Berechnungen mit der Finite-Elemente-Methode

Hinweise für komplexe Glastragwerke

Das mechanische Verhalten von Tragstrukturen aus Glas wird heute üblicherweise anhand einer Simulation nach der Finite-Elemente-Methode (FEM) nachgewiesen. Erst mithilfe dieser Technik ist es möglich, detaillierte Betrachtungen der statischen Systeme anzuführen und diese hinsichtlich ihrer Spannungsverteilung und Verformung zu bewerten. Dabei werden gewöhnliche Einwirkungen wie das Eigengewicht, Windbeanspruchung, horizontale Nutzlasten, etc. entsprechend ihrer Lastverteilung berücksichtigt.

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Je nach verwendeter Software wird der für die Glasbemessung typische Klimalastfall über einen iterativen Ansatz (mehrfache Berechnung der Verformung der Verglasung und hieraus resultierende Reduzierung des Drucks im Scheibenzwischenraum) oder sogar spezielle Fluidelemente abgebildet, anhand derer das Gas im Scheibenzwischenraum als Volumen mit seinen speziellen Eigenschaften erfasst wird. Darüber hinaus sind auch transiente Berechnungen weicher Stoßbeanspruchungen absturzsichernder Verglasungen nach DIN 18008-4: Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln – Teil 4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen ohne weiteres bis zum Glasbruch möglich. Bei diesen Berechnungen werden die am Stoßvorgang beteiligten Körper (Glasscheibe und Pendelkörper) unter Berücksichtigung ihrer Massenträgheiten und Steifigkeiten abgebildet; der Stoßvorgang zwischen Pendelkörper und Glasoberfläche wird über Kontaktelemente erfasst und sehr realitätsnah über kleine Zeitschritte hinweg dynamisch berechnet.

Die Möglichkeit neben Stabilitätsbetrachtungen nahezu beliebige Geometrien, komplexe Materialmodelle, lokale Details, große Verformungen und komplizierte Schichtaufbauten abbilden zu können, birgt neben Vorteilen aber auch Gefahren. So stellt die Überprüfung von Eingaben und Ergebnissen auf Plausibilität hohe Anforderungen an den Anwender. Zwar erscheint die mechanische Modellbildung für die meisten Anwendungen im Glasbau einfach, ist sie bei genauer Betrachtung aber nicht. Ein Beispiel sind zweiseitig gelagerte Isolierverglasungen, bei denen äußere Beanspruchungen durch Klimalasten aufgrund des Randverbundes mit vierseitiger Lagerung zu betrachten sind.

Durch die im Vergleich zur Plattendicke großen Verformungen führt die Berücksichtigung der geometrischen Nichtlinearität häufig zu deutlich geringeren Glasspannungen als mit der linearen Theorie. Andere Effekte, wie sich öffnende Kontakte bei abhebenden Ecken, können bei Vernachlässigung auch auf der unsicheren Seite liegen. Bei der Modellierung von Glasbauteilen sind die Auswirkungen des spröden Materialverhaltens zu beachten. Im Vergleich zu duktilen Materialien (z. B. Stahl) ist verstärkt Wert auf eine realitätsnahe Abbildung der Nachgiebigkeit der Lagerung zu legen. Insbesondere bei Punkthaltern sind lokal auftretende Spannungsspitzen genau zu untersuchen.

Bei den gebräuchlichsten Glasabmessungen sind in der Regel Verformungen zu erwarten, welche die Plattendicke überschreiten. Berechnet man sie nach der linearen Plattentheorie, führt dies zu einer Überschätzung der Verformungen und Beanspruchungen. Abhilfe schafft die Einbeziehung von geometrischen Nichtlinearitäten, bei denen neben dem reinen Biegespannungszustand in der Platte (entspricht der linearen Theorie) auch ein Membranspannungszustand zur Lastabtragung berücksichtigt wird und so eine realitätsnahe Simulation ermöglicht. Zudem führt die Analyse der geometrischen Nichtlinearitäten häufig zu deutlich geringeren Glasspannungen als mit der linearen Theorie. Andere nicht lineare Effekte, wie sich öffnende Kontakte bei abhebenden Ecken, können bei Vernachlässigung auch auf der unsicheren Seite liegen.

Bei der Modellierung von Glasbauteilen sind die Auswirkungen des spröden Materialverhaltens zu beachten. Im Vergleich zu duktilen Materialien (z.B. Stahl) ist großer Wert auf eine realitätsnahe Abbildung der Nachgiebigkeit der Lagerung zu legen. Insbesondere bei Punkthaltern sind lokal auftretende Spannungsspitzen genau zu untersuchen.

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