Bemessung von Glasbalken und Glasschwertern
Unter Glasbalken bzw. Glasschwertern werden quer zur Längsachse beanspruchte Bauteile verstanden, deren Länge im Vergleich zu Breite und Glasdicke deutlich größer ist. Damit weichen diese grundsätzlich von üblichen Glaskonstruktionen ab. Während horizontal angeordnete Konstruktionen, beispielsweise zum Abtrag von Schneelasten, als Glasbalken bezeichnet werden, dienen Glasschwerter zum Lastabtrag von Windlasten in vertikalen Glasfassaden. Da beide als Primärkonstruktion eingesetzt werden, ist ein unangekündigtes Versagen nicht akzeptabel, sodass Redundanzen geschaffen werden müssen. Dies geschieht in der Regel durch den Einsatz von Verbundsicherheitsglas, wobei der Aufbau üblicherweise bis zu einem Vierfachlaminat reicht. In der Regel werden für diese ausschließlich thermisch vorgespannte Glasarten verwendet. Als außergewöhnliche Bemessungssituation wird häufig der Totalausfall des Glaselementes rechnerisch untersucht, sodass äußere Einwirkungen über einen sekundären Lastpfad sicher abgetragen werden müssen. Ein anderer Ansatz sind hybride Glasbalken, womit eine Kombination von Verbundglas mit anderen Materialien wie Stahl, Holz, Kunststoffen oder Stahlbeton gemeint ist.
Gallerie
Für die Bemessung von tragenden Glasbauteilen liegen
bisher keine Regelwerke vor, sodass derzeit für deren Anwendung
eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich ist. Zukünftig
sollen derartige Konstruktionen in DIN 18008-7 Glas im Bauwesen
- Bemessungs- und Konstruktionsregeln (momentan im Entwurf)
geregelt werden. Mit Ingenieurverstand und in Kenntnis der
kritischen Punkte bei der Verwendung von Glas ist eine Bemessung
aber auch ohne Probleme möglich. Eine saubere konstruktive
Durchbildung ist hierbei am wichtigsten. Dies betrifft insbesondere
die Lasteinleitung und die Ausbildung der Auflager. Die
Lasteinleitung erfolgt über Lochleibungsverbindungen, bei denen
Bolzen üblicherweise nachträglich mit Zweikomponentenmörtel in die
Bohrungen eingeklebt wurden.
Durch die hohe Schlankheit sind Glasbalken und Glasschwerter auf
Stabilität (Biegedrillknicken) nachzuweisen. Normativ gibt es
bisher lediglich in der australischen Normung Angaben zu
Stabilitätsnachweisen im Glasbau. Ansonsten können
Stabilitätsuntersuchungen oder Spannungsnachweise nach Theorie II.
Ordnung mithilfe der FEM durchgeführt werden. Als Anhaltswert für
die Vorverformung von Glasbalken kann eine Sinushalbwelle oder eine
Parabel mit einem Stich von L/400 verwendet werden. In der FEM
lässt sich dies durch Skalieren der ersten Eigenform praktisch
umsetzen.
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