Metropol Parasol in Sevilla
Komplexes Holztragwerk mit Polyurethanbeschichtung
Plaza de la Encarnación in Sevilla war ursprünglich der Standort eines mittelalterlichen Klosters. Später wurde er als zentraler Marktplatz genutzt, dann geriet er in Vergessenheit und blieb Jahrzehnte lang ungenutzt. Eine nach oben offene, überdimensional große Holzstruktur, der sogenannte Metropol Parasol, soll den städtischen Raum im Zentrum der Altstadt nun wiederbeleben.
Gallerie
Die organisch geformte Struktur wurde als eine Art Sonnendach konzipiert, dessen geschwungene Oberfläche aus der Aneinanderreihung mehrerer pilzartiger Holzgebilde entsteht. Metropol Parasol ist etwa 150 m lang, 75 m breit und 28 m hoch. Auf fünf Ebenen beherbergt die Struktur Nutzungen, die Besucher und Einheimische gleichermaßen anziehen: Im Untergeschoss ist ein archäologisches Museum untergebracht, in dem man die Ausgrabungen der römischen Stadt Hispalis betrachten kann. Auf der Marktplatzebene befindet sich eine 2.155 m² große Markthalle, fünf Meter darüber eine weitere Platzebene, die mit 3.000 m² ausreichend Raum für Veranstaltungen bietet. Auf einer dritten Ebene ist ein Restaurant für etwa 300 Personen angeordnet, auf der vierten erstreckt sich der öffentlich zugängliche Panoramabalkon. Alle Ebenen sind durch einen Steg miteinander verbunden, der sich unter den einzelnen Schirmen hindurchschlängelt und wunderschöne Ausblicke auf die alten Quartiere Sevillas freigibt. In seiner Gestalt und Konzeption bildet Metropol Parasol ein neues Wahrzeichen der Stadt.
Geneigtes Dach
Die Struktur des Sonnendachs wurde aus
Kerto-Q-Furnierschichtholzplatten gefertigt, die in einem
orthogonalen Raster von 1,5 m x 1,5 m angeordnet sind. Die Höhe der
einzelnen Scheiben resultiert aus ihrer jeweiligen Beanspruchung im
Tragwerk. So sind Elemente am unbelasteten Rand ca. 30 cm und
Elemente am Übergang zu den Stämmen etwa 3,00 m hoch. Die Dicke der
Holzscheiben variiert ebenfalls (von 7 bis 22 cm), sie wurde mit
Hilfe einer iterativen, statischen Computersimulation bestimmt. Das
orthogonale Holztragwerk wird durch Stahldiagonalen ausgesteift,
die hauptsächlich unter den Aussichtswegen angeordnet sind. Die
Struktur des Metropol Parasol hat damit das Tragverhalten einer
bi-direktionalen Holzgitterschale. Mehr als 3.000 unterschiedliche
Holzelemente wurden in Aichach bei München für den Bau der großen
Struktur gefertigt, sie ergeben zusammen ein Volumen von etwa 2.500
m³ Furnierschichtholz.
Für die Verbindungen der Hölzer war ein besonderes Detail notwendig: Zum einen sollte die Montage der Elemente schnell erfolgen, zum anderen mussten die Verbindungselemente dem heißen Klima Sevillas standhalten. Verwendet wurden deshalb eingeklebte Stahlstangen, die mit einem neuen Klebeverfahren eingebaut wurden. Auch für die Planung und Herstellung der Holzstruktur beschritt das Team aus Architekten, Ingenieuren und Herstellern neue Wege: Durch elektronischen Datenaustausch konnte das dreidimensionale Architektenmodell von Ingenieuren und Hersteller benutzt und weiter bearbeitet werden. Letztendlich wurden die frei gekrümmt vorgegebenen Umrisse der Holzscheiben per Roboter computergesteuert aus rechteckigen Großplatten ausgeschnitten. Bevor die Hölzer mit dem LKW nach Südspanien geschickt wurden, erfolgten Detailanpassungen und die Vormontage der Verbindungsmittel im Werk.
Zum Schutz der Holzkonstruktion, die „ohne Dach“ der Witterung
ausgesetzt ist, verwendete man ein neues, von den Architekten
entwickeltes Holzschutzsystem: Die bewitterten Holzelemente wurden
mit einer wasserdichten, aber dampfdurchlässigen
2-K-Polyurethanbeschichtung versehen. Mit ihrer weißen Deckschicht
verhilft sie der Dachstruktur zu einer glänzenden Oberfläche.
-cr
Bautafel
Architekten: J. Mayer H. Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Arup, Berlin und Madrid (Tragwerksplanung, Haustechnik, Brandschutz); Finnforest Merk, Aichach (Holzbau)
Bauherr: Ayuntamiento de Sevilla und SACYR
Fertigstellung: 2011
Standort: Plaza de la Encarnación, 41003 Sevilla, Spanien
Bildnachweis: Y. Kavermann, Berlin