden in Hochlage parallel zu den
Elbbrücken geführt, sodass in einer Ebene unterhalb der Gleise die
Schalterhalle erschlossen wird. Das Dachtragwerk des U-Bahnhofs ist
136 m lang und weist bei einer Breite von 32 m und einer Höhe von
ca. 16 m eine Dachfläche von 5.985 m² auf. Die Haltestelle der
S-Bahn umfasst zwei je 210 m lange und 6 m breite Außenbahnsteige.
Die S-Bahn-Strecke verläuft im Bahnhofsbereich in einem Bogen. Das
Dachtragwerk ist im Gegensatz zu dem des U-Bahnhofs mit einer Länge
von 88 m etwas kleiner. Beide Bahnhöfe sind über den sogenannten
Skywalk miteinander verbunden; diese 70 m lange
Fußgängerbrücke quert barrierefrei die Versmannstraße und die
Fernbahntrassen, welche zwischen beiden Bahnhöfen
verlaufen.
Dreidimensionale Korbbogenkonstruktion
Beide Dachtragwerke weisen die Form einer Halbtonne auf und bestehen aus vollständigen Stahlbögen bzw. Teilbögen, welche in einem konstanten Abstand zueinander gekreuzt sind, wodurch die für den Entwurf prägende Rautenstruktur erzielt wird. Im Querschnitt entsprechen die Systeme einem beidseitig gelenkig gelagerten Bogen. An den beiden seitlichen Öffnungen der Halbtonnen, welche in diesen Bereichen um mehr als 20 m auskragen, werden die durch die Teilbögen entstehenden Kräfte durch Randträger abgefangen, welche am Scheitel der Dächer spitz zusammenlaufen. Diese Randträger bestehen aus Hohlkästen, während die restlichen Dachträger einen offenen I-Querschnitt aufweisen. Um das einheitliche Erscheinungsbild zu bewahren, wurde die Breite der Hauptträger konstant gehalten; die Höhe der Profile wurde hingegen entsprechend den statischen Erfordernissen angepasst und variiert zwischen 350 mm und 600 mm. Alle Flansch- und Stegbleche mussten aus ebenen Stahlflachstählen durch Krümmung hergestellt werden. Zum Einsatz kam eine vorhandene Presse, die so umgebaut wurde, dass weiche Biegelinien durch Kaltumformung realisiert werden konnten. Im Bereich der Fußpunkte wurden Dach- und Randträger mit längsverschieblichen Bolzenverbindungen an die Auflagerkonsolen angeschlossen. Nur jeweils der mittlere Fußpunkt je Dachseite ist längsunverschieblich gelagert.
Großformatige Dachverglasung
Zum Schutz vor Witterungseinflüssen ist die Korbbogenstruktur
mit einachsig spannenden Verbundsicherheitsverglasungen aus ebenem
2 x 10 mm teilvorgespanntem Glas und SGP-Folie
als Zwischenschicht ausgefacht. Bedingt durch die sehr große
Spannweite in Tragrichtung der Verglasung (ca. 2,5 m) fällt die
Konstruktion aus dem Anwendungsbereich der DIN 18008-2, sodass
besondere Maßnahmen zur Sicherstellung des
Resttragfähigkeitsverhaltens erforderlich waren. Im Rahmen einer
Zustimmung im Einzelfall wurde hierzu objektspezifisch ein
Sicherungssystem, bestehend aus zwei 6 mm starken Edelstahlseilen,
baurechtlich für diesen Anwendungsfall geregelt. Diese sollen
gewährleisten, dass gebrochene Verglasungen nicht aus der Halterung
rutschen und auf die darunter befindliche Verkehrsfläche fallen.
Die linienförmigen Auflager der Glasscheiben sind als längs
verlaufende Pfetten ausgebildet, welche ca. 20 cm von der
Hauptstruktur nach innen versetzt angeordnet sind. Die Verglasungen
sind zur Erzielung eines Sonnenschutzes und auch der Prävention des
Vogelschlags mit einem schwarzen linienförmigen Siebdruck
versehen.
Bautafel
Architektur: gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg
Projektbeteiligte: Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); SEH Engineering, Hannover (Stahlbau); Conceptlicht, Traunreut (Lichtkonzept)
Bauherrschaft: Hamburger Hochbahn, Hamburg
Standort: Elbbrücken, Hamburg
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Marcus Bredt, Berlin; gmp, Hamburg; Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart
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